Mord auf Widerruf
ging an die Quelle, und sie zeigte ihm die kalte Schulter.«
»Und das haben Sie von ihr?«
»Indirekt. Ich habe auch gehört, wie er ihr eines Abends hier im Club die Pistole auf die Brust setzen wollte. Das gefiel ihr gar nicht, und sie hat ihn wirklich in die Wüste geschickt. Am nächsten Tag: Peng! Kein Wunder, daß sie Schuldgefühle hatte. Deshalb half sie auch Philip, Moscow Farm wieder aufzupäppeln. Schuldgefühle. Der Blödian hätte die Kuh für immer melken können, wenn er nicht lieber ein armer Schlucker in diesem Loch als ein reicher Mann in LA gewesen wäre.«
»Aber warum hat sie sich eigentlich so schuldig gefühlt?« fragte Dalziel verwundert. »Schließlich hat Tom Swain Gott und die Welt angehauen. Warum sollte ausgerechnet die Weigerung seiner Schwägerin ihn in den Abgrund getrieben haben?«
»Nun, er hat ziemlich deutlich mit dem Finger auf sie gezeigt, würde ich behaupten. Es stimmt natürlich, daß er sie wahrscheinlich wählte, weil sie ihm am sichersten schien, aber für mich war seine Geste so deutlich wie ein Abschiedsbrief.«
»Junge, wovon reden Sie, zum Teufel?« fragte Dalziel. »Was gewählt?«
Mitchell sah ihn einen Augenblick an und brach dann in Triumphgelächter aus.
»Sie haben keine Ahnung, was? Ich weiß, daß man bei der Untersuchung der Todesursache nicht darauf eingegangen ist, aber man würde doch denken, daß ihr Jungs von der Kripo irgendwo ein detailliertes Protokoll aufhebt. Ich helf Ihnen ein bißchen auf die Sprünge, Mr. Dalziel. Die Waffe, mit der Tom Swain sich die letzte Kugel gegeben hat, war der Colt Python seiner Schwägerin!«
Sechs
P eter Coombes war dünn und dunkel, und seine asketische Erscheinung hätte besser auf eine Jesuitenmission gepaßt als in ein modernes Personalbüro. Der intensive Blick seiner scheinbar nie blinzelnden Augen gab Pascoe das unangenehme Gefühl, daß seine Gedanken sichtbar waren. Es half nicht viel, wenn er den Blickkontakt unterbrach, denn dann sah er über der Schulter des anderen das gerahmte Bild einer wunderschönen Blondine, die sich mit einem Collie und zwei Kindern auf einem Rasen räkelte.
Coombes warf einen kurzen Blick nach hinten, als habe er tatsächlich Pascoes Gedanken gelesen, und sagte stolz: »Meine Familie. Und ich schließe den Hund nicht aus. Haben Sie Kinder, Mr. Pascoe?«
»Ein Mädchen. Keinen Hund.«
»Ja. Ich vermute, bei Ihrer Tätigkeit …«, sagte Coombes, geheimnisvoll unvollständig, und überließ es Pascoe herauszufinden, ob Polizisten sich nicht als Hundebesitzer eignen oder für mehr als einmalige Vermehrung.
»Es geht um Ihren Mr. Waterson«, sagte Pascoe und folgte Coombes’ Aufforderung, sich in einen der Sessel um einen Couchtisch zu setzen. Wahrscheinlich war der harte Stuhl vor Coombes’ Schreibtisch einer anderen Sorte Gespräch vorbehalten.
»Nicht länger
unser
Mr. Waterson«, verbesserte ihn Coombes. »Besteht Aussicht, daß Sie erzählen, worum es geht?«
»Es tut mir leid. Alles, was ich sagen kann, ist, daß es nichts mit der Firma zu tun hat, wenn man davon absieht, daß Mr. Waterson hier einmal angestellt war. Zu Ihrem Personal gehört, glaube ich, eine Miss King? Beverley King?«
Er hatte es für eine gute Idee gehalten, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Coombes war für Personalfragen zuständig, und gleichzeitig verschaffte ein Besuch in der Firma Pascoe die Chance, sich ein Bild über die Situation bei den Coombes zu machen. Wenn Christine noch immer mit Mann, Hund und zwei Kindern im trauten Heim lebte, war es unwahrscheinlich, daß sie Waterson im Geräteschuppen versteckt hielt.
»Wieder falsch, fürchte ich«, sagte Coombes. »Wir hatten zwar eine Miss King, die für uns arbeitete. Aber sie ist nicht länger bei uns.«
»Wirklich? Wann ist sie denn gegangen?« fragte Pascoe hellwach. Zu seiner Enttäuschung lautete die Antwort: »Vor einigen Wochen. Ich kann das mühelos überprüfen. Liege ich richtig, wenn ich vermute, daß Ihr Interesse an Miss King im Zusammenhang mit ihren Nachforschungen zu Mr. Waterson steht?«
Er war offensichtlich so vorsichtig wie der Priester, dem er ähnelte. Pascoe fiel mit der Tür ins Haus: »Es war Ihnen bekannt, daß Miss King und Waterson eine Affäre hatten?«
»Allerdings«, sagte er ernst.
»Woher?«
»Ich überraschte sie in der Mittagspause in einer kompromittierenden Situation im Büro.«
»Was haben Sie daraufhin gemacht?«
»Ich habe sie aufgefordert, später zu mir zu
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