Mord hat keine Tränen: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
Vandalen nur so an.
Er startete den Motor und fuhr in Richtung von Toby's Gutter Lane davon, beobachtet, wie er wusste, von einem todunglücklichen Sebastian Pascal durch das Fenster des Minimarkts.
Balaclava House stand einsam in bröckelndem Zerfall, und doch war es nicht ganz verlassen an diesem Tag. Ein alter Ford Fiesta parkte vor dem Tor. Von seinen Insassen keine Spur.
Carter stieg aus, schob sich zwischen den festgerosteten Torflügeln hindurch und näherte sich dem Haus, in der Hoffnung, nicht einen weiteren Leichnam auf dem Sofa vorzufinden. Die Eingangstür war nur angelehnt. Sie hätte eigentlich verschlossen sein sollen und mit einem Streifen Polizeiband versiegelt, doch das blau-weiße Plastikband lag in einem Haufen auf dem Boden. War er zu spät gekommen? War das Haus bereits ausgeplündert? Es würde ein kostspieliges Vergnügen werden für die Polizei, falls dem so war. Er schob die Tür weiter auf und lauschte. Alles war ruhig.
Er trat in die Eingangshalle und hielt kurz inne, um die schwermütige Pracht und die Treppe in den ersten Stock in Augenschein zu nehmen, die im bunten Licht des Bleiglasfensters ein wenig surreal anmutete. Die Stille war bedrückend, doch er war nicht allein. Er konnte spüren, dass noch jemand außer ihm im Haus war. Er stand ganz still, während er angestrengt lauschend wartete. Und da war es. Aus Richtung Küche - das Klimpern von Porzellan oder Glas und das Scharren eines Stuhls.
»Polizei!«, rief Carter laut.
Er glaubte zu hören, wie jemand scharf einatmete, doch möglicherweise spielte ihm seine Phantasie einen Streich. Die Küchentür am anderen Ende der Eingangshalle öffnete sich, und eine Frau trat hinaus in die Halle. Sie stand im Lichtschein, und so sah Carter lediglich eine schmale Silhouette mit langen glatten Haaren, gekleidet in einen weiten Mantel.
»Wer sind Sie? Was haben Sie hier zu suchen?« Ihre Stimme war laut, selbstsicher und gebildet. Und sie war jung.
»Ich bin Superintendent Carter«, antwortete er und griff nach seinem Dienstausweis. Er hielt ihn hoch, aufgeklappt, sodass sie ihn lesen konnte.
Sie kam rasch näher, und nun konnte er sie deutlicher sehen. Sie war nicht älter als zwanzig. Sie hatte blondes und sehr glattes Haar, das auf ihren Schultern lag wie ein goldener Wasserfall. Sie war auf eine markante, beinahe asketische Weise hübsch. Der weite »Mantel«, stellte sich als überlange Strickjacke mit einem geometrischen Muster heraus. Carter hielt seinen Ausweis immer noch hoch, und als sie bei ihm angekommen war, studierte sie das Dokument aufmerksam.
»Kein besonders gutes Photo«, stellte sie fest. Es war eine nüchterne Beobachtung, ohne jegliche Wertung.
»Es soll auch nicht schmeicheln.« Säuerlich steckte er den Ausweis weg.
»Was machen Sie hier?«, fragte sie ihn im gleichen kühlen, irritierenden Ton.
»Falsch herum«, entgegnete Carter freundlich. »Das ist eine Frage, die ich Ihnen stelle.«
»Mein Onkel wohnt hier. Es ist sein Haus, und ich sehe nach, ob alles in Ordnung ist.«
»Aha«, sagte Carter. »Dann sind Sie also Tansy Harwell.«
»Falsch.« Ihre Stimme war noch kühler geworden. »Ich bin Tansy Peterson.«
Verdammt, natürlich! Bridget Harwell war mehr als einmal verheiratet. »Ich bitte um Entschuldigung«, sagte er laut.
»Dafür gibt es keinen Grund«, sagte sie. »Es ist die Schuld meiner Mutter, dass sie so viele Ehemänner hatte.« Sie grinste ironisch. »Onkel Monty wohnt bei uns zu Hause. Aber das wissen Sie sicher. Mom macht sich Sorgen, weil Balaclava House leer steht, deswegen bin ich hergekommen, um nachzusehen, ob alles in Ordnung ist. Ich habe Onkel Montys Schlüssel.« Sie zog einen Schlüsselbund aus der Strickjacke und klimperte damit. »Mum hat sie ihm weggenommen.«
»Warum haben Sie nicht Mr. Bickerstaffe mitgebracht, damit er selbst nachsehen kann, ob alles in Ordnung ist in seinem Haus?«, fragte Carter. »Wie geht es ihm überhaupt?«
»Wo denken Sie hin? Hätte ich ihn mit hierher genommen, wäre er im Leben nicht mehr mit mir zurückgefahren. Er wäre in seinem Haus geblieben und fertig. Es geht ihm einigermaßen gut angesichts der Tatsache, dass er einen Leichnam in seinem Wohnzimmer gefunden hat. Es hält ihn jedenfalls nicht davon ab, hierher zurückzukehren. Womit er weniger gut zurechtkommt ist die Tatsache, dass er bei uns zu Hause wohnen muss. Offen gestanden, er hasst es!« Tansy hob fragend die Augenbrauen. »Ich wollte mir gerade einen Tee machen. Möchten
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