Mord hat keine Tränen: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
trat vor und nickte. »Dave Colley. Das bin ich.« Er deutete auf die Frau mit der Zigarette. »Und das hier ist meine Frau.«
Morton nickte höflich, doch die Frau ignorierte die Geste und rauchte schweigend weiter. Ihr Blick hatte sich nicht verändert. Wahrscheinlich blickte sie ständig so drein.
»Meine Mutter haben Sie ja bereits kennengelernt«, fuhr Colley fort. »Das hier ist mein Sohn Gary, dem Sie gestern ebenfalls bereits begegnet sind, schätze ich. Und meine Tochter Tracy. Die Kleine da ist unsere Enkeltochter Katie.«
»Hallo Katie«, sagte Morton zu dem Kind, da keiner der Erwachsenen auch nur einen Muskel gerührt hatte.
»'allo«, sagte das Mädchen und schniefte laut, um sich anschließend mit dem Teletubby die Nase zu reiben.
»Wo ist Mr. Monty jetzt?«, wollte Dave Colley wissen. »Was haben Sie mit dem armen alten Kerl angestellt?«
»Er wohnt bei Verwandten«, antwortete Morton. »Ich würde Ihnen allen gerne eine Reihe von Fragen wegen gestern stellen. Sie haben inzwischen wahrscheinlich erfahren, dass Mr. Bickerstaffe in Balaclava House eine Leiche gefunden hat, als er vom Einkaufen aus der Stadt zurückkam.«
Sie zeigten keine Überraschung, also hatten sie von der Existenz der Leiche gehört.
Aber wo hatten sie davon gehört? Von wem? Das waren weitere Fragen, die nach einer Antwort verlangten.
»Keiner von uns weiß irgendetwas darüber«, grollte Großmutter Colley. Sie hatte eine defensive Haltung eingenommen, die Schultern vorgereckt, den Kopf eingezogen. Vielleicht glaubte sie, dass Morton sie aus irgendeinem unerfindlichen Grund körperlich angreifen und zu Boden reißen wollte.
»Schon gut, Mum«, sagte Dave Colley zu ihr.
Sie ließ sich nicht so leicht zum Schweigen bringen. »Der alte Mr. Monty weiß ganz bestimmt auch nichts darüber. Es war nicht seine Schuld, dass er die Leiche gefunden hat. Jeder kann alles Mögliche finden, und das macht ihn noch lange nicht verantwortlich, oder?« Sie hatte einen Groll entwickelt, und nachdem sie ihre Stimme wiedergefunden hatte, kam sie allmählich in Fahrt.
Einen eigenartigen Moment lang bemühten sich die Colleys zusammen mit Morton, Großmutter Colley zu ignorieren, doch dieser Moment ging rasch vorbei. Sie hielten zusammen, diese Colleys. Sowohl buchstäblich als auch im übertragenen Sinne.
»Sie sind lebenslange Nachbarn, Sie und Mr. Bickerstaffe«, sagte Morton - mehr aus Bestürzung als alles andere angesichts der Vorstellung, dass jemand neben diesem Clan leben musste.
»Das ist richtig«, sagte Dave. »Mein Großvater, der alte Jed Colley, kannte Mr. Monty schon, als Mr. Monty noch ein kleiner Junge war. Die Bickerstaffes und die Colleys sind seit Menschengedenken Nachbarn.«
»Haben Sie schon immer Schweinezucht betrieben?«
»Allerdings!«, sagte Colley. »Das hier ist unser Land und unser Besitz, weitergereicht vom Vater an den Sohn.«
»Ich verstehe«, sagte Morton. »Und waren Sie gestern alle hier, auf Ihrem Besitz?«
»Mehr oder weniger, schätze ich. Gary war in der Stadt.«
Dave Colley erzählte entweder die Wahrheit, oder er war ein ganz gerissener Hund. Morton wünschte, er hätte gewusst, was von beidem zutraf. Gary hatte Inspector Campbell gestern erzählt, dass er auf dem Weg in die Stadt wäre. Und jetzt hatte sein Vater die Geschichte untermauert.
»Uns interessiert ganz besonders, ob Sie Fremde in der Gegend gesehen haben, oder auch nur einen Fremden, oder einen fremden Wagen, der auf der Straße vor Balaclava House geparkt hat?«
Colley schüttelte den rauschebärtigen Kopf. »Nein, niemanden. Ist ziemlich ruhig hier in dieser Gegend, jedenfalls die meiste Zeit.«
»Was ist mit den anderen Mitgliedern der Familie?«, fragte Morton und sah einen nach dem anderen an, da sie offensichtlich froh darüber waren, dass Dave Colley das Reden übernommen hatte, mit gelegentlichen Beiträgen von Großmutter.
»Nichts gesehen, gar nichts!«, riefen sie im Chor.
»Und du, Katie?«, wandte sich Morton unvermittelt an die Kleine, indem er vor ihr in die Knie ging und ihr in die Augen sah. Er spürte, wie sich die anderen unruhig rührten - möglicherweise aus Überraschung, dass er ein kleines Kind fragte. »Hast du gestern jemanden gesehen, Katie? Einen Fremden, auf der Straße? Einen Mann oder eine Frau oder viele Leute?«
»Nein«, sagte Katie.
Morton meinte, kollektive Erleichterung im Kreis der erwachsenen Colleys zu spüren.
»Da, sehen Sie selbst«, sagte Dave. »Der Weg macht eine Kurve vor
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