Mord hat keine Tränen: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
das Cottage und die beiden Weiden zwischen Balaclava House und dem Land von Sneddon pachten könnte. Er könnte dort eine kleine Landwirtschaft betreiben, nachdem die Bickerstaffes keine Verwendung mehr für ihn hätten und er im Begriff stand, seine Arbeit zu verlieren. Der alte Bickerstaffe stimmte zu. Ich schätze, er dachte, er wäre es meinem Urgroßvater schuldig. Später verdiente mein Großvater Jed Colley genügend Geld, um alles zu kaufen. Die Bickerstaffes überließen ihm das Land und die Gebäude darauf zu einem Spottpreis. Damals war Land noch nicht so teuer wie heute. Damals war noch niemand auf die Idee gekommen, überall kleine Hütten aus Ziegelsteinen hinzustellen. Wie dem auch sei, die Firma der Bickerstaffes lief damals nicht so gut, und jedes bisschen Bargeld war willkommen.«
Auf dem Weg nach draußen passierte Morton ein weiteres Mal den Hundezwinger. Erneut mied er die Blicke aus den bösen gelben Augen der eingepferchten Bestien. Doch so gewahr er sich dieser Blicke war, so gewahr war er sich der Blicke, mit denen Dave und Gary Colley ihm hinterhersahen. Er war sicher, dass die Frauen ihn ebenfalls beobachteten, aus dem Innern des Cottages heraus. Genauso, wie er sicher war, dass die Colleys etwas wussten, das sie ihm vorenthalten hatten.
Blieb nur die Hoffnung, dass er bei Peter Sneddon, dem Farmer, mehr Glück hatte.
K APITEL 6
Monty saß in Bridgets Garten, wo er in einer Ecke bei den Trockenmauern einen windgeschützten, abgeschiedenen Fleck gefunden hatte. Eine weiß gestrichene Metallbank stand dort. Sie war so ungemütlich wie eine ungepolsterte Kirchenbank, doch er war froh, aus dem Haus zu sein. Hier konnte er sich entspannen, wie es im Haus nicht möglich war. Kein Mensch konnte sich entspannen mit Bridget im Nacken. Selbst hier draußen fühlte er sich unbehaglich - aber vielleicht lag das auch an seinen neuen Sachen. Bridget hatte ihn auf einen demütigenden Besuch der nächsten Filiale von Marks and Spencer's in Cheltenham mitgenommen, wo sie die Sachen erstanden hatten. Sie hatte ihn herumkommandiert wie die gestresste Mutter eines Sechsjährigen und dabei Dinge auf einer Liste abgehakt. Sein einziger ursprünglicher Besitz waren seine Schuhe. Er hatte Bridget darauf hingewiesen, dass es seine Zeit dauerte, neue Schuhe einzulaufen, erst recht angesichts der besonderen Form seiner Füße.
Sie hatte es eingesehen und nachgegeben - allerdings nur in diesem einen einzigen Punkt. Und so kämpfte er jetzt mit neuen Sachen, die hartnäckig unbequem waren und sich gegen seine Figur sperrten. Der Bund seiner Hose war zu eng. Der Hemdkragen zu steif. Die Ärmel des Wollpullovers zu lang. Er fühlte sich wie an seinem ersten Schultag vor vielen, vielen Jahren, als man ihm eine Uniform gegeben hatte, in die er erst noch »hineinwachsen« hatte müssen. Er fühlte sich nicht wie sich selbst an, sondern wie jemand anders. Vielleicht war das auch der Grund, aus dem er träumte, ein Junge zu sein, nachdem er eingedämmert war. Ereignisse und Begebenheiten spielten sich in seiner Traumwelt ab, als würde er einen Film sehen und als spielten Schauspieler ihre Rollen. Monty war ein Knabe in Shorts und einem Aertex Sporthemd. Er kämpfte sich den steilen Hügel von Shooter's Hill hinauf, und Penny folgte ihm, während sie sich unablässig darüber beschwerte, dass er zu schnell war. Er trug eine braune Papiertüte mit einem hartgekochten Ei und einer Prise Salz in einem Papierchen eingerollt, dazu Fischpastensandwichs aus jeder Menge Brot und sehr wenig Aufstrich. Als Ergänzung zu dieser wenig appetitanregenden Verpflegung trug er eine Schachtel zerbrochener Kekse aus der elterlichen Fabrik bei sich.
Penny, deren Mutter in kulinarischen Angelegenheiten mehr zu Experimenten neigte als Montys eigene, hatte dreieckig zerteilte Bananen- und Marmeladensandwichs mit abgeschnittenen Krusten dabei, eingewickelt in fettsicheres Butterbrotpapier. Bananen waren immer noch ungewöhnlich in den Geschäften nach den Kriegsjahren, und Pennys Sandwichs waren ohnehin etwas Besonderes. Mrs. Henderson war sehr geschickt darin, kleine Leckereien für die Kinder zu kreieren. Montys Mutter wäre niemals in den Sinn gekommen, sich die Mühe zu machen. Penny hatte außerdem zwei Blätterteigtaschen mit Wurst dabei sowie eine Flasche Löwenzahn-Klettensaft.
Sie erreichten den Gipfel und breiteten das fadenscheinige grüne Plaid aus, das Monty über die Schulter gerollt den Berg hatte hinauftragen müssen, dann
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