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Mord im Atrium

Mord im Atrium

Titel: Mord im Atrium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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worden war, weil jemand entdeckt hatte, dass er sich als Zuträger betätigte. Wenn ja, erschien mir die Bestrafung übertrieben niederträchtig. Trotzdem könnte der Täter absichtlich so vorgegangen sein, um Veleda mit hineinzuziehen. Diese Art von Hinterlist wäre glatt Anacrites zuzutrauen.
     
    »Gut. Lass uns die Sache klarstellen. Veleda kommt nach Rom. Du glaubst, du bist ihr was schuldig, weil sie uns gerettet hat. Du bietest Hilfe an. Scaeva nimmt die Briefe mit. Sie antwortet nicht.« Möglicherweise hatte sie ihre Antwort an dem Tag zu Scaeva gebracht, an dem er ermordet wurde. Es war sogar möglich, dass Scaeva sich davor drücken wollte, ihren Brief zu Quintus zu bringen, und Veleda ihn deswegen angegriffen hatte … Irgendwie glaubte ich das nicht. »Selbst in den zwei Wochen ihrer Freiheit hat sie anscheinend nicht versucht, sich mit dir in Verbindung zu setzen. Hast du sie also aufgegeben, Quintus?«
    Sein Blick blieb vage, als könnte er nicht hinnehmen, dass die Priesterin und er Vergangenheit waren.
    »Hör zu, du kannst Scaeva seit über vierzehn Tagen nicht mehr gesehen haben. Scaeva war inzwischen längst tot. Hat dir überhaupt jemand erzählt, dass Veleda geflohen war?«
    »Anacrites. Diese Woche, in seinem Haus.«
    »Also bist du heute Abend nur für den unwahrscheinlichen Fall zum Tempel gegangen, dass du sie dort finden könntest?«
    »Ja, aber in dem Moment, als ich die Prätorianer sah, bin ich in Panik geraten. Ich dachte, sie wüssten, dass Veleda tatsächlich da drinnen war.«
    »Und du kennst Ganna?«
    »Bin dem Mädchen nie begegnet.« Wie viele Männer waren mir schon mit dieser alte Lüge gekommen? Justinus sah mir an, dass ich das dachte. »Marcus, Lentullus und ich hatten uns heute in der Brunnenpromenade unterhalten. Er hat mir erzählt, dass Ganna mit der Priesterin nach Rom gebracht worden ist. Als die Gardisten sie aus ihrem Versteck zerrten, hab ich erraten, wer sie ist … Was wird mit ihr geschehen?«
    »Ich weiß es nicht. Deine Schwester hat sie begleitet, falls das hilft.« Justinus wirkte erleichtert. Ich war nicht ganz so zuversichtlich. Helena würde alles tun, was in ihrer Macht stand, aber Anacrites war ein verbitterter, unbeirrbarer Gegner. Trotzdem mussten Quintus und ich kurz lächeln, als wir daran dachten, wie Helena ihm die Stirn bieten würde. Als ich Quintus kennenlernte, waren Helena und ich noch kein Liebespaar, und sie hatte mir das Leben ganz schön schwergemacht. Ihr Bruder und ich hatten rasch Freundschaft geschlossen, beide überschattet von Helenas stürmischem Temperament, beide voller Bewunderung für ihre exzentrische Resolutheit.
    Ich war erschöpft und sagte, ich müsse nach Hause, um zu sehen, ob es Neuigkeiten von Helena gebe. Ich nahm Justinus das Versprechen ab, bei Lentullus im Wachlokal zu bleiben – und sich nicht von der Stelle zu rühren, was auch immer mit dem verletzten Soldaten über Nacht geschah. Er stimmte den Bedingungen zu. Mir war es schon fast egal.
    Als ich gerade gehen wollte, überraschte er mich. Ich blickte von der Tür zurück und hob den Arm zu einem müden Abschiedsgruß. Da fragte mich Justinus plötzlich: »Wie geht es Claudia?«
    Ich betrachtete das als Hoffnungsschimmer. Nun ja, ich hatte gleich zu Anfang unseres Kennenlernens bemerkt, dass Camillus Justinus ausgesprochen gute Manieren und ein freundliches Herz besaß.

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SATURNALIEN ,
ZWEITER TAG
    Fünfzehn Tage vor den Kalenden des Januar (18. Dezember)

XLIV
    D ie Positionen waren vertauscht. Diesmal war ich derjenige, der zwischen den Schatten der Öllampen wartete, als Helena endlich angekrochen kam, vor Erschöpfung kaum noch fähig, sich zu bewegen. Es traf mich wie ein Schock, sie immer noch in dem seltsamen braunen Gewand zu sehen, das sie zum Festmahl beim Tempel des Saturn getragen hatte, wenngleich sie irgendwann, seit sie in Anacrites Sänfte verschwunden war, ihr offenes Haar zu einem altmodischen Knoten geflochten hatte wie eine strenge Matriarchin aus der Zeit der Republik.
    Ich hatte benommen auf einer Truhe gehockt, bis ich hörte, wie die Sänftenträger ihr eine gute Nacht zuriefen. Ich war ebenfalls steif, doch es gelang mir, die Tür für Helena zu öffnen wie ein ungewöhnlich aufmerksamer Pförtner. »Wo hast du dich rumgetrieben? Wieso kommst du erst jetzt nach Hause? Weißt du nicht, wie spät es ist?« Ich nahm sie sehr sanft in die Arme. »Soll ich schauen, ob du blaue Flecken hast? Oder nur nachprüfen, wie betrunken du

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