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Mord im Atrium

Mord im Atrium

Titel: Mord im Atrium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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sich plötzlich an den Rand des Sees. Sie beugte sich nach vorne und ließ ihre schlanken Finger durch das Wasser gleiten. Wellen schwappten dagegen, als sie ihre Hand hin und her bewegte. Sie schaute über die Schulter zu mir zurück, die Augen wütend in ihrem bleichen Gesicht. »Und schlug ihm den Kopf ab? Und warf ihn in das stehende Wasser?« Ich bemerkte, dass sie davon sprach, als wären das zwei verschiedene Handlungen gewesen – und dass das aufgefangene Regenwasser im Atriumbecken sie anwiderte. Sie war sich eindeutig bewusst, dass man ihr die Greueltat anlastete. Ihre Stimme klang trotzig. »Nein, Falco.«
    Sie richtete sich wieder auf. Jetzt war sie zu nahe am Wasser, stand mit ihren Sandalen sogar darin. Wellen durchnässten den Saum ihres Gewands. Bei ihrer raschen Bewegung zogen die Wellen sogar den Saum ihres langen Mantels ein Stück von ihr weg.
    Ich wollte sie fragen, ob sie wusste, wer den Mord begangen hatte. Doch ich hielt die Frage zurück. An Veledas Gesichtsausdruck erkannte ich, dass sie etwas bemerkt hatte. Ich schaute mich um. Am Ufer entlang, ohne Eile, aber zielstrebig, kam Helena Justina auf uns zu – Helena, meine Frau und die äußerst beschützende Schwester von Veledas einstigem römischem Geliebten.

XLIX
    A ls Helena nahe genug herangekommen war, trafen sich unsere Blicke, und ich schenkte ihr wie immer ein nur für sie bestimmtes Lächeln. Jacinthus folgte ihr mit geschwellter Brust als Leibwächter, doch von unseren anderen beiden Begleiterinnen Albia und Claudia war nichts zu sehen. »Alles erledigt?«
    »Ohne Erfolg.«
    »Claudia?«
    »Wartet in der Kutsche. Ein wenig verstimmt.« Ich sah keinen Grund dafür, außer Claudia Rufina war verärgert darüber, dass die Priester des Heiligtums sich geweigert hatten, Veleda auszuliefern, um von Justinus’ zornbebender Braut in Stücke gerissen zu werden. Trotzdem war es äußerst dienlich, in diesem heiklen Stadium eine Konfrontation mit Veleda zu vermeiden. »Albia ist bei ihr. Wer ist denn deine Freundin, Marcus?«
    »Darf ich vorstellen – Veleda, das ist meine Frau Helena Justina.«
    Helena trat direkt zu ihr und ergriff förmlich ihre Hand. »Ich hatte gehofft, Sie kennenzulernen. Können Sie mich verstehen?«
    »Ich spreche Ihre Sprache!«, deklamierte Veleda in dem bombastischen Ton, den sie gerne benutzte, wenn sie ihre Lateinkenntnisse unter Beweis stellen wollte. Beim ersten Mal hatte es mich beeindruckt. Jetzt übertrieben Ganna und sie die Sache. »Ich glaube, ich kannte Ihren Bruder«, bemerkte die Seherin dann angriffslustig.
    Woraufhin sich Helena unerwartet vorbeugte, Veleda umarmte und sie auf die Wange küsste, als wären sie Schwestern. Veleda schaute verblüfft. »Dann danke ich Ihnen für das, was Sie vor fünf Jahren getan haben, um meine beiden Männer zu mir zurückzubringen.«
    Aus der Umarmung entlassen, konnte Veleda nur mit den Schultern zucken. Durch die Bewegung war ihr Mantel verrutscht. Jetzt sah ich, dass sie darunter römisch gekleidet war. Ihre Ohren waren durchstochen, aber sie trug keine Ohrringe. Wenn sie ihre Schätze hatte verkaufen müssen, war das gut. Ich wollte nicht, dass sie über Mittel verfügte. Kein Schmuck glitzerte an ihrer schlanken Kehle – doch ich sah, dass sie ein Specksteinamulett trug, mit einem eingemeißelten magischen Auge.
    Ich kannte das Amulett. Ein freundlicher Quartiermeister in Vetera hatte es mir geschenkt, weil er mich wegen meiner selbstmörderischen Mission ins Freie Germanien bemitleidete. Später hatte ich Justinus das Ding um den Hals gehängt, als er allein zu der Priesterin in ihren Turm ging. Er war lebend wieder herausgekommen, doch das Amulett hatte ihn nicht vor Kummer beschützt. Seit jener Nacht hatte unser junger Held den Verlust mit sich getragen, wohin er auch ging. Ich hatte mir schon immer gedacht, dass er ihr das mystische Andenken als Liebesgeschenk dagelassen hatte. Jetzt war ich mir dessen sicher. Veleda hatte es vermutlich seitdem aus demselben Grund getragen.
    Helena beobachtete mich; sie hatte gesehen, wie ich Veledas Schmuckstück musterte. Auf ihre flinke Art wandte sie sich an die Seherin und stellte ihr eine direkte Frage. »Werden Sie mit uns nach Rom zurückkehren?«
    »Bleibt mir denn eine andere Wahl?«, blaffte Veleda.
    Helena blieb geduldig, ihr Ton höflich und mit trockenem Humor gefärbt. »Nun ja, Sie werden Ihre Fluchtpläne aufgeben müssen, wissen Sie. Ihre Wahl besteht darin, entweder freiwillig mitzukommen und

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