Mord im Atrium
blickte zu Helena, aber da der Oberspion neben uns stand, ging keiner von uns näher darauf ein. Ich spürte das starke Kribbeln der Neugier des Spions. Er konnte sich gerade noch bremsen, eine Tafel herauszuziehen und sich eine Notiz zu machen.
Wieder bemühte sich Helena, die Atmosphäre zu entschärfen. »Wie geht es denn inzwischen Ihren Kopfschmerzen, Anacrites?« Er zuckte zusammen. Er hatte uns mit diesem unauffälligen Schweigen belauscht, das seine Lieblingsmethode war, ein leichtes Lächeln im Gesicht, während er allem folgte, worüber wir anderen sprachen. Er hasste es, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, was Helena wohl wusste, schätzte ich. Sie wandte sich an Cleander: »Unser Freund hier hatte eine schlimme Kopfverletzung und leidet immer noch an den Nachwirkungen. Ich frage mich, ob eine seiner Körperflüssigkeiten vielleicht ein wenig aus dem Gleichgewicht geraten ist.«
Erstaunlicherweise funktionierte diese Taktik. Cleander ließ sich sofort mit Anacrites auf eine Diskussion über die berühmten Kopfschmerzen ein. Er schien ihm sogar Heilmittel anzubieten. Bevor ich einen Aderlass aus der Hauptarterie vorschlagen konnte, zog Helena mich und die anderen beiseite.
»Cleander lässt Drusilla Gratiana also nicht damit durchkommen, dass sie zu tief in die Amphoren guckt, weil die Parzen es ihr bestimmt haben?«, fragte Helena, an Aedemon gewandt. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich gern vom Wein abbringen lässt – aber sie macht dabei mit? Das bestätigt, warum Cleanders Patienten ihn für fabelhaft halten.«
»Wir andern vermuten, dass sie ihn lieben, weil er freizügig mit Mohnsaft umgeht … Drusilla steckt in Cleanders Tasche, da er nie ernsthaft darauf besteht, dass sie trocken wird. Er verachtet Sklaven und Freigelassene, und daher hat er sogar Zugang zu Drusilla, ohne dass ihre finstere alte Krähe dabei ist, und er hat die totale Kontrolle. Der Ehemann ist keine Hilfe«, teilte uns Aedemon mit und beleidigte damit fröhlich seinen eigenen Patienten Quadrumatus. »Sagt, ›ein Tropfen hat noch nie jemandem geschadet‹. Er müsste Drusilla nur mal nach einem heftigen Besäufnis erleben, um zu sehen, wie falsch das ist.«
»Beduselt wird er sie wohl kaum zu sehen bekommen«, meinte Helena. »Das hier kommt mir wie ein Haus vor, in dem sich das Leben meist getrennt abspielt – und wenn Drusilla für Gesellschaft nicht geeignet ist, wird die finstere Phryne Wache halten, nehme ich an.«
Während Pylaemenes mir nur zuzwinkerte, murmelte Aedemon: »In diesem Haus wird zu viel hinter verschlossenen Türen verborgen. Abscheulichkeiten. Quadrumatus ist ein guter Beobachter und nicht auf den Kopf gefallen, sicher, aber das nützt nichts, wenn sich niemand an seine Anweisungen hält.« Welche Abscheulichkeiten ihn verstört hatten, blieb unklar.
In die eingetretene Stille hinein fragte Helena: »Und wo ist unsere Gastgeberin Drusilla heute?«
»Angeblich soll sie einen totalen Nervenzusammenbruch erlitten haben. Hat mehr Wein geschluckt als je zuvor, kann den schrecklichen Tod ihres Bruders nicht verwinden.« Dann erhob sich Aedemon wie eine Kobra, die sich in die Höhe schraubt, und schwebte davon, einem Sklaven hinterher, der ein großes Tablett mit Köstlichkeiten aus Meeresfrüchten trug.
Ich sah, dass der Traumtherapeut sich auch entfernen wollte, und startete rasch einen letzten Versuch. »Und bei was hat sich Quadrumatus nun so lax verhalten?«
Pylaemenes zuckte nur mit den Schultern.
Er schlenderte davon, und so rückten wir weiter von Anacrites und Cleander ab. Es gelang uns, einen Platz neben einem der drei Fuß großen Tabletts einzunehmen. Zuständig dafür schien der Käseservierer zu sein, den Aedemon und Pylaemenes erwähnt hatten, doch ich musste Helena dem Risiko seiner legendären Gasausstöße überlassen, da mich Claudius Laeta von einem Türdurchgang zu sich winkte. Helena entließ mich zu meinem Treffen und begann ein Gespräch über gallischen Käse mit dem Servierer. Schmeckte er besser mit zerstoßenen Pinienkernen, Haselnüssen oder Mandeln?
Sie hatte es am besten getroffen. Wenigstens konnte sie sich Käse aussuchen, und der aufgeblähte Sklavenjunge würde ihr eine Scheibe abschneiden. Er wirkte wie ein mit allen Wassern Gewaschener, der einer gutaussehenden Frau sogar mehr als ein Scheibchen geben würde. Ich hörte ihn mit ihr plaudern, und er schien eine ganz schön kesse Lippe zu riskieren.
Ich wiederum wurde von einem Diener
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