Mord im Atrium
ein Schluckspecht, und die Freigelassene hatte das Sagen über den Schlüssel zum Weinschrank. »Wie soll uns das weiterhelfen, Falco?«
»Vielleicht hilft es Ihnen, neu zu überdenken, wie Sie Ihren Haushalt führen sollten.«
Laeta schürzte die Lippen. Sie wussten alle von Drusilla, und wenn auch keiner von ihnen so unverblümt gewesen wäre, schwiegen sie doch zu meinem Rüffel.
Anacrites rieb sich die Stirn, ein Anzeichen dafür, dass seine Kopfschmerzen durch die Anspannung zurückgekehrt waren. Er konnte nicht länger an sich halten. »Du verschwendest unsere Zeit, Falco. Wenn du weißt, wohin die Priester Veleda geschickt haben, verlange ich das zu erfahren!«
Wir waren Kollegen bei dieser Sache, also sagte ich: »Sie haben sie zum Heiligtum in Nemi geschickt.«
Dann lehnte ich mich zurück und ließ den Narren aus dem Raum stürmen, in der Absicht, sie im Heiligtum festzunehmen und den Ruhm für sich einzuheimsen. Falls er den ganzen Weg nach Nemi galoppierte, würde er für zwei Tage fort sein. Allerdings schätzte ich, irgendwann während des verrückten Rittes würde ihm klarwerden, dass ich ihm die Information zu bereitwillig gegeben hatte; er würde argwöhnen, ich hätte ihn in die Irre geführt, und kehrtmachen. Das würde unserer verqueren Beziehung zwar nicht förderlich sein, aber es erkaufte mir – und Veleda – kostbare Zeit.
LVI
K eine Bange, wir vergaßen unsere Kinder nicht. Helena und ich saßen schon in einem Mietstuhl, einem aus einer ganzen Reihe, die fürsorglich bereitstanden, falls einer der Hausgäste gehen wollte. Laeta, der noch zurückblieb, um sich dem großen Rutilius anzudienen, waren wir losgeworden. Wir hatten noch nicht mal das Tor des Grundstücks erreicht, als wir beide schuldbewusst nach Luft schnappten. Wir ließen den Tragestuhl umkehren, und unsere Töchter erfuhren nie, wie nahe sie drangewesen waren, zur Adoption in einem wohlhabenden Haus freigegeben zu werden.
Am Pons Probus ließ sich Helena mit unseren beiden schlafenden Nymphen weitertragen, während ich ausstieg und mich auf den Weg zum Wachlokal der Dritten Kohorte der Vigiles machte.
Das hätte ich mir sparen können. Die Dritte erzählte mir stolz, sobald Petronius ihnen den Besitzer des Flötenspielers mitgeteilt habe, hätten sie die Quadrumati benachrichtigt. Jemand von der Villa sei gekommen und habe den vermissten Jungen bereits abgeholt.
»Habt ihr ihn verhört?«
»Weswegen denn, Falco?«
Ich mietete einen weiteren Stuhl und kehrte über die Via Aurelia zurück. Inzwischen war es später Nachmittag, und bei Einbruch der Dunkelheit war die Villa mit einer halben Million Lampen geschmückt worden. Alle hatten jetzt den ganzen Tag über gegessen und getrunken. Einer von Drusillas Zwergen war zum König für einen Tag gewählt worden – oder hatte sich selber dazu gemacht – und richtete Unheil an. Ich brauchte eine Stunde, bis ich jemanden fand, der über den Flötenjungen Bescheid wusste, und sogar noch länger, denjenigen zu überreden, mich zu ihm zu bringen. Er war in einen zellenähnlichen Lagerraum gesperrt worden.
»Kommt mir aber sehr hart vor.«
»Er ist ein Entlaufener.«
»Er ist geflohen, weil er entsetzliche Angst hatte – Angst vor jemandem hier.«
»Dann dient es eben seinem Schutz.«
Der Schutz hatte versagt. Als die Tür für mich geöffnet wurde, lag der Junge, den ich vor neun Tagen verängstigt in der Ecke hatte kauern sehen, ausgestreckt mit dem Gesicht nach oben auf einer Matratze. Er war tot.
Meine zornige Rückkehr musste sich herumgesprochen haben. Quadrumatus und Rutilius erschienen an der Tür, als ich mich nach der Untersuchung des Jungen aufrichtete. Ich hatte nichts gefunden, was seinen Tod erklären würde. Die klassische Nummer. Er sah aus, als schliefe er.
»Er ist seit weniger als drei Stunden in diesem Haus – aber jemand hat ihn erwischt. Er saß hier in der Falle und muss gewusst haben, was ihm drohte. Derjenige, der ihn getötet hat, ist mit Sicherheit für den Tod von Gratianus Scaeva verantwortlich. Ihr Flötenspieler«, sagte ich wütend zu Quadrumatus, »hat den Mörder Ihres Schwagers gesehen. Ich werde nicht fragen, ob Sie das die ganze Zeit gewusst haben – Sie sind ein Patrizier, und ich bin nicht dumm. Aber ich sage Ihnen eines: Andere in Ihrem Haushalt wussten es und haben für eine Vertuschung gesorgt. Das habe ich schon beim ersten Mal gespürt, als ich herkam, und wenn man mir damals die Wahrheit gesagt hätte, wäre
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