Mord im Atrium
Sonnenterrasse, wo wir mit halbleeren Weinbechern fröstelnd herumstanden und über Streitwagenrennen diskutierten. Ich unterstützte die Blauen, während Papa Anhänger der Grünen war (was genau der Grund war, warum ich mich vor vielen Jahren für die Blauen entschieden hatte). Gaius ging nie zu den Rennen, trötete aber, dass er wohl eher für die Roten sei. Wenigstens gab das Papa und mir etwas, worüber wir reden konnten, worauf wir sofort die verrückte Idee niedermachten, dass sich irgendjemand für die Roten begeistern könnte. »Ihr beiden Mistkerle haltet immer zusammen«, maulte Gaius – was uns beiden noch etwas verschaffte, über das wir uns laut ereifern konnten, während wir es wütend abstritten.
Es war ein echtes Familientreffen. Wir gingen hinein, um noch etwas zu trinken – Papa und ich beide äußerst erpicht darauf, die Amphore zu öffnen, die er als Gastgeschenk mitgebracht hatte, statt weiter Gaius’ Essig zu trinken. Junias für den Abend engagierter Geist war erschienen.
»Hoo-hoo?!«, machte er, glitt geisterhaft herum in seinem weißen Gewand und hielt sein Gesicht verborgen. Schweigende Kinder drückten sich begeistert an ihre Mütter. Helena und Junia waren genauso begeistert, weil ihre Kinder endlich ruhig waren. Wir Männer blieben stehen, applaudierten und gaben uns mutig. Nur Gaius Baebius erzitterte, weil ich ihm gerade zugeflüstert hatte, er solle aufpassen, falls der Geist etwas klaute. Papa war das alles egal, solange es nur schnell vorbeiging. Er war zu sehr damit beschäftigt, von einem Fuß auf den anderen zu treten, während ihm glühende Schmerzen durch seinen beschädigten Allerwertesten schossen. Ich war verblüfft. Ich kannte diesen Geist, wenngleich er sich nicht an mich erinnerte. Es war Zoilus.
Er mochte zwar verrückt sein, aber bei Saturnalienunterhaltung konnte das nur helfen. Schon als ich ihm auf der Via Appia begegnet war, hatte ich vermutet, dass er eine Theaterausbildung besaß. Schauspielern wird oft zu wenig bezahlt, um ein anständiges Leben zu führen, und Zoilus wirkte zu unzuverlässig für eine feste Anstellung. Trotzdem musste er auf einer guten Kontaktliste stehen. Junia hatte ihn vom Theater des Marcellus bekommen, eine großkotzige Angelegenheit, erbaut und benannt nach dem Namen des Neffen von Augustus, sich aber nicht zu gut, Vorstellungen für Privathäuser zu vermitteln. Intellektuelle Schöngeister stellten kleine Trupps ein, die für sie allein meisterliche Theateraufführungen veranstalteten, auf wackeligen Bühnen in ihren frostigen Villen. Zu Kinderfesten in schicken Landhäusern wurden kleine Stücke aufgeführt, bei denen die verwöhnten Gören die Schauspieler mit Lebensmitteln bewarfen. Bühnenesel waren sehr beliebt. Und es gab immer Nachfrage nach schlüpfrigen Scharaden bei dekadenteren Banketten. Der Bühnenesel und auch manchmal Bühnenkühe traten dabei ebenfalls auf – und hatten für gewöhnlich richtig viel Spaß mit den Bühnenjungfrauen.
»Sie haben mir einen Bühnenesel angeboten«, sagte Junia, ohne zu merken, was das bei manchen von uns auslöste. »Aber ich dachte, wir hätten nicht genug Platz dafür.«
»Sehr weise!«, quäkte Papa aufrührerisch.
Als Zoilus mit seinem Auftritt fertig war, schnappte ich ihn mir. »Du hast uns ganz schön Angst eingejagt – aber nicht so viel wie damals, als du mich auf der Via Appia angesprungen hast!« Ich schob ihn gegen Gaius’ und Junias niedlichen Schaukasten dekorativer griechischer Gefäße. Ihre vier Alabastren und ihr Kylix (von dem ein Henkel abgebrochen war, doch Papa hielt es sowieso für eine Reproduktion) wackelten gefährlich. »Bevor du jetzt dein Geld bekommst, wirst du mir ein paar Fragen beantworten.«
»Marcus, pass auf meine kostbaren Rotfigürigen auf!«
»Halt den Mund, Junia. Das sind Männergespräche. Wobei Gespräch das richtige Wort ist, Zoilus.«
»Ich bin nur ein ruheloser Geist …«
»Ich weiß, ich weiß. Treibst in der Ewigkeit herum wie ein trockenes Blatt. Warum hast du Zosime die Überbringerin des Todes genannt? Komm mir nicht mit deinem üblichen Schmu. Meine Schwester wird dir als Dank für den Abend eine große Schüssel ihrer frittierten Sesamkugeln geben, also besteht kein Grund, hier auf ätherisch zu machen. Du brauchst einen kräftigen Magen. Warum hast du das über Zosime gesagt?«
»Ich weiß nicht … au … au!« Er mochte zwar ein Geist sein, aber er merkte, wenn seine edelsten Teile zerquetscht wurden.
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