Mord im Dirnenhaus
Gemurmel auf. Overstolz wandte sich mit erbostem Gesicht seinem Ratskollegen zu. «Jetzt übertreibt mal nicht, mein Freund. Ihr wisst so gut wie ich, dass Ihr vollkommen überzogen reagiert. Frau …
Meisterin
Burka hat ihr Geschäft immer ordentlich geführt. Ordentlicher als so mancher ihrer Zunftgenossen, möchte ich sagen. Schon als ihr Vater noch die Apotheke geführt hat, gab es niemals Anlass zur Klage. Ihr könnt sie wegen dieser Sache nicht ihrer Lebensgrundlage berauben.»
«Berauben?», stieß van Kneyart zornig aus. «Ihr Gift hat meinen Vetter und einen weiteren guten Mann des Lebens beraubt.»
«Es war nicht mein Gift», mischte sich Adelina ein.
«Wollt Ihr etwa leugnen, dass Ihr mit dieser Weibsperson, dieser Kräuterhexe Ludmilla, bekannt seid, die wir gottlob schon längst im Kerker haben, wo auch Ihr hingehört?», fuhr der Goldschmied sie an.
Adelina riss verblüfft die Augen auf. «Ich …»
«Das kann ich bezeugen!», ertönte in diesem Moment die schneidende Stimme des Dominikanermönchs. In die Reihen der Räte kam Bewegung, als er sich hindurchdrängte und sich vor Adelina und Neklas aufbaute. «Sie hat das unselige Weib mehrfach aufgesucht. Ich sage Euch, sie steckt mit ihr unter einer Decke. Und dieser feine Herr Magister», er funkelte Neklas bösartig an, «ebenfalls.»
«Da seht Ihr es.» Van Kneyart nickte bestätigend. «Sie kennt die Alte, die nur zu gut dafür bekannt ist, dass sie den Menschen allerlei zwielichtige Arzneien verkauft und den Frauen im Kindbett Teuflisches ins Ohr flüstert.»
«Und das ist noch nicht alles», nahm Thomasius den Faden eifrig wieder auf. «Dieses gottlose Weib hat wahrscheinlich mehr Seelen auf dem Gewissen, als wir uns alle vorstellen können. Ihr habt gut daran getan, sie in den Turm zu sperren.»
Adelina blickte ihn empört an und stemmte die Hände in die Seiten. «Dieses gottlose Weib ist Eure Schwester!»
Nun richteten sich aller Augen auf den Mönch, der ob ihrer Worte zusammenzuckte. Doch er verschränkte die Arme vor dem Bauch und sagte mit hocherhobenem Haupt: «Ich habe keine Schwester.»
Nun wandte sich Neklas ihm voller Verachtung zu. «Mag sein, dass Ihr sie als Schwester verstoßen habt, weil sie nicht so lebt, wie Ihr es gerne hättet. Doch das ändert nichts an den natürlichen Tatsachen.»
Thomasius funkelte ihn herausfordernd an. «Da habt Ihr recht, Herr Magister. Die
Tatsachen
sind offensichtlich. Ihr macht mit Eurer feinen Gemahlin gemeinsame Sache. Einen teuflischen Plan habt Ihr ausgeheckt, der zwei Männer das Leben gekostet hat. Und alles nur zu Eurem Nutzen.»
«Zu meinem Nutzen?» Verwundert hob Neklas die Brauen. «Welchen Nutzen sollte ich wohl vom Tod zweier Ratsherren haben? Oder glaubt Ihr, ich wolle selbst in den Rat?» Er schüttelte den Kopf. «Es dürfte sogar einem frommen, hinter Klostermauern aufgewachsenen Mann klar sein, dass das nicht möglich ist, da ich noch nicht lange genug Kölner Bürger bin. Abgesehen davon schließt mein Beruf …»
«Ach was, redet doch nicht solchen Unsinn!», unterbrach Thomasius ihn erneut. «Ihr und im Kölner Rat, das ist ja lachhaft. Für so beschränkt halte selbst ich Euch nicht. Nein, aber Ihr hattet schon immer ein Talent, Euch ins gemachte Nest zu setzen und dann noch nach dem Gut anderer zu greifen. Oder bestreitet Ihr etwa, dass Ihr der Witwe Keppeler ein Kaufangebot für ihr Haus gemacht habt, kaum dass ihr Gemahl unter der Erde war? Ein Angebot, das sie, soweit ich gehört habe, nicht ausschlagen konnte? Leugnet Ihr, dass das Haus laut Kaufvertrag inzwischen Euch gehört?»
Nun hefteten sich alle Blicke auf Neklas. Auch Adelina sah ihn verblüfft und erschrocken zugleich an.
Neklas gab ihren Blick mit einem heiteren Blinzeln zurück, das sie maßlos aufbrachte. Doch sie biss sich nur auf die Lippen, um jetzt bloß nichts Falsches zu sagen.
«Ihr seid gut informiert», sagte Neklas nun äußerst aufgeräumt zu dem Dominikaner. «So gut, dass Ihr mirdie Überraschung, die ich für meine Gemahlin plante, gründlich verdorben habt. Es ist wahr, ich habe Keppelers Haus gekauft, weil es gleich neben dem unseren liegt und man nur mittels eines Durchbruchs in der Wand … Aber lassen wir das. Das Haus gehört mir. Die Witwe Keppeler und ihre Kinder werden so lange dort wohnen, bis sie ihre Angelegenheiten erledigt haben und den Umzug in ihr neues Heim durchführen können. Soweit stimmen Eure Anschuldigungen. Jedoch solltet Ihr der Vollständigkeit halber noch
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