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Mord Im Kloster

Mord Im Kloster

Titel: Mord Im Kloster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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gerade die fiskalische Kunst. Auch das ist wichtig. Man darf darüber natürlich nicht den inbrünstigen Glauben vergessen.«
    »Den Glauben nicht vergessen? Er ist das Einzige, das die Menschen beschäftigen sollte. Alles Irdische ist Tand!«
    »Aber Ihr wollt doch, dass ich den Mord an Eurem Sohn aufkläre, die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehe – ich brauche mehr irdische Hinweise, mehr Verdachtsmomente. Kann es sein, dass Ihr keinen genauen Verdacht habt?«
    Der alte Mann seufzte. »Ihr jungen Männer hört nicht zu. Euch entgeht völlig, was man sagt, wenn es nicht in den Formen gesagt wird, die Ihr gelernt habt. Ihr müsst Euch lösen von den engen Fesseln des Verstehens. Denn alles, was man sieht, das verdeckt auch etwas anderes. Etwas, das dahinter steht.«
    Henri wusste nicht, ob er verstand. Er fragte: »Kennt Ihr einen gewissen Robin Gilmour-Bryson?«
    »Müsste ich ihn kennen?«
    »Ein französischer Templer. Ich glaubte, ihn in St. Albans flüchtig gesehen zu haben.«
    »Ich kenne ihn nicht.«
    »Javierre de Bastard?«
    »Wer soll das sein?«
    »Ein französischer Edelmann, der anscheinend wirtschaftliche Interessen verfolgt. Als ich im Kloster St. Albans war, geschahen ein paar merkwürdige Dinge. Mönche, die eben noch da waren, verschwanden plötzlich. Andere tauchten auf. Jeder stellte sich unwissend. In der Torhalle lagen Stapel von abgetragenen Schuhen. Das ganze Kloster schien mir eher den Eindruck eines ländlichen Warenhauses zu machen, in dem die Ernte eingefahren wird, als den Eindruck einer geistlichen Abtei.«
    »Wie ich sage! Heutzutage denkt man nur noch an den Gewinn, den man herausziehen kann! Der Glaube kommt zu kurz! Überhaupt fehlt es uns an tiefen Gefühlen.«
    Henri sah den alten Mann ratlos an. »Ja – was könnt Ihr mir also an brauchbaren Hinweisen auf den Weg mitgeben?«
    »Nicht mehr als die Bitte, die Mörder zu finden. Ihr seid meine einzige Hoffnung!«
    »Das ist nicht viel – verzeiht, ich meine, das hilft mir nicht weiter. Also gut. Ich verspreche Euch, mein Möglichstes zu tun, um den Fall aufzuklären. Denn immerhin habe ich ja ein starkes eigenes Interesse daran. Wenn Abt Thomas mehr wusste, dann stecken Hintermänner in der Sache, die auch den Tempel bedrohen. Allerdings muss ich erst noch die Erlaubnis meines Präzeptors einholen, wenn ich in St. Albans ermittele. Ich muss meine Ausbildung unterbrechen.«
    »Findet die verfluchten Bastarde, mein Sohn! Und vierteilt sie!«
     
     
    Wieder hatte es zu regnen begonnen. Am Südportal von St. Paul fand eine Gerichtsverhandlung gegen einen Mann statt, der einen reichen Hausbesitzer als Ketzer verleumdet hatte. Die Zuhörer standen geduckt im Regen, nur das Podest mit dem bischöflichen Richter, dem Vertreter des Vogtes und zwei Dominikanern war von einer weißen Plane überspannt. Henri, der in der größten Kirche der Stadt beten wollte, um Gottes Beistand für seine schwere Aufgabe zu erflehen, kam nicht in die Kathedrale hinein. Er beschloss, zum Tempel zurückzukehren und dort Andacht zu halten.
    Plötzlich wurde ihm klar, dass ihm jemand folgte. Gleich nach dem Verlassen des Hauses in Southwark war hinter ihm eine Gestalt in einer Kutte aufgetaucht. Henri hatte den Verfolger in den wenig benutzten Gassen der Südstadt aus den Augenwinkeln registriert, aber nicht weiter beachtet. Spätestens am Denkmal für den ermordeten Thomas Becket, Kanzler und Erzbischof von Canterbury, hatte er ihn im hier fast undurchdringlichen Gewimmel der London Bridge ganz vergessen.
    Seine Gedanken kreisten um das, was der Abtvater gesagt hatte. Irgendetwas war darunter gewesen, das eine Bedeutung besaß, die Henri noch nicht verstand. Aber es beunruhigte ihn. Der alte Mann hatte den Eindruck erweckt, nichts zu wissen. Aber Henri glaubte jetzt, dass das täuschte. Er verstand noch nicht, was es war, aber da war etwas in einem Satz gewesen, das ihn hellhörig gemacht hatte.
    Er versuchte, sich zu erinnern. Was war das bloß gewesen?
    Als Henri wieder den aufgewühlten Boden der Stadt betrat, drehte er sich zu dem Schatten hinter ihm um. Zunächst erblickte er nur das übliche Gewirr von Menschen und Tieren. Dann sah er ihn, es war ein groß gewachsener Kuttenträger mit verdecktem Gesicht, aber kein Mönch. Die schmutzig graue Kleidung imitierte nur den Habit der Klosterbrüder. Henri glaubte, im Gürtel unter der Kutte den Abdruck eines Dolches zu sehen. Was sollte er tun? Konnte er sich täuschen? Er beschloss, zu handeln. Er trat

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