Mord Im Kloster
Nachstellungen für ihn und Jenny noch längst nicht beendet war. Er hätte es wissen müssen. Die anderen hatten noch nicht aufgegeben.
Sie würden nie aufgeben, denn sie akzeptierten keine Niederlagen. Sie hatten diesen abgrundtief bösen Menschen, der sich so perfekt verstellen konnte, wieder auf ihn gehetzt.
Jenny Sandys vertrieb sich die Zeit des Alleinseins mit einer Stickerei. John würde den ganzen Tag im Tempel sein. Sie selbst durfte dort nicht mehr hingehen. Sie würde das kleine Haus aufräumen, mittags zum Markt an den Hafen gehen und abends das Essen zubereiten. Jenny war zufrieden mit ihrem Leben und der neuen Entwicklung. Sie hing ihren Gedanken nach und legte ihre Hände auf den Bauch. Unter der Wölbung, die schon zu fühlen war, wuchs ihr Kind heran. Wie wunderbar!
Die Kerze, die Jenny beim Aufzug der dunklen Regenwolken entzündet hatte, flackerte. Ein Luftzug war entstanden. Jenny sah, dass die Wachskerze fast heruntergebrannt war. Sie stand auf, ging zum Wandschrank und holte eine neue.
Wieder flackerte die Kerze. Seltsam, dachte Jenny. Woher kommt der Luftzug? Türen und Fenster hielt sie schon wegen des schlechten Wetters fest verschlossen.
Als die Kerze wieder ruhiger brannte, schweiften ihre Gedanken ab. Ob der Templer sie bald wieder aufsuchen würde? Er war ein freundlicher, besonnener Mann. Ein schöner Mann! Wenn er nicht Tempelritter wäre und sie nicht mit John verheiratet…
Sie schalt sich für diese Gedanken! Sie erwartete ein Kind! Und John war ein so braver, tüchtiger Mann! Nicht im Traum durfte sie solche Dinge denken! Denn solche Gedanken waren Pforten, durch die sich dann auch andere einschlichen, Männer, die ihr Böses wollten.
Im Hintergrund hörte sie ein Geräusch. Etwas schlurfte über den Holzfußboden. Dann war wieder Ruhe.
Jenny wollte sich wieder ihrer Stickerei zuwenden, als ihr ein hässlicher Einfall kam. Was war eigentlich mit diesem Robin Gilmour-Bryson? Würde er sie endlich in Ruhe lassen? Was für ein aufdringlicher Kerl das gewesen war. Sie hatte Angst vor ihm. War er jetzt einfach verschwunden, und sie würde ihm nie mehr begegnen? Sie hoffte es so sehr!
Ihre Überlegungen ließen sie nicht in Ruhe. Sie hatte den Stickrahmen gesenkt und schaute blicklos aus dem Fenster. Der dichte Regen verhinderte, dass sie draußen Einzelheiten erkannte. Die schmale Straße war menschenleer. Doch dann glaubte sie plötzlich eine Bewegung zu sehen. War da nicht… ein Gesicht gewesen? Hatte sie nicht einen Herzschlag lang jemand angeblickt, so durchdringend, als stünde sie ihm direkt gegenüber?
Jenny stieß einen leisen Aufschrei aus. Wieder kroch die alte Angst in ihr hoch. Sie sprang auf und stürzte ans Fenster, riss es auf, beugte sich weit hinaus. Sie sah nach rechts und links. Nichts. Die Straße lag verlassen vor ihr. Rechter Hand lagen nur ein hölzerner Kinderroller und ein roter Ball im Morast. Jennys Kopf wurde beim heftigen Treiben des Regens nass. Sie schloss das Fenster schnell wieder.
Sie atmete tief durch. Du musst dich beruhigen, sagte sie sich. Die ständigen Nachstellungen durch diese Fremden in der letzten Zeit haben deine Nerven geschwächt. Jetzt ist nichts mehr da, das dich beunruhigen könnte. Niemand weiß von dieser Wohnung, außer dem Templer.
Jenny Sandys beschloss, sich zur Beruhigung einen Kräutertee aus Ysop und Salbei auf dem offenen Feuer ihres Holzherdes zu kochen. Erleichtert über diesen Entschluss ging sie in die Küche.
Sie musste dabei den Flur überqueren. Der Gang war dunkel und kühl. Plötzlich hatte sie das unangenehme Gefühl, als befände sich jemand in ihrer unmittelbaren Nähe. Wie angewurzelt blieb sie stehen und versuchte, etwas zu erkennen. Sie spürte, wie sich die Härchen auf ihren nackten Unterarmen aufstellten, es war wie ein Sog von irgendwoher.
Tapfer ging sie weiter. Schon hatte sie die Küchentür erreicht, öffnete sie und wollte eintreten. Da sah sie den Umriss des Mannes. Groß, kräftig. Der Kopf unter einer Kapuze versteckt. Er stand mitten in der Küche, seine Silhouette zeichnete sich vor der Butzenscheibe ab, durch die Licht von draußen einfiel.
Jenny schrie auf.
Dann ging alles ganz schnell.
Der Umriss geriet in Bewegung, der Mann sprang auf sie zu. Sie hörte ein scharfes Ausatmen, dann ein schwirrendes Geräusch, als flöge etwas durch die Luft in ihre Richtung. Sie roch die Ausdünstung des anderen, sie kannte diesen Geruch, hatte ihn schon mehrfach aus nächster Nähe
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