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Mord Im Kloster

Mord Im Kloster

Titel: Mord Im Kloster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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entzückend, zu sehen, wie sie sanft errötete. Nein, dachte Henri, dieses Mädchen ist so unschuldig wie ein Küken. Nie und nimmer konnte es sein, dass sie und Abt Thomas Liebesnächte miteinander verbracht hätten. Zwischen einem solchen sündigen Tun von Erwachsenen und der Sanftmut eines noch nicht erwachten Mädchens lagen Welten. Er konnte sich einfach nicht täuschen!
    Alissa schaute Henri aus veilchenblauen Augen an. Sie lächelte lieb und zeigte ihre regelmäßigen, schneeweißen Zähne. Mit ihrer zarten Stimme sagte sie: »Was glaubt Ihr, Tempelritter? Habe ich oder habe ich nicht?«
    Jetzt war es Henri, der verlegen wurde. Sie ist auch kokett, dachte er. Sie weiß, wie sie auf Männer wirkt. Einen jungen, verliebten Mann zieht sie hoffnungslos in ihren Bann. Nun, dachte Henri, das tut jede Frau. Aber dann gibt es Frauen, die finden besonderen Gefallen daran, Männer zu täuschen. Und es gibt diejenigen, die ihren eigenen Reizen und dem Gefühl ihrer Macht wie einer Sucht verfallen sind.
    Sollte vielleicht an dem Gerücht doch etwas dran sein?
    Er schaute sich um. Mehrere Anwesende hatten einen Halbkreis um sie gebildet und lauschten dem Gespräch. Henri sah, dass die jungen Männer darunter Alissa verliebt anblickten. Auch ihr Vater lächelte ihr verliebt zu. Alissa sah jedoch nur Henri an.
    Henri begriff, dass er eine Antwort schuldig geblieben war. »Ich erlaube mir nicht, mir ein eigenes Bild über Euer Verhalten zu machen, Prinzessin. Ich würde Eurer Erklärung glauben.«
    »So einfach? So einfach ist es nicht immer, mein Tempelherr. Abt Thomas war ein liebenswerter Mensch. Ich bewunderte ihn. Und ich bin untröstlich darüber, dass er nun tot ist und von den – Würmern gefressen wird. Aber er war ein Abt, nicht wahr, und ein ziemlich alter dazu. Kaum eine Partie für eine junge, hübsche Fürstentochter!«
    Henri gefiel nicht, wie sie sprach. Sie war ihm zu ironisch, zu selbstgefällig. Er konnte sich plötzlich vorstellen, wie sie mit dem Begehren von Männern spielte. Vor allem konnte er sich vorstellen, wie sie es genießen würde, ältere Männer an der Nase herumzuführen.
    Der Fürst nickte zu allem, was sie sagte. Er blickte Henri triumphierend an. Alissa sah plötzlich gelangweilt aus. Ein hässlicher, harter Zug umspielte ihre Lippen.
    Als sie sich abrupt umdrehte und wieder die Treppe emporschwebte, musste sich Henri eingestehen, dass er gar nichts mehr wusste. Er hätte für Alissas Unschuld nicht mehr die Hand ins Feuer gelegt!
     
     
    Am nächsten Tag kam Neville. Henri begrüßte ihn erleichtert. Der Tempelbruder brachte Neuigkeiten aus London mit. Robin Gilmour-Bryson war auf dem Gelände des Tempels gesehen worden. Der Präzeptor hatte durchgesetzt, dass er festgenommen wurde. Sein Habit war ihm entzogen worden. Er war wegen der sich häufenden Verdachtsmomente gegen ihn für alle Zeit des Tempels verwiesen worden.
    »Den sind wir los«, sagte Neville abschließend. »Ich hoffe, ich sehe ihn nie wieder.«
    Henri überlegte, ob er Neville die Neuigkeit mitteilen sollte. Dann sagte er: »Ich glaube, ich habe schlechte Nachrichten für dich, mein Freund. Unser Robin scheint hier in St. Albans eine feste Größe zu sein. Man berichtet mir, dass er an der Seite dieses Stapelherrn aus Paris auftritt – du erinnerst dich, dass er den Kopf zur Tür hereinsteckte, als wir vergeblich auf Abt Thomas warteten – und im Kloster eine Rolle spielt.«
    »Was? Aber wie kann das gehen? Robin ist kein Benediktiner. Und sicher auch nicht als Laienbruder in St. Albans angestellt.«
    »Sein Landsmann Javierre de Bastard schützt ihn. In seinem Schatten fühlt sich Robin offenbar wohl. Welche Rolle dieser selbst ernannte Stapelherr aus Paris spielt, das werde ich noch herausfinden. Dass ein solcher Unternehmer überhaupt in einem Kloster eine bedeutende Position einnehmen kann, ist mir schleierhaft. Und dieser Robin ist nur seine ausführende Kreatur.«
    »Ich habe Bruder Robin einmal gemocht. Er hatte anziehende Seiten.«
    »Er hat uns mit seinem Wesen getäuscht. Und das heißt – er ist gefährlich!«
    »Was meinst du, glauben die Mönche wirklich dieses Gerücht von der Liebelei zwischen dem Abt und dieser Alissa? Oder verstecken sie nur ihre eigenen Machenschaften dahinter?«
    »Kann ich nicht sagen. Einige scheinen es nur allzu bereitwillig zu glauben. Das sind die Neider, die Äbten von Klöstern immer das Ärgste anhängen wollen. In diesem speziellen Fall scheint es aber nur um die Person

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