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Mord Im Kloster

Mord Im Kloster

Titel: Mord Im Kloster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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lachte. »Seid Ihr verwirrt? Woher soll ich etwas darüber wissen? Denkt Ihr, der Mörder spaziert hier herum und sagt allen seinen Namen?«
    »Vielleicht habt Ihr einen klitzekleinen Verdacht?«
    »Ich weiß gar nichts. Und wenn ich etwas wüsste, würde ich stillschweigen. Das ist immer das Beste.«
    Henri war erstaunt über die barsche Haltung. »Habt Ihr Angst vor irgendetwas oder irgendjemand?«
    »Unsinn! Es ist das Gebot des Klosters, zu schweigen. Geredet wird in der Welt genug.«
    »Von Euch erfahre ich also nichts?«
    »Nichts über diesen Mordfall. Mögt Ihr ihn bald aufklären.«
    »Ich danke Euch, Bruder Gärtner.«
    Henri ging weiter. Er bemerkte, dass überall Mönche standen, die ihn beobachteten. Von den Laienbrüdern war hingegen niemand zu sehen. Henris Gedanken liefen mit ihm im Kreis. Er musste den Burgherrn von St. Albans aufsuchen. Mit dieser Alissa sprechen. Vielleicht auch mit ihren Brüdern. Aber vorher wollte er sich weiter im Kloster umhören.
    Der letzte Mönch, der geholfen hatte, die Weinfässer aus Deutschland in den Keller zu verfrachten, stand schwer atmend in der Sonne. Henri trat näher und wünschte ihm einen guten Tag. Dann stellte er seine Frage.
    Der beleibte Mönch blinzelte ihn an. Er blickte hinter sich, die Kellertreppe hinunter, an dessen Fuß sich die Brüder mit den Weinfässern beschäftigten.
    »Wisst Ihr«, sagte er dann, »in diesem Kloster ist es nicht so wie in anderen.«
    »Was meint Ihr damit, Bruder?«
    »In ordentlichen Klöstern, nicht wahr, gibt es den Abt und seine Stellvertreter. Es gibt den Prior, den Sakristan, den Kellermeister, den Vorleser, den Kalfaktor. Sie alle, von oben nach unten, sagen, was getan werden soll. Und die anderen Brüder setzen die Anweisungen um.«
    »Hier ist das nicht so?«
    »In St. Albans reden Personen mit, die von außen kommen. Die klösterlichen Autoritäten sind außer Kraft gesetzt.«
    Etwas Ähnliches hatte Henri schon bei seinem ersten Aufenthalt in St. Albans gehört. »Und wer sind diese Personen?«
    »Das kann ich nicht sagen.«
    »Ich muss es aber wissen. Sie könnten Verdächtige sein, die in den Mord verwickelt sind.«
    »Wenn ich Genaueres wüsste, würde ich es sagen. Denn niemand will ja Mörder decken, nicht wahr? Aber vielleicht geht in diesem Kloster die Angst um? Vielleicht befürchten wir alle, der Nächste zu sein, der einen Dolch in den Hals kriegt?«
    »Ist das Euer Ernst?«
    »Abt Thomas hat mit dem Feuer gespielt, mein Tempelherr. Er ist zu weit gegangen. Er glaubte ja, allmächtig zu sein und sich über Warnungen hinwegsetzen zu können. Und dann kommt auch noch diese Liebesaffäre hinzu. Nein, das war zu viel.«
    »Ihr glaubt, er sei ermordet worden, weil er sich mit Alissa eingelassen hat?«
    »Natürlich! Das war ein Schlag ins Gesicht jedes Klosterbruders, der Keuschheit geschworen hat. Und der Abt hat alle Gebote sehr streng eingefordert.«
    »Ich verstehe. Auch im Tempel würde man eine solche Sünde ahnden – wenn auch nicht mit Mord.«
    »Nun, es gab genügend andere Gründe für diese Untat, das glaubt mir. Fragt die Fremden im Kloster.«
    »Ihr meint die Laienbrüder?«
    »Nein.«
    »Ich sehe keine anderen Menschen in St. Albans, die nicht zur Versammlung der Konventualen gehören.«
    »Sie sind noch nicht hier. Vielleicht, weil sie Euch wittern. Aber sie kommen wieder. Wartet ab, bis sie wieder da sind. Dann werdet Ihr schon sehen.«
    Henri schien das Gehörte undenkbar. Was war in St. Albans wirklich los? Wer gab hier den Ton an? Jeder hatte offenkundig seine eigene Version der Ereignisse. Immer deutlicher schien ihm, dass die Angst umging. Diese angebliche Liebesaffäre des Abtes mit der Tochter des Burgherrn Edmonton musste in den Herzen und Köpfen etwas ausgelöst haben, das er noch nicht durchschaute. Es konnte nur etwas Angst Einflößendes sein.
    Oder wollten die Mönche nur die wahren Hintergründe der Mordtat vertuschen?
    Henri kam im Augenblick mit seinen Überlegungen nicht weiter. Er beschloss, noch an diesem Tag in die Burg zu reiten.
     
     
    Die Fürstenburg von St. Albans lag unmittelbar vor der kleinen Stadt auf einem Plateau. Der Weg dorthin führte über Wiesen. Henri musste an Neville of Gwyn denken, der Templer wollte am kommenden Tag in St. Albans eintreffen. Henri hätte sich gewünscht, ihn schon jetzt an seiner Seite zu haben.
    Als er die Burg erreichte, zügelte er sein Pferd und sah empor. Die Zinnen in Form von Schwalbenschwänzen kannte er aus dem Morgenland.

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