Mord Im Kloster
Freiheit!«
»Auch hier in England gab es genug Menschen, die das anerkannten.«
»Aber du kannst dir vorstellen, wie sehr König Edward daran gelegen war, mich in seine Hände zu bekommen. Auf meinen Kopf ist ein hohes Lösegeld ausgesetzt! Du kannst es dir verdienen, Templer!«
»Reichtum interessiert mich nicht. Der Tempel in London besitzt genug. Wenn Henri de Roslin dir davon erzählen könnte, würdest du begreifen, dass ein bisschen Kopfgeld uns überhaupt nicht interessiert.«
»Es gibt nicht viele Menschen, die so denken.«
»Jeder Tempelbruder sollte so denken. Wie du schon sagtest, habe ich den Eid der Templer abgelegt – wie deine Begleiter hier unten auch. Außerdem bin ich Medicus. Uns interessieren die Krankheiten der Menschen, natürlich auch die geistigen Krankheiten. Sie zu heilen wäre mein Traum.«
»Wenn wir den Heiligen Gral finden, heilen wir sie, Medicus. Dann ist kein Leid mehr in der Welt.«
»Das wäre zu schön, um wahr zu sein! Aber es gelingt mir nicht, daran zu glauben. Vielleicht habe ich schon zu viel Elend in der Welt gesehen.«
»Mir kommt ein Gedanke. Hilf uns beim Suchen. Vielleicht siehst du mehr als wir!«
»Helft mir, Jenny Sandys zu finden, William Wallace, ob Ihr sie nun die Gralsjungfrau nennt oder die Frau des Steinmetzen, das ist mir gleich. Nur helft mir!«
»So helfen wir uns doch gegenseitig!«
»Wir suchen Jenny Sandys – und Euren Heiligen Gral?«
»Wäre es nicht wunderbar, wir fänden beides? Und vielleicht stellen wir fest – es ist das Gleiche?«
Javierre de Bastard wusste nichts mit der Frau des Steinmetzen anzufangen. Er kannte das abgelegene Versteck zwei Meilen außerhalb Hertfords, in das Robin Gilmour-Bryson Jenny Sandys gebracht hatte, Robin hatte es ihm gezeigt. Und er hatte ihm erklärt, warum er gerade dieses Versteck gewählt hatte. Es hatte mit einem höheren Willen zu tun. Mit einem magischen Zentrum, das niemand erreichte.
Javierre war es recht, so konnte Jenny nicht entdeckt werden. In den ersten Tagen besuchte er sie und spürte seine Macht. Sie war in seiner Hand. Er konnte sie jederzeit auslöschen. Nein, es war stärker! Er konnte jederzeit Herr sein über ihre Schönheit, er konnte ihre Schönheit in den Schmutz ziehen und ihren Stolz zertreten. Er konnte sich an dem langsamen Verlöschen dieser Tugenden ergötzen. Daran, dass er sie gab – oder nahm.
Aber dann reichte ihm auch das nicht mehr. Das war etwas für Robin gewesen. Robin hatte Spaß daran gehabt, ein kalter Mensch, der gern seelische Schmerzen bereitete und körperliche genießen konnte. Er, Javierre de Bastard, strebte nach anderen Lüsten.
Er hatte Jenny tagelang allein gelassen. Und wenn er wiederkam, wimmerte sie in ihren Fesseln, hungernd und dürstend, ängstlich und hinfällig. Auch das hatte ihm zuerst gefallen. Wie sie ihm, ihrem Peiniger, entgegenflehte. Wie sie sich anbot und wegwarf. Wie sie ihre Scham, ihren weiblichen Stolz und ihre Ehre längst verloren hatte und nur noch ein schwaches Stück Fleisch war.
Aber auch das ekelte ihn schnell.
Er hatte sie wieder verlassen und war nach London gereist. Dort vergaß er sie beinahe. Aber als er von seinen Handlangern in der City von dem geglückten Anschlag im Tempel hörte, fiel sie ihm wieder ein. Und jetzt war er nur zurückgekehrt, um ihr davon zu erzählen.
Von John Sandys’ großer Tat. Von der Panik, die der Einsturz der Pfeiler in der Temple Church ausgelöst hatte.
Die Behörden von London hatten durchgesetzt, dass der Tempel geschlossen wurde. Die Ordensbrüder hatten sich nur am Anfang widersetzt, dann nachgegeben, obwohl sie dazu nicht verpflichtet waren. Aber sie mussten ihre vielen Schwerverletzten bergen und pflegen, damit hatten sie genug zu tun.
Javierre wusste, dass der Anschlag das bewirkt hatte, was er damit bezweckte. Dass der Tempel ins Zwielicht rückte. Der Londoner Orden konnte nicht einmal seine eigenen Brüder schützen. Er war so menschenverachtend, dass es ihm auf ein paar Menschenleben nicht ankam. Dass es ihm wichtiger war, seine Reichtümer zu zählen und zu verwalten. Dass Henri de Roslin daran die Schuld trug, weil er als neuer Fiskal keinen Pence mehr für die Sicherheit der Bauten ausgeben wollte und selbst die Rationen für die Armenspeisung an der Pforte kürzte.
Jedenfalls ließ Javierre solche Gerüchte jeden Tag durch gekaufte Schwätzer ausstreuen. Und langsam glaubten die Massen sie. Gerade vor zwei Tagen hatte es den ersten Auflauf vor den Toren
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