Mord Im Kloster
schlagen. Einen solchen Mann brauchten sie, um an den Erfolg ihrer Mission zu glauben. Nach schweren Niederlagen in Schottland hatte William eingesehen, dass die Zeit der Siege vorbei war. Die Übermacht wurde zu groß.
Er begriff, dass es eine größere, vielleicht eine letzte Schlacht gab, für die es lohnte zu leben. Und zu sterben. Das war die Suche nach dem Allmächtigen. Nach dem Gral. Wer ihn besaß, siegte schon vor der Schlacht. Wer den Kelch besaß, aus dem Jesus beim letzten Abendmahl getrunken hatte, hatte keine Feinde.
Manche suchten ihn in Spanien, andere in Schottland oder Cornwall. Warum sollte er nicht hier verborgen sein? Deshalb war er hier.
An diesem Tag wurde ihre Ruhe gestört, wurde das Schweigen unterbrochen.
Aus der Welt oben drang jemand zu ihnen, der nicht hierhin gehörte.
Sie hörten ihn kommen, denn die Tunnel, Gänge und Säle hallten wider von den Geräuschen, die Menschen verursachten. Sie postierten sich an den Zugängen, es gab sieben benachbarte, und warteten. Dann kam der Fremde. Er kam allein, stieg aus dem Brunnen und war in ihrer Welt angekommen. Sie umzingelten ihn wortlos, beförderten ihn in den Saal, in dem sie unter der Erde lebten, und befragten ihn. Neville de Gwyn, eigentlich einer der Ihren aus dem Tempel, hatte ihre Kreise empfindlich gestört.
Neville konnte nicht glauben, was er sah. Eine unterirdische Welt der Höhlen, der gekalkten Wände, der Kamine, der Nischen, die in weit verzweigte Gänge führten. Der Boden uneben und feucht, die Decken hoch und manche von Stalaktiten behängt. Niemals hätte er das für möglich gehalten. Er hatte über die Andeutungen gelacht, die hier und da zu hören gewesen waren. Jetzt sah er alles. Wenn es doch auch Henri de Roslin sehen könnte!
Einer der Männer, die hier hausten, Neville zählte zwanzig, trug einen roten Mantel, im Saal stand sein an der Seite geborstener steinerner Thron, ein Stuhl der Zuflucht, wie Neville ihn schon in Kirchen gesehen hatte, die Flüchtlingen Schutz boten.
Kriegsbanner bekleideten die nackten Wände. Im Fackelschein und im Feuer der Pechpfannen, die jedoch nicht rußten, deren Rauch rasch zur Decke stieg und verschwand, tanzten die Mauern dieses Saales. Ein Schwert steckte im Sand, ebenso eine Lanze, auf einem achteckigen Tisch lag ein silberner Teller, daneben stand ein Gefäß mit einer roten Flüssigkeit, vielleicht war es Blut.
Neville glaubte noch immer zu träumen. Erst die Stimme des Anführers, um den sich die anderen scharten, riss ihn aus seinen Gedanken.
»Wo du nun einmal den Weg zu uns gefunden hast, sag uns, was du suchst. Doch bedenke deine Antwort, sie kann Leben oder Tod bedeuten.«
Neville sagte ernüchtert: »Ihr Herren, ich will nichts von Euch, wer auch immer Ihr seid und was auch immer Ihr hier unten tut oder sucht. Ich habe andere Ziele. Ich bin auf der Suche nach Jenny Sandys, der Frau des Steinmetzen John Sandys aus London. Sie ist nach Hertford entführt worden. Ich hoffte, sie in den Labyrinthen zu finden.«
»Die Gralsjungfrau!«, rief erstaunt einer der Ritter.
»Keine Gralsjungfrau«, sagte Neville, »eine einfache, junge Frau, die einen gefährlichen Mann hat, vor dem sie flieht. Und nun ist sie in der Gewalt eines noch gefährlicheren Mannes.«
»Aber kennst du nicht die alte Erzählung der Artussage?
Wie während der Tischrunde zwei junge Burschen erscheinen, einer trägt eine weiße Lanze, von deren Spitze Blut tropft, der zweite trägt einen Kandelaber – und dahinter tritt eine schöne Jungfrau mit Namen Jennifer in den unterirdischen Saal, die einen mit Edelsteinen geschmückten, goldenen Gral in beiden Händen hält?«
»Das hat nichts mit Jenny Sandys zu tun, ganz gewiss nicht, sie ist eine reale Person, keine Gestalt aus Ritterepen. Glaubt mir!«
Der junge Ritter ließ sich nur kurz unterbrechen. »Sie ist wunderschön, von großer Anmut und mit wohl geschmückten Kleidern angetan, und als sie mit dem Gral vorwärts schreitet, erfüllt den Saal ein so strahlendes Licht, dass die Kerzen ihren Glanz verlieren, gleich den Sternen, wenn der Mond oder die Sonne aufgeht. Eine zweite Jungfrau folgt ihr, die eine silberne Schale trägt. Und als Tropfen von Blut von der Lanze herab in die Schale fallen, wird daraus das Brot, der Leib Christi, man isst davon, und dann verwandelt die Gralsjungfrau mit ihren Küssen die Welt und sie…«
Neville sagte: »Ihr Herren scheint in Eurer eigenen Sagenwelt zu leben. Ich wiederhole, dass ich nach einer
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