Mord im Labor
ich, als er den Raum betrat. »Es enerviert mich.«
»Was — Sex?« fragte er träge.
»Sie in diesem weißen Kittel«,
antwortete ich. »Sie sehen aus, als seien Sie dem vierten Akt eines Horrorfilms
entsprungen.«
Er schlug die Hacken zusammen
und verbeugte sich kurz. »Erlauben Sie — mein Name ist Dr. Frankenstein. Und
ich bedaure aufrichtig, daß Sie sich nicht so gut entwickelt haben wie meine
anderen Monstren. Ich versichere Ihnen, es war reines Mißgeschick .
Das Gehirn rutschte mir durch die Finger, als ich es gerade in den Schädel
schieben wollte, und aus Versehen trat ich darauf, als ich das schlüpfrige
Teufelszeug wieder aufheben wollte.«
»Sie vergeuden Ihre Zeit als
drittklassiger Arzt«, sagte ich in bewunderndem Ton. »Sie hätten mit einem
gewissen Aufwand an Schulung leicht zu einem zehntklassigen Schauspieler werden
können.«
»Wollen Sie was?« fragte er.
»Oder verspüren Sie lediglich jeweils bei Vollmond diesen unwiderstehlichen
Drang, mich zu beleidigen?«
Ich zog den Zettel aus meiner
Tasche und gab ihn ihm. »Ergibt das für Sie irgendeinen Sinn?«
Er betrachtete den Zettel ein
paar Sekunden lang und gab ihn mir dann zurück. »Nein. Sollte er einen Sinn
ergeben?«
»Ich weiß es nicht«, sagte ich.
»Sie finden also keinen Sinn darin?«
»Nehmen Sie einen kleinen Jungen,
der eben in der Schule mit Chemieunterricht angefangen hat«, sagte er geduldig,
»lassen ihn ein Lehrbuch aus dem Regal holen und reden ihm ein, es sei ein
Mordsspaß, aufs geratewohl irgendwelche chemischen
Formeln abzuschreiben und aneinanderzureihen. Das würde in etwa dasselbe
Resultat erbringen wie das hier.«
»Keine Rede von LSD?«
«Nichts als ein Tohuwabohu von
bedeutungslosen Zeihen«, brummte er.
»Sehen Sie es sich noch mal
genau an«, sagte ich höflich. »Bitte.«
Er knurrte mürrisch und riß mir
das Papier aus der Hand. Ich wartete demütig, während er es studierte, als
handle es sich um eine stramme nackte Blondine, die irgendwo zwischen den
Formeln verborgen läge.
»Okay«, sagte er schließlich.
»Soll das ein Spaß unter Kollegen sein?«
»Wie bitte?«
»Vielleicht sollte ich zum
Gehirnschlosser gehen, wenn ich überhaupt auf einen solchen Gedanken komme?« Er
zuckte gereizt die Schultern. »Das einzige, was hier aus dem im übrigen bedeutungslosen Zusammenhang fällt, ist das
medizinische Zeichen für >Tod<.«
»Und?«
»Wenn Sie an irgendwelchen
Spielchen interessiert sind und das ganze als eine
Art Silbenrätsel betrachten — das Todessymbol steht am Ende einer Linie. Lassen
Sie jedes zweite Zeichen in derselben Linie beiseite, so bekommen Sie
>Wasser, Luft und Alkohol = Tod<.«
Er schob mir das Papier wieder
hin.
»Wasser, Luft und Alkohol?«
murmelte ich.
»Fragen Sie mich bloß nicht,
was das bedeuten soll«, knurrte er.
»Champagner?« sagte ich
vorsichtig.
Die Mephistobrauen fuhren in die Höhe. »Champagner gleich Tod? Ergibt das für Ihren gewundenen
Verstand irgendeinen Sinn, Al?«
»Vielleicht«, sagte ich. »Man
kann doch eine Flasche Champagner nicht wieder zukorken, nachdem sie einmal
geöffnet worden ist, oder?«
»Nein«, sagte er. »Der Kork
verbreitert sich, sobald er aus dem Flaschenhals gezogen worden ist.«
»Aber man könnte durch den Kork
hindurch mit einer Injektionsnadel etwas in die volle Flasche spritzen, oder
nicht?«
»Ich habe es nie versucht.« Er
grinste boshaft. »Ich ziehe die altmodischen Methoden der Verführung vor. Aber
vermutlich könnte man das.«
»Etwas, das ausreichend stark
ist, um zwei Leute auf ein paar Stunden hinaus völlig außer Gefecht zu setzen,
aber etwas, das später keinerlei Spuren in ihren Körpern hinterläßt ?
So, daß sie vier oder fünf Stunden, nachdem sie das Zeug getrunken hatten,
umgebracht werden und die Obduktion erst acht oder neun Stunden nach Eintritt
des Todes stattfindet?«
» Everard und die O’Hara?« Seine Brauen bildeten eine gerade Linie. »Mit den gängigen
Drogen ist da nichts zu machen, aber es gibt andere Dinge. Ja, möglich ist es.«
»Sie geben den Leutchen eine
Flasche Champagner«, fuhr ich fort. »Sie sagen ihnen: >Amüsiert euch,
Kinderchen!<. Und dann wissen Sie, daß Sie ein paar Stunden später
zurückkommen und sie ganz gemächlich umbringen können.«
»Sie haben eine besondere Gabe,
widerwärtige Bilder zu malen«, sagte er. »Vielleicht bin ich doch nicht kräftig
genug auf das schlüpfrige Gehirnchen getreten, bevor
ich es wieder in Ihren hohlen Schädel gestopft
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