Mord im Labor
fest
geschlossen, auf einem Stuhl mit gerader Lehne saß.
»Müssen Sie soviel Lärm machen?« fragte er kläglich. »Es klang, als ob in der Küche draußen ein
Haufen streunender Katzen auf Glasscherben herumtanzten!«
»Zucker?« brummte ich.
»Als Energiespender«, murmelte
er. »Löffeln Sie soviel in die Tasse, wie
hineingeht.«
Ich stellte Kaffee und Zucker
vor ihn hin und zündete mir eine Zigarette an. »Erinnern Sie sich daran, wie
Sie mir erzählten, Jan O’Hara habe gesagt, sie ginge zu einer Feier?«
»Erwarten Sie, daß ich mich an alles
erinnere?« Er umklammerte seine Stirn mit den Fingern. »Wie heiße ich
eigentlich?«
»Vielleicht sollten wir zum
Sheriffbüro fahren und sehen, ob wir dort nicht Ihr Erinnerungsvermögen
auffrischen können?« murmelte ich. »Ein netter, heller Scheinwerfer, der Ihnen
direkt in die Augen leuchtet...«
Er schauderte heftig. »Es kommt
alles zurück! Nun erinnere ich mich. Mein Name ist Tim Vaile ,
und Sie sind Lieutenant Wheeler, und-«, er öffnete ein Auge und sah den
mordlustigen Ausdruck auf meinem Gesicht, »—und ich erinnere mich tatsächlich,
daß Jan mir etwas von einer Feier erzählt hat«, fügte er schnell hinzu.
»Können Sie sich an den genauen
Wortlaut dessen erinnern, was sie gesagt hat?«
»Sie sagte ihn etwa, sie
hoffte, Browning würde sie nicht allzu lange mit Arbeit hinhalten, und sie
sagte, sie habe nichts dagegen, so lange es nicht zu spät würde. Ich machte
einen Witz über eine sehr dringende Verabredung, die sie offenbar habe, und sie
erwiderte, es würde eine große Feier geben, mit Champagner und allem Drum und
Dran. Dann kicherte sie und behauptete, es sei ein großes Geheimnis.« Er
öffnete das andere Auge und sah mich erwartungsvoll an. »Wie mache ich meine
Sache, Lieutenant?«
»Miserabel«, sagte ich. »Bis
jetzt haben Sie lediglich das wiederholt, was Sie mir schon gestern in der Bar
erzählt haben.«
»Ich habe das unangenehme
Gefühl, daß nicht mehr drin ist«, sagte er. »Moment mal! Da war doch noch was
anderes. Als ich sie fragte, was für eine Art Geheimnis, sagte sie, ich würde
das bald genug herausfinden, und dann gäbe es vielleicht noch eine weitere
Feier, an der ich dann teilnehmen könne. Und mehr hat sie nicht von sich
gegeben. Danach war sie verschlossen wie eine Auster.«
»Sind Sie ganz sicher, daß das
alles ist?«
»Ganz sicher.« Er begann,
hastig Zucker in den Kaffee zu löffeln. »Sonst noch was, Lieutenant?«
»Warum war Judy gestern abend wütend auf Sie?«
»Wegen meiner Ideen. Sie waren
natürlich schuld. Sie haben mir in dieser Bar eine Heidenangst eingejagt. Ich
hörte bereits das Klicken der Handschellen.« Er schloß die Augen, nahm einen
plötzlichen Schluck aus seiner Tasse und schauderte heftig. »Habe ich Ihnen
nicht gesagt, daß ich Zucker hasse?«
»Was war Ihre Idee?«
»Daß Judy Sie zu sich zum
Abendessen einladen sollte. Daß sie sich was Durchsichtiges anziehen und eine
große Verführungsszene spielen sollte. Es hat verdammt lang gebraucht, bis ich
sie überhaupt dazu überreden konnte. Und dann ist der ganze Spaß geplatzt.« Er
zog eine Grimasse. »Ich bin im Lauf meines Lebens schon als mancherlei
bezeichnet worden, Lieutenant, aber dieses Mädchen hat vielleicht eine
Phantasie!«
»Das ist dann vermutlich
alles«, sagte ich.
»Gehen Sie jetzt, Lieutenant?«
»Sofort«, sagte ich.
»Großartig. Sie haben doch
nichts dagegen, wenn ich Ihren Kaffee trinke? Irgendein Trottel hat den meinen
mit einer Ladung Zucker verpatzt.«
»Zur Hebung der Energie«, sagte
ich.
»Ach, wirklich!« Sein Gesicht
erhellte sich ein bißchen. »Na schön, hätten Sie in dem Fall was dagegen,
Zucker in Ihre Tasse zu geben, und immer mehr Zucker...«
Ich verschwand aus dem
Apartment, bevor ich ihm den Kaffee über den Kopf leerte. Es war schon fast ein
Uhr, und so hielt ich vor einem Restaurant und aß in einem Anfall von
Leichtsinn ein Steak-Sandwich zum Lunch. Als ich meine Brieftasche herausnahm,
um zu zahlen, fiel mein Blick auf den zerknitterten Zettel, der darin steckte.
Ich hatte ihn völlig vergessen; da waren die chemischen Formeln, die zu
unvollständig waren, um einen Sinn zu ergeben. Ich fuhr ins städtische
Krankenhaus, um Doc Murphy aufzusuchen; seine Sekretärin sagte, er sei irgendwo
anders beschäftigt, käme jedoch bald zurück, und ob ich warten wolle. Also
wartete ich ungeduldig in seiner Praxis und tauchte erst vierzig Minuten später
auf. »Wissen Sie was?« sagte
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