Mord im Labor
und lächelte.
»Ich habe dich vermißt , Al Wheeler«, sagte sie leise.
»Ich bin beschäftigt gewesen«,
sagte ich geistlos. »Diese Sache mit Browning und das ganze Drum und Dran.«
»Was für eine scheußliche
Geschichte.« Sie schauderte leicht. »War es Selbstmord?«
»Es war Mord, der wie ein
Selbstmord aussehen sollte«, sagte ich. »Eine ausgesprochene Amateurarbeit.«
»Du weißt wahrscheinlich, daß
Charles Demarest es für das beste hielt, den Betrieb
für heute zu schließen? Deshalb hatte ich den ganzen Tag über nichts zu tun. Außer
an dich zu denken.« Die braunen Augen hinter der dicken Brille waren ruhig. »Es
war seltsam. Ich überlegte mir die ganze Zeit, ob du Gelegenheit haben würdest,
Judy Trent wiederzusehen, und der Gedanke gefiel mir gar nicht.«
»Die Büronymphomanin?« sagte
ich. »Warum machst du dir da Gedanken? Du hast sie doch, was Everard betraf, um Kopflänge geschlagen.«
Sie lächelte. »Aber dann hat
mich Jan O’Hara, was Everard betraf, ebenfalls um
Kopflänge geschlagen, und das hat bis zu einem gewissen Grad mein Selbstvertrauen
unterminiert, das ich mir inzwischen aufgebaut hatte.«
Ich lächelte mitfühlend zurück.
»War das der Augenblick, als dich Charles Demarest sozusagen im Rückprall auffing? Voller Unsicherheit, weil Everard dich Jan O’Haras wegen verlassen hatte, und du von all deinen latent
vorhandenen Selbstzweifeln überwältigt wurdest? Ist das alte Geschwafel über
Mädchen mit Brillen wahr? Hat Justin tatsächlich gelacht, als er dich nackt
stehen sah, die Brille auf der Nase? Bewundern Männer ein Mädchen mit einem hohen
Intelligenzquotienten und einem Intellekt, der dem ihren gewachsen ist,
ehrlich? War es so?«
»Tut mir leid, Al.« Sie
blinzelte. »Ich weiß einfach nicht, wovon du redest.«
»Die Sache war doch so«, sagte
ich leichthin, »daß Judy Everard haben wollte, aber
du kamst ihr zuvor, und so nahm sie Tim Vaile als
eine Art Trostpreis. Browning hatte Jan O’Hara praktisch dazu erpreßt, mit ihm
einmal im Monat zu schlafen, dann wurde sie jedoch plötzlich mutig und
schnappte dir Everard weg. Ich nehme an, das war der
Augenblick, in dem Demarest in die Bresche sprang.«
»Miles Browning hat Mrs. O’Hara gezwungen, mit ihm im Motel zu schlafen?«
fragte sie mit ungläubiger Stimme. »Das kann ich nicht glauben!«
»Es ist aber wahr«, sagte ich.
»Du kannst dir vorstellen, wie nervös er wurde, als er erfuhr, daß sie dort
gemeinsam mit Justin Everard ermordet worden war.«
»Ich glaube, das ist ganz
sinnvoll«, sagte sie. »Seine moralische Einstellung hat wie eine Zwangsjacke
auf ihn gewirkt. Irgendwann mußte er ja einmal ausbrechen.«
Ich nippte an dem Martini und
grinste sie dann an. »Weißt du was, Ellen? Ich möchte dich im Augenblick so
dringend haben, ich kann einfach nicht warten. Zum Teufel mit dem Abendessen!«
»Aber Lieutenant Wheeler!«
»Seit dem letztenmal sind achtundvierzig Stunden vergangen«, sagte ich. »Mir scheinen es fünf Jahre
zu sein. Warum hören wir also nicht mit dem müßigen Geplauder auf und fangen
an, uns zu lieben?«
»Ich kann nicht«, sagte sie
schnell. »Jedenfalls nicht jetzt. Ehrlich, Al, ich habe mir solche Mühe mit dem
Abendessen gegeben, du wirst es kaum glauben.« Ihr Lächeln hatte etwas
ausgesprochen Flehendes. »Es ist sehr schmeichelhaft, und glaube nicht, daß ich
es nicht zu schätzen weiß, aber bitte warte noch ein Weilchen. In fünf Minuten
hat das Essen den höchsten Grad von Vollendung erreicht, und ich wäre einfach
verzweifelt, wenn es ruiniert würde.«
»Okay«, sagte ich. »Ich mache
einen Kompromißvorschlag . Ich werde warten und dann
essen — wenn du mir die Mahlzeit in unbekleidetem Zustand servierst.«
»Du meinst nackt?«
»Bis auf deine Brille
natürlich.« Ich lachte roh. »Ich möchte nicht, daß du dir ein Stück aus dem
eigenen Schenkel schneidest und es mir auf einer Platte anbietest.«
»Ist das dein Ernst?« Ihr
Lächeln wurde zunehmend schwächer.
»Mein tödlicher Ernst«, sagte
ich kalt. »Entweder du ziehst dich sofort aus, oder zum Teufel mit dem
Abendessen, ich werde dich sofort ins Schlafzimmer schleppen! Du hast die
Wahl.«
»Das würdest du nie tun.« Sie
sah mich einen Augenblick lang hart an. »Doch«, sagte sie dann düster, »du
würdest es tun. Unter dieser dünnen Schicht von Zivilisiertheit bist du nichts weiter als ein Tier, nicht wahr, mein Lieutenant?«
»Möchtest du gern, daß ich bis
fünf zähle?« sagte ich.
»Das
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