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Mord im Orientexpress

Mord im Orientexpress

Titel: Mord im Orientexpress Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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angesehensten Privatdetekteien in New York.
    «So, so, Mr. Hardman», sagte er. «Dann lassen Sie uns bitte hören, was das zu bedeuten hat.»
    «Aber gern. Das ist nämlich so. Ich war auf der Fährte gewisser Halunken nach Europa gekommen – hatte mit dieser Geschichte hier nichts zu tun. Die Jagd endete in Istanbul. Ich hab’s meinem Chef telegrafiert, und er hat mich zurückbeordert. Ich wäre dann auch gleich in mein liebes kleines New York zurückgekehrt, aber da kriegte ich das hier.»
    Er schob einen Brief über den Tisch.
    Es war ein Briefbogen aus dem Hotel Tokatlia.
     
    Werter Herr,
    man hat mich davon in Kenntnis gesetzt, dass Sie ein Agent der Detektei McNeil sind. Haben Sie bitte die Güte, sich heute Nachmittag um vier Uhr in meiner Suite einzufinden.
     
    Die Unterschrift lautete: «S.E. Ratchett».
    «Eh bien?»
    «Ich war zur angegebenen Zeit in seiner Suite, und Mr. Ratchett hat mich ins Bild gesetzt. Er hat mir ein paar Briefe gezeigt, die er bekommen hatte.»
    «Hatte er Angst?»
    «Er wollte es sich zwar nicht anmerken lassen, aber geschlottert hat er schon ein bisschen. Hat mir einen Auftrag angeboten. Ich sollte mit ihm im selben Zug nach Paris fahren und aufpassen, dass ihm keiner ans Leder ging. Tja, meine Herren, ich bin mit ihm im selben Zug gefahren, und nun ist ihm trotzdem einer ans Leder gegangen. Und das fuchst mich natürlich. Sieht ja nicht besonders gut für mich aus.»
    «Hatte er bestimmte Vorstellungen, wie Sie Ihren Auftrag erfüllen sollten?»
    «Klar. Er hatte sich alles genau ausgedacht. Ich sollte das Abteil neben dem seinen nehmen – daraus wurde schon gleich nichts. Das einzige Abteil, das ich noch kriegen konnte, war Nummer sechzehn, und dafür musste ich mich auch noch mächtig ins Zeug legen. Nach meinem Eindruck wollte der Schaffner dieses Abteil gern im Ärmel behalten. Aber das tut nichts zur Sache. Nachdem ich mir alles angesehen hatte, fand ich Abteil sechzehn sogar strategisch recht günstig gelegen. Vor dem Schlafwagen aus Istanbul war nur noch der Speisewagen, und die vordere Einstiegstür wurde nachts gesichert. Ein Mörder hätte also nur durch die hintere Tür einsteigen oder von hinten durch den Zug kommen können – musste also auf jeden Fall an meinem Abteil vorbei.»
    «Sie hatten, wie ich annehme, keine Ahnung, wer der mutmaßliche Attentäter sein sollte?»
    «Nun, ich wusste nur ungefähr, wie er aussehen sollte. Mr. Ratchett hatte ihn mir beschrieben.»
    «Wie bitte?»
    Alle drei Herren beugten sich interessiert vor.
    Hardman fuhr fort:
    «Ein kleiner Mann mit dunklem Teint und irgendwie weibischer Stimme – so hat es der Alte genannt. Er hat auch noch gesagt, er glaubt nicht, dass es gleich schon in der ersten Nacht passieren wird. Eher in der zweiten oder dritten.»
    «Er wusste also etwas», sagte Monsieur Bouc.
    «Er wusste mit Sicherheit mehr, als er seinem Sekretär anvertraut hat», meinte Poirot nachdenklich. «Hat er Ihnen irgendetwas über seinen Widersacher gesagt, Mr. Hardman? Zum Beispiel, warum er ihm nach dem Leben trachtet?»
    «Nein, zu diesem Thema war er ein bisschen zugeknöpft. Hat nur gesagt, der Kerl will ihm ans Leder und meint es ernst.»
    «Kleiner Mann – dunkler Teint – weibische Stimme», überlegte Poirot laut.
    Dann sah er Mr. Hardman scharf an und fragte: «Sie wissen natürlich, wer er wirklich war?»
    «Wer, Mister?»
    «Ratchett. Sie haben ihn erkannt?»
    «Ich komme nicht ganz mit.»
    «Ratchett war Cassetti, der Armstrong-Mörder.»
    Mr. Hardman stieß einen langen Pfiff aus.
    «Na, das ist aber eine Überraschung!», sagte er. «Und was für eine! Nein, ich habe ihn nicht erkannt. Als dieser Fall aufkam, war ich gerade irgendwo an der Westküste. Kann sein, dass ich Fotos von ihm in der Zeitung gesehen habe, aber auf Zeitungsfotos würde ich meine eigene Mutter nicht erkennen. Nun gut. Ich zweifle jedenfalls nicht, dass ein paar Leute es auf diesen Cassetti abgesehen hatten.»
    «Kennen Sie irgendjemanden, der von dem Fall Armstrong betroffen war und auf den diese Beschreibung passt – klein, dunkler Teint, weibische Stimme?»
    Hardman dachte ein Weilchen nach.
    «Schwer zu sagen. Die von diesem Fall betroffen waren, sind so ziemlich alle tot.»
    «Da war aber doch noch dieses Mädchen, das sich aus dem Fenster gestürzt hat, Sie erinnern sich?»
    «Klar. Da ist was dran. Irgendeine Ausländerin. Hatte vielleicht heißblütige Verwandte. Aber vergessen Sie nicht, dass der Fall Armstrong nicht der

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