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Mord im Orientexpress

Mord im Orientexpress

Titel: Mord im Orientexpress Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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einzige war. Cassetti hat dieses Entführungsgewerbe eine ganze Weile betrieben. Sie sollten sich vielleicht nicht nur auf diesen einen Fall konzentrieren.»
    «Richtig. Allerdings haben wir Grund zu der Annahme, dass der Mord in diesem Zug mit dem Fall Armstrong zu tun hat.»
    Hardman warf ihm einen fragenden Blick zu. Poirot ging nicht darauf ein. Der Amerikaner schüttelte den Kopf.
    «Mir fällt im Zusammenhang mit dem Fall Armstrong niemand ein, auf den diese Beschreibung passt», sagte er langsam. «Aber ich war natürlich nicht damit befasst und weiß kaum darüber Bescheid.»
    «Nun gut. Fahren Sie mit Ihrer Erzählung fort, Mr. Hardman.»
    «Da gibt es wenig zu erzählen. Ich habe tagsüber geschlafen und nachts Wache gehalten. In der ersten Nacht ist nichts Verdächtiges passiert. Letzte Nacht auch nicht – aus meiner Sicht. Ich hatte meine Tür einen Spaltbreit offen und habe aufgepasst. Da ist kein Fremder vorbeigekommen.»
    «Sind Sie sich dessen sicher, Mr. Hardman?»
    «Absolut sicher. Niemand ist von außen in den Zug gestiegen, und niemand ist aus den hinteren Wagen gekommen. Das kann ich auf meinen Eid nehmen.»
    «Konnten Sie von Ihrem Abteil aus den Schaffner sehen?»
    «Klar. Er sitzt doch auf diesem Notsitz, praktisch vor meiner Tür.»
    «Hat er diesen Platz irgendwann verlassen, nachdem der Zug in Vincovci gehalten hatte?»
    «War das der letzte Halt? Aber ja. Es wurde ein paar Mal nach ihm geklingelt – kurz nachdem der Zug stecken geblieben war, muss das gewesen sein. Danach ist er dann an mir vorbei in den hinteren Wagen gegangen – war etwa eine Viertelstunde fort. Irgendjemand hat dann nach ihm geklingelt wie verrückt, und er kam im Laufschritt zurück. Ich bin auf den Korridor hinausgegangen, um zu sehen, was da los war – mir war ein bisschen mulmig, wenn Sie verstehen –, aber das war nur meine Landsmännin, die hat wegen irgendetwas Theater gemacht. Ich hab mir eins gegrinst. Dann ist er noch in ein anderes Abteil gegangen und hat für irgendwen eine Flasche Mineralwasser geholt. Anschließend saß er wieder da, bis er nach vorn gerufen wurde, um irgendjemandes Bett herzurichten. Ich glaube, danach hat er sich bis morgens um fünf nicht mehr vom Fleck gerührt.»
    «Ist er irgendwann einmal eingenickt?»
    «Weiß ich nicht. Kann aber sein.»
    Poirot nickte. Seine Hände strichen wie von selbst die vor ihm liegenden Papiere glatt. Er nahm noch einmal die Visitenkarte.
    «Seien Sie so gut und zeichnen Sie mir das hier mit Ihren Initialen ab», sagte er.
    Hardman tat es.
    «Es gibt wohl niemanden, der Ihre Geschichte und Ihre Identität bestätigen kann, Mr. Hardman?»
    «In diesem Zug? Hm, nicht direkt. Höchstens der junge MacQueen. Ich kenne ihn ganz gut – hab ihn oft genug in der Dienststelle seines Vaters in New York gesehen – aber das heißt nicht, dass er mich auch noch kennt – da gingen ja so viele Leute ein und aus. Nein, Monsieur Poirot, Sie werden sich in Geduld fassen und nach New York telegrafieren müssen, wenn der Schnee uns freigibt. Aber es stimmt alles. Ich erzähle Ihnen keine Märchen. Also, bis dann, meine Herren. Freut mich, Sie kennen gelernt zu haben, Monsieur Poirot.»
    Poirot hielt ihm sein Zigarettenetui hin.
    «Oder rauchen Sie vielleicht lieber Pfeife?»
    «O nein, danke.»
    Hardman nahm eine Zigarette und verzog sich schnell.
    Die drei Männer sahen einander an.
    «Halten Sie ihn für echt?», fragte Dr. Constantine.
    «Doch, ja. Ich kenne den Typ. Außerdem wäre seine Geschichte viel zu leicht zu widerlegen.»
    «Er hat uns einige hochinteressante Anhaltspunkte geliefert», meinte Monsieur Bouc.
    «Ja, in der Tat.»
    «Kleiner Mann mit dunklem Teint und hoher Stimme», sagte Monsieur Bouc nachdenklich vor sich hin.
    «Eine Beschreibung, die auf niemanden in diesem Zug passt», sagte Poirot.

Zehntes Kapitel

Das Zeugnis des Italieners
     
    U nd nun», sagte Poirot mit einem Funkeln im Blick, «werden wir Monsieur Boucs Herz erfreuen und uns den Italiener vornehmen.»
    Antonio Foscarelli kam geschmeidig wie eine Katze in den Speisewagen. Er strahlte übers ganze Gesicht. Es war ein typisch italienisches Gesicht: sonnige Miene und dunkler Teint.
    Er sprach fließend und fast akzentfrei Französisch.
    «Ihr Name ist Antonio Foscarelli?»
    «Ja, Monsieur.»
    «Sie sind, wie ich sehe, eingebürgerter Amerikaner?»
    Der Amerikaner grinste.
    «Ja, Monsieur. Das ist besser fürs Geschäft.»
    «Sie haben eine Vertretung für Ford-Automobile?»
    «Ja,

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