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Mord im Orientexpress

Mord im Orientexpress

Titel: Mord im Orientexpress Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Arbuthnot.»
    «Oh!», machte Dr. Constantine enttäuscht. «Dann hat es mit dem Verbrechen also gar nichts zu tun?»
    «Genau», sagte Poirot.
    Er begann wieder vor sich hin zu träumen und mit den Fingern leise auf dem Tisch zu trommeln. Dann sah er auf.
    «Colonel Arbuthnot raucht Pfeife», sagte er. «In Mr. Ratchetts Abteil habe ich einen Pfeifenreiniger gefunden. Mr. Ratchett rauchte nur Zigarren.»
    «Sie meinen –?»
    «Er ist bisher der Einzige, der zugibt, Pfeife zu rauchen. Und er wusste von Colonel Armstrong – kannte ihn vielleicht sogar, obwohl er das nicht zugibt.»
    «Sie halten es also für möglich –?»
    Poirot schüttelte energisch den Kopf.
    «Das ist es eben – es ist unmöglich – völlig unmöglich – dass ein ehrenhafter, nicht sonderlich gescheiter, aufrechter Engländer zwölfmal mit dem Messer auf einen Feind einsticht! Fühlen Sie nicht selbst, meine Freunde, wie unmöglich das ist?»
    «Die Mentalität», sagte Monsieur Bouc.
    «Und die Mentalität gilt es zu respektieren. Dieses Verbrechen trägt eine Unterschrift, und das ist gewiss nicht die Unterschrift eines Colonel Arbuthnot. Wenden wir uns der nächsten Vernehmung zu.»
    Diesmal erwähnte Monsieur Bouc den Italiener nicht. Aber er dachte an ihn.

Neuntes Kapitel

Das Zeugnis des Mr. Hardman
     
    A ls letzter Fahrgast der ersten Klasse war nur noch Mr. Hardman zu vernehmen – der vierschrötige, laute Amerikaner, der mit dem Italiener und dem Diener an einem Tisch gesessen hatte.
    Er trug einen aufdringlichen karierten Anzug mit rosa Hemd und blitzender Krawattennadel, und als er in den Speisewagen trat, wälzte er irgendetwas mit der Zunge im Mund herum. Er hatte ein grobes, feistes Gesicht, wirkte aber gutmütig.
    «Morgen, die Herren», sagte er. «Was kann ich für Sie tun?»
    «Sie haben schon von diesem Mord gehört, Mr. – äh – Hardman?»
    «Klar.»
    Er wendete geschickt seinen Kaugummi.
    «Wir sehen uns genötigt, alle Reisenden in diesem Zug zu vernehmen.»
    «Soll mir recht sein. Anders kommt man da wohl nicht weiter.»
    Poirot konsultierte den vor ihm liegenden Pass.
    «Sie sind Cyrus Bethman Hardman, amerikanischer Staatsbürger, einundvierzig Jahre alt und Handlungsreisender für Schreibmaschinenfarbbänder?»
    «Stimmt, der bin ich.»
    «Sie sind auf dem Weg von Istanbul nach Paris?»
    «Richtig.»
    «Grund der Reise?»
    «Geschäftlich.»
    «Reisen Sie immer erster Klasse, Mr. Hardman?»
    «Jawohl, Sir. Die Firma zahlt meine Reisespesen.»
    Er zwinkerte ihnen zu.
    «Nun gut, Mr. Hardman. Sprechen wir über die Ereignisse der vergangenen Nacht.»
    Der Amerikaner nickte.
    «Was können Sie uns darüber sagen?»
    «Haargenau nichts.»
    «Ach, wie schade. Vielleicht können Sie uns aber wenigstens sagen, Mr. Hardman, was Sie gestern Abend alles getan haben, ab dem Abendessen?»
    Zum ersten Mal schien der Amerikaner mit seiner Antwort zu zögern. Schließlich sagte er:
    «Entschuldigen Sie, meine Herren, aber wer sind Sie eigentlich? Klären Sie mich doch bitte mal auf.»
    «Das hier ist Monsieur Bouc, Direktor der Compagnie internationale des wagons-lits. Dieser Herr ist der Arzt, der die Leiche untersucht hat.»
    «Und Sie?»
    «Ich bin Hercule Poirot. Die Eisenbahngesellschaft hat mich beauftragt, in diesem Fall zu ermitteln.»
    «Von Ihnen habe ich gehört», sagte Mr. Hardman. Er dachte eine Weile nach. «Vielleicht sollte ich lieber die Karten auf den Tisch legen.»
    «Es wäre Ihnen sicher anzuraten, uns alles zu sagen, was Sie wissen», versetzte Poirot trocken.
    «Das wäre ein großes Wort, wenn es etwas gäbe, was ich Ihnen erzählen könnte. Aber ich weiß ja nichts. Ich weiß überhaupt nichts – wie schon gesagt. Dabei sollte ich eigentlich etwas wissen. Das ist es doch, was mich so fuchst. Ich sollte etwas wissen.»
    «Würden Sie mir das bitte erklären, Mr. Hardman?»
    Mr. Hardman seufzte, nahm seinen Kaugummi aus dem Mund und steckte eine Hand in die Tasche. Dabei schien sich seine ganze Persönlichkeit zu verwandeln. Er wurde von der Bühnenfigur zu einem fast normalen Menschen. Seine laute, näselnde Stimme bekam einen gemäßigteren Klang.
    «Dieser Pass ist Augenwischerei», sagte er. «Hier, das bin ich wirklich.»
    Poirot nahm die Visitenkarte in Augenschein, die ihm über den Tisch geschnippt wurde. Monsieur Bouc sah ihm über die Schulter.
     
    Mr. Cyrus B. Hardman
    Detektei McNeil
    New York
     
    Poirot kannte den Firmennamen. Es handelte sich um eine der bekanntesten und

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