Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord im Pfarrhaus

Mord im Pfarrhaus

Titel: Mord im Pfarrhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
sagte Griselda. «Glaubst du nicht auch, Len? Ich meine, dass er sich freiwillig stellt, sieht ganz danach aus.»
    Miss Marple beugte sich eifrig vor. «Er hat sich gestellt, sagen Sie?»
    «Ja.»
    «Oh!» Miss Marple seufzte tief. «Ich bin so froh – so überaus froh.»
    Ich schaute sie überrascht an. «Es beweist wahre Reue, nehme ich an.»
    «Reue?» Miss Marple sah sehr überrascht aus. «Oh, aber bestimmt, mein lieber, lieber Pfarrer, halten Sie ihn doch nicht für schuldig?»
    Jetzt starrte ich sie an. «Aber da er gestanden hat…»
    «Ja, aber das beweist es doch gerade, nicht wahr? Ich meine, dass er nichts damit zu tun hatte.»
    «Nein», sagte ich. «Vielleicht bin ich schwer von Begriff, aber das verstehe ich nicht. Wenn Sie einen Mord nicht begangen haben, sehe ich nicht ein, warum Sie es behaupten sollten.»
    «Oh, natürlich gibt es dafür einen Grund!», erwiderte Miss Marple. «Selbstverständlich. Es gibt immer einen Grund, nicht wahr? Und junge Männer sind so hitzköpfig und neigen oft dazu, das Schlimmste anzunehmen.»
    Sie wandte sich an Griselda. «Stimmen Sie mir nicht zu, meine Liebe?»
    «Ich – ich weiß nicht», sagte Griselda. «Es ist schwer zu wissen, was man denken soll. Ich sehe keinen Grund dafür, dass Lawrence sich wie ein Idiot benimmt.»
    «Wenn Sie gestern Abend sein Gesicht gesehen hätten…», fing ich an.
    «Erzählen Sie», bat Miss Marple.
    Ich beschrieb meine Heimkehr, und sie hörte aufmerksam zu.
    Als ich fertig war, sagte sie: «Ich weiß, dass ich oft ziemlich töricht bin und die Dinge nicht so sehe, wie ich sollte, aber ich verstehe wirklich nicht, worauf Sie hinauswollen. Mir scheint, wenn ein junger Mann sich zu der großen Niedertracht entschlossen hätte, einen Mitmenschen umzubringen, dann würde er hinterher nicht verwirrt wirken. Es wäre eine vorbedachte und kaltblütige Tat, und obwohl der Mörder ein wenig aufgeregt sein könnte und vielleicht einen kleinen Fehler machen würde, halte ich es für unwahrscheinlich, dass er so aufgewühlt wäre, wie Sie es beschreiben. Es ist schwer, sich in eine solche Lage zu versetzen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ich selbst in einen solchen Zustand geriete.»
    Ich widersprach. «Wir kennen die Umstände nicht. Wenn es einen Streit gab, könnte der Schuss in einem plötzlichen Wutanfall abgegeben worden sein, und Lawrence wäre hinterher vielleicht entsetzt über das, was er getan hat. In der Tat ziehe ich vor zu glauben, dass es so geschehen ist.»
    «Ich weiß, lieber Mr Clement, dass es viele Möglichkeiten gibt, die wir bei der Betrachtung der Dinge vorziehen. Aber man muss doch den Tatsachen ins Gesicht sehen, oder nicht? Und mir scheint, die Tatsachen vertragen Ihre Interpretation nicht. Ihr Mädchen hat eindeutig ausgesagt, dass Mr Redding nur ein paar Minuten im Haus war, bestimmt nicht lange genug für einen Streit, wie Sie ihn beschreiben. Und außerdem höre ich, dass der Colonel in den Hinterkopf geschossen wurden, während er einen Brief schrieb – jedenfalls hat mir das mein Mädchen erzählt.»
    «Das stimmt», sagte Griselda. «Er hat offenbar geschrieben, dass er nicht länger warten kann. Auf der Nachricht stand die Uhrzeit 6.20, und die Uhr auf dem Schreibtisch war umgefallen und um 6.22 stehen geblieben, und das hat Len und mich so schrecklich irritiert.»
    Sie erklärte unsere Gewohnheit, die Uhr immer eine Viertelstunde vorzustellen. «Sehr merkwürdig», sagte Miss Marple. «Tatsächlich sehr merkwürdig. Aber die Nachricht kommt mir sogar noch merkwürdiger vor. Ich meine…»
    Sie schaute sich um. Lettice Protheroe stand vor der Glastür. Sie kam herein, nickte uns zu und murmelte: «Morgen.»
    Sie ließ sich auf einen Stuhl fallen und sagte wesentlich lebhafter als üblich: «Wie ich höre, haben sie Lawrence verhaftet.»
    «Ja», sagte Griselda. «Es hat uns sehr überrascht.»
    «Ich hätte wirklich nie gedacht, dass jemand Vater ermorden würde.» Lettice war offenbar stolz darauf, sich weder Kummer oder sonst eine Gefühlsregung anmerken zu lassen. «Viele Leute wollten es, davon bin ich überzeugt. Es gab Zeiten, in denen ich es selbst gern getan hätte.»
    «Möchten Sie nicht etwas essen oder trinken, Lettice?», fragte Griselda.
    «Nein, danke. Ich bin nur vorbeigekommen, um zu sehen, ob Sie meine Baskenmütze haben – eine komische kleine gelbe. Ich glaube, ich habe sie gestern im Arbeitszimmer liegen lassen.»
    «Wenn, dann ist sie noch da», sagte Griselda. «Mary

Weitere Kostenlose Bücher