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Mord im Pfarrhaus

Mord im Pfarrhaus

Titel: Mord im Pfarrhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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um Fußspuren zu suchen, wobei er munter bemerkte, dass es zum Glück nur den alten Protheroe erwischt hatte, den keiner leiden konnte.
    Seine muntere Gefühllosigkeit ging mir gegen den Strich, aber ich überlegte, dass ich vielleicht zu streng mit dem Jungen war. In seinem Alter gehört eine Kriminalgeschichte zu den besten Dingen im Leben, und eine wirkliche Kriminalgeschichte komplett mit Leiche sozusagen an der eigenen Haustür muss einen Jungen mit gesunden Instinkten in den siebten Himmel schicken. Der Tod bedeutet einem Jungen von sechzehn sehr wenig.
    Griselda kam nach etwa einer Stunde zurück. Der Kommissar hatte Anne Protheroe gerade die Nachricht überbracht, als Griselda in Old Hall eintraf.
    Als Slack hörte, dass Mrs Protheroe ihren Mann zuletzt um Viertel vor sechs im Dorf gesehen hatte und keinerlei Licht in die Sache bringen konnte, hatte er angekündigt, am Morgen zu einem längeren Gespräch zurückzukommen, und war gegangen.
    «Er war auf seine Art ziemlich anständig», gab Griselda widerwillig zu.
    «Wie hat Mrs Protheroe es aufgenommen?», fragte ich.
    «Nun – sie war sehr ruhig – aber das ist sie schließlich immer.»
    «Ja», sagte ich. «Dass Anne Protheroe hysterisch wird, kann ich mir nicht vorstellen.»
    «Natürlich war es ein großer Schock. Das konnte man sehen. Sie hat mir für mein Kommen gedankt und gesagt, sie wisse es sehr zu schätzen, aber es gebe nichts, was ich für sie tun könne.»
    «Und Lettice?»
    «Sie hat irgendwo Tennis gespielt und war noch nicht nach Hause gekommen.» Nach einer Pause sagte Griselda:
    «Weißt du, Len, sie war wirklich sehr ruhig – es war sehr seltsam.»
    «Der Schock», gab ich zu bedenken.
    «Ja – wahrscheinlich. Und dennoch…» Griselda zog verwundert die Brauen zusammen. «Irgendwie wirkte es nicht so. Die Nachricht schien sie weniger umzuwerfen als – nun – zu entsetzen.»
    «Entsetzen?»
    «Ja – sie zeigte es nicht, weißt du. Wenigstens wollte sie es nicht zeigen. Aber sie hatte einen merkwürdigen, wachsamen Blick. Ich frage mich, ob sie irgendeine Ahnung hat, wer ihn tötete. Immer wieder wollte sie wissen, ob jemand verdächtigt wird.»
    «Wirklich?», sagte ich nachdenklich.
    «Ja. Natürlich hat Anne eine wunderbare Selbstbeherrschung, aber man konnte sehen, dass sie schrecklich verstört war. Mehr als ich gedacht hätte, denn schließlich hat sie ihn nicht so sehr geliebt. Ich würde sagen, sie hatte eher eine Abneigung gegen ihn.»
    «Manchmal ändert der Tod die Gefühle», sagte ich.
    «Ja, wahrscheinlich.»
    Dennis kam herein, er war ganz aufgeregt wegen eines Fußabdrucks, den er in einem Blumenbeet entdeckt hatte. Er war überzeugt, dass die Polizei ihn übersehen hatte und dass er ein Wendepunkt bei der Aufklärung des Falls sein würde.
    Ich verbrachte eine sorgenvolle Nacht. Dennis war lange vor dem Frühstück schon wieder auf den Beinen und außer Haus, um «die neuesten Entwicklungen zu untersuchen», wie er sagte.
    Trotzdem war nicht er es, sondern Mary, die uns die Morgensensation mitteilte.
    Wir hatten uns gerade zum Frühstück gesetzt, als sie mit roten Backen und glänzenden Augen hereinplatzte und uns wie gewohnt ohne jede Förmlichkeit ansprach.
    «Das ist doch nicht zu glauben! Der Bäcker hat es mir gerade erzählt. Sie haben den jungen Mr Redding verhaftet.»
    «Lawrence verhaftet», rief Griselda ungläubig. «Unmöglich. Das muss irgendein dummer Irrtum sein.»
    «Da gibts keinen Irrtum, Gnädige», sagte Mary mit einer Art hämischem Jubel. «Mr Redding ist selbst hingegangen und hat sich gestellt. Spät gestern Abend. Geht einfach hinein, wirft die Pistole auf den Tisch und sagt: ‹Ich war es.› Einfach so.»
    Sie schaute uns beide an, nickte heftig und zog sich zufrieden über ihren wirkungsvollen Auftritt zurück. Griselda und ich starrten einander an.
    «Oh! Das ist nicht wahr», sagte Griselda. «Es kann nicht wahr sein.»
    Sie bemerkte mein Schweigen und sagte: «Len, du denkst doch nicht, dass es wahr ist?»
    Es fiel mir schwer, ihr zu antworten. Gedanken wirbelten mir durch den Kopf, während ich schweigend dasaß.
    «Er muss verrückt geworden sein», sagte Griselda. «Total verrückt. Oder glaubst du, sie haben sich zusammen die Pistole angesehen, und sie ging plötzlich los?»
    «Das klingt sehr unwahrscheinlich.»
    «Aber es muss irgendeine Art Unfall gewesen sein. Weil es nicht den Schatten eines Motivs gibt. Welchen Grund auf der Welt könnte Lawrence haben, Colonel Protheroe zu

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