Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord im Pfarrhaus

Mord im Pfarrhaus

Titel: Mord im Pfarrhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
erinnerte mich an ein gewisses beiläufiges Gespräch.
    Ich nahm alle Kraft zusammen.
    «Ich – ich weiß es nicht», sagte ich. «Sie kommen besser her.»
    Und ich gab ihm die Adresse.
    Dann setzte ich mich in den Stuhl Hawes gegenüber und dachte nach.
    Zwei Minuten hatte ich dazu.
    In zwei Minuten würde Melchett kommen.
    Ich nahm den anonymen Brief und las ihn zum dritten Mal.

Neunundzwanzigstes Kapitel
     
    I ch weiß nicht, wie lange ich da saß – in Wirklichkeit wohl nur ein paar Minuten. Doch es kam mir vor, als wäre eine Ewigkeit vergangen, bis ich hörte, wie die Tür geöffnet wurde, und Melchett das Zimmer betreten sah.
    Er starrte den schlafenden Hawes in seinem Sessel an, dann wandte er sich an mich.
    «Was ist das, Clement? Was hat das alles zu bedeuten?» Ich nahm einen der beiden Briefe in meiner Hand und reichte ihn ihm. Er las ihn mit gedämpfter Stimme vor:
     
    Mein lieber Clement
    Ich habe eine sonderbar unangenehme Sache mitzuteilen. Eigentlich ziehe ich es vor zu schreiben. Wir können später darüber reden. Es betrifft die vor kurzem geschehenen Unterschlagungen. Es tut mir Leid, sagen zu müssen, dass ich mich über jeden möglichen Zweifel hinaus von der Identität des Schuldigen überzeugt habe. So schmerzlich es für mich ist, einen ordinierten Priester der Kirche beschuldigen zu müssen, so ist doch meine Pflicht nur zu quälend klar. Ein Beispiel muss statuiert werden und…
     
    Melchett schaute mich fragend an. Hier wurde die Schrift zu einem unleserlichen Gekritzel, wo der Tod die Hand des Schreibenden überrascht hatte.
    Melchett holte tief Luft, dann betrachtete er Hawes.
    «Also das ist die Lösung! Der einzige Mann, den wir nie in Betracht gezogen haben. Und Reue trieb ihn zum Geständnis!»
    «Er war in letzter Zeit sehr sonderbar», sagte ich.
    Plötzlich ging Melchett zu dem Schlafenden und stieß einen überraschten Laut aus. Er packte ihn an der Schulter und schüttelte ihn zuerst sanft, dann mit zunehmender Heftigkeit.
    «Er schläft nicht! Er ist betäubt! Was hat das zu bedeuten?»
    Er sah die leere Tablettenschachtel und griff danach. «Hat er…»
    «Ich glaube, ja», sagte ich. «Er hat sie mir gestern gezeigt. Hat mir erzählt, man hätte ihn vor einer Überdosis gewarnt. Es ist sein Ausweg, armer Kerl. Vielleicht der beste Weg. Es ist nicht an uns, ihn zu richten.»
    Doch Melchett war in erster Linie Bezirkspolizeichef. Die Argumente, die mir einleuchteten, bedeuteten ihm nichts. Er hatte einen Mörder gefangen, und er wollte seinen Mörder hängen sehen.
    In der nächsten Sekunde war er am Telefon und wartete ungeduldig auf die Antwort der Vermittlung. Er bat um Haydocks Nummer. Dann gab es eine weitere Pause, in der er mit dem Hörer am Ohr und dem Blick auf der schlaffen Gestalt im Sessel dastand.
    «Hallo – hallo – hallo – ist dort Dr. Haydock? Kann der Doktor sofort in die High Street kommen? Mr Hawes. Es ist dringend… wie bitte?…Nun, welche Nummer ist es denn… oh, tut mir Leid.»
    Wütend legte er auf.
    «Falsch verbunden, falsch verbunden – immer falsch verbunden. Und das Leben eines Mannes hängt davon ab. Hallo – Sie haben mich falsch verbunden – ja, – verlieren Sie keine Zeit – geben Sie mir drei neun – neun, nicht fünf.»
    Wieder ungeduldiges Warten – diesmal kürzer.
    «Hallo – sind Sie das, Haydock? Melchett am Apparat. Kommen Sie sofort in die High Street 19, bitte. Hawes hat irgendeine Überdosis genommen. Sofort, Mann, es ist lebenswichtig.»
    Er legte auf und ging ungeduldig im Zimmer hin und her.
    «Warum um alles in der Welt Sie nicht sofort den Arzt geholt haben, Clement, kann ich nicht begreifen. Ihr Verstand muss ausgesetzt haben.»
    Zum Glück kommt Melchett nie auf die Idee, dass jemand möglicherweise andere Vorstellungen vom richtigen Verhalten hat als er selbst. Ich sagte nichts, und er fuhr fort:
    «Wo haben Sie diesen Brief gefunden?»
    «Zerknüllt auf dem Boden – wo er ihm aus der Hand gefallen war.»
    «Ganz ungewöhnliche Sache – die alte Jungfer hatte Recht, es war die falsche Nachricht, die wir gefunden haben. Ein Wunder, dass sie darauf gekommen ist. Aber welch ein Esel der Kerl war, dass er diese hier nicht zerrissen hat. Verrückt, sie zu behalten – den verheerendsten Beweis, den man sich denken kann!»
    «Die menschliche Natur ist voll von Inkonsequenzen.»
    «Wenn sie das nicht wäre, würden wir wohl nie einen Mörder fassen! Früher oder später machen sie immer etwas Närrisches. Sie

Weitere Kostenlose Bücher