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Mord im Pfarrhaus

Mord im Pfarrhaus

Titel: Mord im Pfarrhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sind so weit überzeugt.»
    «Verblüffend», sagte ich. Dann fiel mir etwas ein.
    «Ich erinnere mich, dass Mrs Protheroe damals sagte, die Schrift sehe gar nicht nach der ihres Mannes aus, aber ich habe nicht darauf geachtet.»
    «Wirklich?»
    «Ich hielt das für eine dieser albernen Bemerkungen, die Frauen machen. Es schien so sonnenklar, dass Protheroe diese Nachricht geschrieben hatte.»
    Wir schauten einander an.
    «Es ist merkwürdig», sagte ich langsam. «Miss Marple hat heute Abend gesagt, diese Nachricht passe gar nicht.»
    «Zum Teufel mit der Frau, sie könnte nicht mehr über den Mord wissen, wenn sie ihn selbst begangen hätte.»
    In diesem Moment läutete das Telefon. Das Klingeln des Telefons hat eine merkwürdige psychologische Wirkung.
    Jetzt läutete es anhaltend und mit einer Art unheimlicher Bedeutung.
    Ich nahm den Hörer ab.
    «Hier ist das Pfarrhaus», sagte ich. «Wer spricht?»
    Eine merkwürdige, hohe, hysterische Stamme kam durch den Hörer: «Ich will gestehen», sagte sie. «Mein Gott, ich will gestehen.»
    «Hallo», sagte ich, «hallo. Hören Sie, wir wurden getrennt. Welche Nummer war das?»
    Eine träge Stimme sagte, sie wisse es nicht. Sie fügte hinzu, sie bedauere die Störung.
    Ich legte den Hörer zurück und wandte mich an Melchett.
    «Sie haben einmal gesagt, Sie würden wahnsinnig, wenn sich noch jemand des Verbrechens beschuldigen würde.»
    «Und?»
    «Das war jemand, der gestehen wollte… und die Vermittlung hat uns getrennt.»
    Melchett schoss herüber und nahm den Hörer. «Ich werde mit ihnen reden.»
    «Tun Sie das», sagte ich. «Vielleicht haben Sie Erfolg. Ich gehe aus. Mir ist, als hätte ich die Stimme erkannt.»

Achtundzwanzigstes Kapitel
     
    I ch lief durch die Dorfstraße. Es war elf und um elf an einem Sonntagabend könnte man das ganze Dorf St. Mary Mead für tot halten. Ich sah jedoch ein Licht in einem Fenster im ersten Stock, als ich vorbeiging, und da das bedeutete, dass Hawes noch auf war, blieb ich stehen und läutete.
    Nach einer Zeit, die mir lange vorkam, öffnete Hawes’ Hauswirtin Mrs Sadler umständlich zwei Riegel, eine Kette, drehte einen Schlüssel um und spähte misstrauisch heraus.
    «Na so was, der Pfarrer!», rief sie.
    «Guten Abend. Ich möchte Mr Hawes besuchen. Ich habe Licht in seinem Fenster gesehen, er ist also noch auf.»
    «Das mag sein. Ich habe ihn nicht mehr gesehen, seit ich ihm sein Abendessen hinaufgebracht habe. Er hatte einen ruhigen Abend – niemand war bei ihm, und er ist nicht ausgegangen.»
    Ich nickte, ging an ihr vorbei und rasch die Treppe hinauf. Hawes hat ein Schlafzimmer und ein Wohnzimmer im ersten Stock.
    Ich ging in Letzteres. Hawes lag schlafend in einem Sessel. Er wurde nicht wach, als ich hereinkam. Eine leere Tablettenschachtel und ein halb volles Glas Wasser standen neben ihm.
    Auf dem Boden neben seinem linken Fuß lag ein zerknülltes, beschriebenes Blatt Papier. Ich hob es auf und strich es glatt.
    Der Brief begann: «Mein lieber Clement…»
    Ich las ihn durch, machte meinem Erstaunen Luft und steckte ihn in die Tasche. Dann beugte ich mich über Hawes und musterte ihn aufmerksam.
    Als Nächstes griff ich nach dem Telefon neben seinem Ellbogen und gab der Vermittlung die Pfarrhausnummer. Melchett versuchte offenbar immer noch den Anruf zurückzuverfolgen, denn man sagte mir, die Nummer sei besetzt. Ich bat, mich zurückrufen zu lassen, und legte auf.
    Ich steckte die Hand in die Tasche, um noch einmal das Blatt zu lesen, das ich aufgehoben hatte. Mit ihm zog ich den Brief heraus, der im Briefkasten gewesen war und den ich noch nicht geöffnet hatte.
    Er sah erschreckend vertraut aus. Es war die gleiche Schrift wie in dem anonymen Brief, den ich am Nachmittag bekommen hatte.
    Ich riss den Umschlag auf.
    Ich las den Brief einmal – zweimal – und war unfähig, den Inhalt zu erfassen.
    Gerade wollte ich ihn zum dritten Mal lesen, als das Telefon läutete. Wie im Traum nahm ich den Hörer ab und sprach hinein.
    «Hallo?»
    «Hallo.»
    «Sind Sie das, Melchett?»
    «Ja, wo sind Sie? Ich habe den Anruf zurückverfolgt. Die Nummer ist…»
    «Ich kenne die Nummer.»
    «Oh, gut! Sprechen Sie von dort?»
    «Ja.»
    «Was ist mit diesem Geständnis?»
    «Ich habe das Geständnis.»
    «Soll das heißen, Sie haben den Mörder?»
    Da geriet ich in die größte Versuchung meines Lebens. Ich betrachtete das anonyme Gekritzel. Ich betrachtete die leere Tablettenschachtel mit dem Namen Cherubim darauf. Ich

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