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Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman

Titel: Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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mich auf eine Gefahr aufmerksam gemacht hast, die dem Pharao droht. Doch du verdienst auch den Tod, weil es dir nicht gelang, diese Gefahr rechtzeitig abzuwenden. Sollte, was Amun und die anderen tausend Götter der Beiden Reiche verhüten mögen, unserem Herrn und Gott morgen auch nur ein Haar gekrümmt werden, werde ich in meinem Qenbet über dich zu Gericht sitzen und ein Urteil fällen, das deinen Verdiensten und deinen Versäumnissen gerecht wird. Ich werde dir die Nase und beide Ohren abschneiden lassen und dich für immer in eine der Goldminen der nubischen Wüste zur Zwangsarbeit schicken. Doch ich werde dir immerhin dein Leben schenken und du wirst in den Tagen, die dir auf dieser Welt noch bleiben, mehr Gold sehen, als du je zu hoffen gewagt hättest, ja, du wirst es nicht nur sehen, sondern sogar in Händen halten – denn du wirst es mit bloßen Händen aus dem Felsen brechen müssen. Du darfst dich zurückziehen.«
    Rechmire verneigte sich tief und schlich rückwärts hinaus. Er versuchte, ein Zittern zu unterdrücken, doch seine Beine bebten so, dass er beinahe gestolpert wäre. Als er aus dem Schatten des Sonnensegels in die betäubende Grelle des Nachmittages trat, schloss er nicht nur die Augen, um Amuns Strahlen zu entgehen, sondern auch, um die Tränen zurückzuhalten. Er fühlte sich, als würde Sehakek seinen bösen Spaß mit ihm treiben: Was immer Rechmire auch tat, es brachte ihn nicht näher an sein Ziel, sondern nur mit unfehlbarer Sicherheit wieder einen Schritt weiter auf ein schreckliches Schicksal zu. Für einen Moment hatte er gar das absurde Gefühl, als wären alle diese Morde und Untaten Teil einer gigantischen Verschwörung, die sich gegen ihn, Rechmire, richtete, um ihn für immer zu zermalmen.
    Die Schreiber und Sklaven Mentuhoteps hatten sich in den spärlichen Schatten der Stadtmauer gehockt, die Soldaten waren bereits in den Felsen rings um Set-Maat verschwunden. Er fürchtete die Blicke, die Fragen, das falsche Mitleid und die Hohnworte der anderen Schreiber, deshalb strebte er im Laufschritt zum Tor. Er war so schnell, dass sich die ersten Schreiber kaum mühselig und verschlafen aus dem Schatten erhoben hatten, als er bereits die massiven Flügel passiert hatte und ihrem Gesichtskreis entschwunden war.
    Auf der Straße des Dorfes sah sich Rechmire ratlos um. Die Soldaten des Pharaos und Djehutis Medjai sicherten den Prozessionsweg. Zu Kaaper wollte er nicht gehen, denn es gab nichts mehr zu bereden – und außerdem hätte er vielleicht sowieso nicht offen sprechen können, da nun ein Mann aus Merenptahs Leibgarde in der Nähe des Priesters wachen würde. Allein in seinem Haus würde er verrückt werden wie ein Löwe, den man in der Wüste gefangen und in einen viel zu kleinen Käfig gezwängt hatte.
    Rechmire entschloss sich schließlich dazu, noch einmal Kenherchepeschefs Haus zu betreten und zum zehnten Mal seine Papyri und die anderen Hinterlassenschaften durchzusuchen. Er glaubte nicht, dass er dabei noch irgendetwas Neues entdecken könnte, doch er hoffte inständig, dass ihn wenigstens Huneros Gegenwart ein wenig zu beruhigen vermochte.
    Die junge Witwe blickte ihn aufmerksam an, als sie ihm die Tür öffnete. »Ich bringe dir etwas zu trinken«, sagte sie freundlich.
    Rechmire lächelte dankbar. »Ich könnte jetzt einen großen Krug Bier gebrauchen«, stimmte er ihr zu.
    Doch sie lachte und schüttelte den Kopf. Sie trug keine Perücke und ihre kurz geschnittenen, schweren schwarzen Haare wirbelten um ihre Schläfen. »Dein Gesicht ist so weiß wie eine unserer frisch gekalkten Hauswände«, erwiderte sie. »Ich werde dir kühles Wasser holen und dazu Brot und gesüßte Feigen. Du musst jetzt wieder Kräfte sammeln. Denn ich glaube nicht, dass du morgen Zeit haben wirst für ein gutes Mahl.«
    Rechmire dachte an die Schauergeschichten, die man sich in den Tavernen Thebens über die Goldminen in der Wüste erzählte, und grinste bitter. »Ich werde nie wieder Zeit haben für ein gutes Mahl«, murmelte er und ließ sich auf der Liege nieder.
    Und plötzlich brach es heraus aus ihm. Es war, als sei irgendwo in ihm ein Damm gebrochen, wie manchmal zur Zeit der Überflutung urplötzlich ein scheinbar stabiler Deich vor einem Feld bricht. Rechmire erzählte Hunero von allen seinen Nachforschungen, von seinen Vermutungen und Irrtümern, von seinem Verdacht gegen Kaaper und Parahotep, von seiner Ratlosigkeit, wie es jetzt weitergehen sollte. Er erzählte ihr von Mentuhoteps

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