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Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman

Titel: Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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aufklären kann«, sagte Rechmire, um das Gespräch von der drohenden vollständigen Blindheit des Priesters abzulenken. »Doch wie kann ich das tun? Ich habe nicht einen Tropfen Wein, nicht einmal eine Messerspitze Weihrauch dabei, die ich ihm opfern könnte.«
    Kaaper lachte rau. »Amun schert sich nicht um die Opfer der Gläubigen. Er sieht ihr Ka und weiß, ob sie an ihn glauben oder ihn nur mit reichen Gaben täuschen wollen«
    Rechmire sah ihn erstaunt an. Das waren ungewöhnliche Worte für einen Priester, der ja letztlich von den Opfern der Gläubigen nicht schlecht lebte.
    Doch Kaaper fuhr unbeirrt fort, noch bevor ihn der junge Schreiber unterbrechen konnte. »Außerdem glaube ich, dass Amun jedem seine Gunst schenkt, der diesen Frevel austilgen will. Welchen heiligeren Platz gibt es im Oberen und Unteren Reich als den Ort der Wahrheit? Hier ruhen unsere Pharaonen, die zu Osiris geworden sind. Nebenan am Ort der Schönheit schlafen die liebsten Prinzessinnen aus ihrem Harem, ihre teuersten Söhne, ihre treuesten Beamten – und nicht zu vergessen wir, des Amuns Diener. Auch wir lassen uns in den Bergen am Westufer Thebens unsere Gräber in den Fels schlagen, in der Nähe unserer königlichen Herren und unseres Gottes. Ich habe mir schon lange ein Haus der Ewigkeit eingerichtet, nur ein paar hundert Schritte vom Ort der Schönheit entfernt. Und Userhet selbst, der Hohepriester Amuns, lässt sich gerade von Thebens besten Künstlern und, so munkelt man, sogar von den Dienern hier im Dorf, die eigentlich nur das Haus der Ewigkeit des Pharaos ausschmücken dürfen, ein prachtvolles Grab in die Felsen schlagen. Er war am Abend vor der frevelhaften Tat im Dorf, er kennt Kenherchepeschef persönlich. Du wirst nicht nur die Gunst Amuns erlangen, wenn du den Täter findest, Rechmire, sondern auch die Gunst seines Hohepriesters - und ihrer beider Zorn wirst du zu spüren bekommen, solltest du versagen.«
    Rechmires Herzschlag hatte ausgesetzt, als der Vorlesepriester Userhets Namen genannt hatte. Er hatte den Toten gekannt! Kaaper hatte Recht: Würde er den Mörder finden, könnte ihm der Hohepriester seine Gunst erweisen - und zwar auf eine Weise, von der Kaaper sicher nicht einmal zu träumen wagte. Doch würde er den Mörder nicht überführen, dann würde er ihm Baketamun niemals zur Gemahlin geben, selbst wenn er auf anderen Wegen dann doch noch eine glänzende Laufbahn einschlagen könnte.
    Rechmire hatte noch ein Motiv mehr, den Mörder Kenherchepeschefs zu finden. Inzwischen waren es so viele, dass es ihn schwindelig machte.
    »Wenn du meinst, dass mir Amun auch ohne Opfergaben gewogen ist, werde ich jetzt zu ihm beten«, sagte Rechmire nach einer kurzen Pause und ärgerte sich selbst über den unsicheren Klang seiner Stimme. Er wollte nicht, dass der Priester ahnte, wie unklar seine Vorstellungen davon waren, was er nun als Nächstes zu tun hatte.
    Kaaper nickte. »Du wirst Djehuti befragen wollen, den Führer der Medjai am Ort der Wahrheit. Und selbstverständlich Hunero, die Witwe Kenherchepeschefs.«
    Rechmire schloss die Augen. Er sah sich einen Moment lang selbst, wie er in ein Haus trat, in dem Dutzende von laut klagenden Frauen und schreienden Kindern den Verlust des Familienoberhauptes betrauerten. Wie sollte er sich verhalten? Er war schließlich kein Priester, der Erfahrung damit hatte, Trauernde zu trösten.
    »Hatte Kenherchepeschef eine große Familie?«, fragte er vorsichtig.
    Kaaper lachte. »Ich kenne ein paar Menschen im Dorf, die einiges dafür geben würden, wenn sie mehr über die Familie des Ersten Schreibers wüssten. Niemand kennt seine wirklichen Eltern oder den Ort seiner Geburt – oder auch nur das Datum. Kenherchepeschef behauptete, fünfundfünfzig Jahre alt zu sein, aber es können auch zwei oder drei mehr oder weniger sein. Und die Familie, die er selbst in Set-Maat gegründet hat, ist«, der Priester zögerte kurz, »sehr übersichtlich«, setzte er dann ironisch hinzu.
    Rechmire sah ihn überrascht und ein wenig erleichtert an.
    »Der Erste Schreiber war verheiratet, aber er hatte keine Kinder oder Enkel«, erriet er.
    Kaaper verneigte sich leicht. »So ist es. Mentuhotep hat eine gute Wahl getroffen, als er dich auswählte, um diesen Frevel aufzuklären. Du ziehst die richtigen Schlüsse.«
    Rechmire war sich nicht sicher, ob der Priester dies wirklich so meinte oder ob er sich nur über ihn lustig machte. »Es muss Kenherchepeschef bedrückt haben, dass er keine Nachfahren

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