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Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman

Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman

Titel: Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Rippen gestaltet, nach anderen Quellen durch das Herausziehen der Lungenflügel. Jedenfalls sollte der Gefangene dabei möglichst lange am Leben bleiben, denn je mehr Qualen er erdulden musste, desto mehr gefiel das den Göttern. War das alles?«
    Der Commissarius überlegte, und es verstrich wohl eine gute Minute, bis ihm auffiel, dass er gar nicht in seinem Gedächtnis herumgestochert, sondern nur auf den Grund seines Glases geschaut hatte, das aus einem unerfindlichen Grund schon wieder leer war. Er streckte es Professor Rosen entgegen. »Noch einen Kleinen?«, fragte er.
    Der Sprachwissenschaftler nahm ihm das Glas aus der Hand, half ihm auf die Beine und schleppte ihn zur Tür. »Sie sind zwar ein komischer Vogel, aber jetzt gehen wir erst mal runter in die Weinstube, da ist bestimmt Musik.«
    »Wollen Sie nicht vorher etwas anziehen, Verehrtester?«, fragte der Commissarius.
    »Ha!«, sagte Rosen. »Das hätte ich beinahe vergessen.«
    Während der Sprachwissenschaftler sich ankleidete, hielt sich Commissarius Funke an der Wand fest. Das kann ja heiter werden, dachte er.
    Bayreuther Eck
    Otto hatte geglaubt, den Pförtner des Völkerkundemuseums in der Menge gesehen zu haben, aber als er genauer hinschaute, konnte er ihn nicht mehr entdecken. Entweder hatte er sich getäuscht, oder der Pförtner war durch einen Seitenausgang verschwunden.
    Otto war in den Festsaal getreten, der eine rustikale Kassettendecke hatte. An den vertäfelten Wänden waren repräsentative Messingarme mit hohen Glaszylindern angebracht worden, in denen ein helles Gaslicht brannte. Mehrere Stuhlreihen boten ungefähr hundert Zuhörern Platz und waren auf eine erleuchtete Bühne hin ausgerichtet, auf der ein dürrer Mann mit Spitzbart stand und sich mit einem weißen Taschentuch über den kahlen Kopf strich.
    Otto folgte dem Major a.   D. Schmitz über die knarrenden Kieferndielen und blickte im Vorbeigehen auf einen Verkaufsstand, an dem man die Bücher des Referenten und den »Politischen Bilderbogen«, eine antisemitische Karikaturserie zu je dreißig Pfennig das Stück, erwerben konnte. Er las Titel wie »Die Juden im Reichstag«, »Das Blutgeheimniß«, »Deutscher Todtentanz«, »Ahlwardts Heldenthaten« oder das »Juden- ABC «. In der sechsten Reihe zwängte er sich an spitzen Knien vorbei, ehe er sich auf einen harten Stuhl setzte. Nach und nach füllten sich auch die vorderen Reihen, bis ein Kellner in den Saal trat und dem Referenten zurief, dass sich niemand mehr im Schankraum aufhalten würde und dass er beginnen könne.
    Der Spitzbartträger trug einen karierten Anzug, an seiner rechten Hand glänzte ein protziger Siegelring. Er wischte sich noch einmal über die Stirnglatze, ehe er sich so tief verbeugte, dass seine Nase beinahe den Boden berührte. »Guten Abend, meine Herrren«, sagte er und rollte dabei das »R« mit Genuss, wie es wohl ein schneidiger Leutnant tun würde. Zusammen mit seinem Aussehen verlieh ihm diese Sprechweise eine skurrile Note, die ihn beinahe wie einen Komödianten erscheinen ließ. »Wenn ich mich kurz vorstellen darf. Karl, ach nein, Hermann, ach lieber doch nicht. Ich heiße Diether Jaudensudt …«
    »Der ist gut, was?«, sagte der Major a.   D. Schmitz und knuffte ihm in die Seite.
    Auch das übrige Publikum hatte gelacht. Otto dachte zunächst, dass die offensichtliche Verwendung eines Pseudonyms, wie sie von vielen Autoren antisemitischer Hetzschriften benutzt wurden, um sich einer möglichen Strafverfolgung zu entziehen, der Anlass für die allgemeine Erheiterung gewesen war, aber auch der Klang des Namens kam ihm seltsam vor. Hatte der Referent möglicherweise eine Botschaft eingebaut, die sich ihm nicht auf Anhieb erschloss? Er nahm den Namen im Geiste auseinander und sortierte die Buchstaben neu.
    »Das Thema meines heutigen Vortrags lautet«, fuhr der Referent fort, »warum brauchen Juden Christenblut? Ja, warum denn nur? Wie Sie vielleicht mitbekommen haben, hat das Reichsgericht mit dem Beschluss vom zweiten Juni festgestellt, dass der Tatbestand des Paragrafen 166 RS t GB nicht nur erfüllt ist, wenn sich der Volkszorn in rüden Worten entlädt, nein, er ist auch erfüllt, wenn nichts als beweisbare Fakten vorgetragen werden. Die Verwendung des Wortes ›Rrritualmord‹ ist jetzt unter Androhung von Strafe verboten. Deshalb werde ich das Wort ›Rrritualmord‹ nicht mehr in den Mund nehmen, um die religiösen Gefühle der Itzigs nicht zu verletzen. Wenn ich ›Rrritualmord‹

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