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Mord in Der Noris

Mord in Der Noris

Titel: Mord in Der Noris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Kirsch
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Spinat und einer Flasche Himbeeressig, zwei Päckchen
Spaghettini und hundertfünfzig Gramm Salamiaufschnitt, einer
Tausend-Gramm-Packung »Frankenland«-Topfen und zweihundert Gramm frischem
Parmesan von der Käsetheke, mit gerebeltem Majoran, einer Packung
tiefgefrorener Fischstäbchen, einem Sack Kartoffeln der Sorte Quarta, einer
Stange Baguette, sechs oberpfälzischen Bio-Eiern, einem Sechserpack Joghurt und
einem Bund Petersilie.
    Drei schwere Tüten schleppte sie aus dem Geschäft und
wunderte sich, wie ihre zweiundachtzigjährige Mutter solche Einkäufe ohne Auto,
mit einem steilen Anstieg und einem fünfzehnjährigen Rauhaardackel bewältigte.
Ohne zu klagen.
    Eine Stunde später war der Kühlschrank gefüllt. Nun
stand sie vor der diffizilen Aufgabe, sich aus seinem konfusen Sortiment ein
Menü zusammenzustellen. Sie traf ihre Wahl zugunsten der Fertigpizza und des
Vanilleeises als Dessert. Eine Flasche Riesling von der Mosel für lächerliche
fünf Euro – feinherb, Jahrgang 2010, Steillage – vervollständigte diese
raffinierte Speisenabfolge.
    Nachdem sie sich eine Zigarette angezündet hatte, ging
ihr die dürre, abgemagerte Elvira Platzer durch den Kopf. Was sie wohl zu Abend
gegessen hatte – und vor allem: wo? Zusammengekauert auf ihrem Schlafsessel?
    Dann verselbstständigten sich ihre Gedanken. Niemand,
mit dem sie bislang über das Opfer gesprochen hatte, schien Anteil zu nehmen an
seinem vorzeitigen, gewaltsamen Tod. Niemand zeigte irgendein Zeichen von
Mitgefühl, von Mitleid ganz zu schweigen. Niemand außer dem Exmann. Und selbst
bei ihm hatte sie eher die rasende Wut auf den Mörder seiner geschiedenen Frau
als die Trauer über ihren Tod erkannt.
    Woran lag diese auffallende Teilnahmslosigkeit, mit
der Elvira Platzers Angehörige, Nachbarn und Kollegen auf die Grausamkeit
dieses Mords reagierten? Lag es am angeblichen Geiz der Platzer, an ihrem
Egoismus, an ihrem Wesen also, oder an ihrem Müll?
    Sie drückte die Zigarette aus, stellte Teller, Besteck
und Weinglas ins Spülbecken und schaltete das Licht in der Küche aus. Noch ein
langer Blick auf die erleuchtete Burg. Und da, im Angesicht der
mittelalterlichen Kaiserstallung und des davor lagernden tiefen dunklen
Burggrabens, fiel ihr die Antwort auf ihre Frage ein.
    Es lag an ihrem ganzen armseligen Leben. Denn wenn
eine solche Katastrophe wie ein Mord in ein Leben tritt, das reich mit Glück
und Überfluss gesegnet ist, nur dann scheint es sich wohl um eine wahre, um
eine von der Außenwelt auch nachvollziehbare Tragödie zu handeln. Gerade so,
als nähme die Tragödie ihr Maß an der Höhe des Absturzes, die bei Elvira
Platzer als zu gering schien, um sie als dramatisch zu empfinden.
    Doch das war eine Täuschung, dachte Paula, die noch
immer grübelnd im Rahmen ihrer Küchentür stand. Die Tragik dieses Todes der
Elvira Platzer mochte zwar unauffälliger als bei anderen Mordfällen
daherkommen, war aber nicht weniger grausam. Nein, ganz im Gegenteil.
    Paula löste sich vom Türrahmen, nahm Elvira
Platzers Tüte und trug sie ins Wohnzimmer. Dort, auf dem Couchtisch, breitete
sie den Inhalt aus: vier Eierbecher, einer davon aus Alpaka-Silber, eine
Baseballkappe, die ungetragen wirkte, ein Türknauf aus Messing, eine alte
Polaroid-Kamera, ein kleiner Bilderrahmen, geschnitzt aus Lindenholz, eine alte
Mundharmonika von Hohner mit Originalschachtel, ein leeres Parfümfläschchen,
ein Operngucker in einem schwarzen Lederetui und ein Buch, noch in Zellophan
verschweißt. »Simplify your Life«, der Klassiker unter all den Entrümpelungs-
und Wegwerf-Ratgebern. Sicher in guter Absicht geschenkt von jemandem, der die
Wirkung von gedrucktem Papier auf Elvira Platzer allerdings weit überschätzte.
Kein Foto, kein Brief, nichts, was auf tiefergehende persönliche Kontakte der
Toten hingewiesen hätte. Und damit auch nichts, was Paula irgendwie weiterhelfen
konnte. Enttäuscht packte sie die Sachen wieder in die Tüte, stellte sie an die
Wohnungstür und ging ins Bett.

6
    Noch bevor sie ihr Stalker belästigen
konnte, weckte sie am nächsten Morgen das Telefon aus dem Schlaf. Sie sah auf
das Display: Es zeigte die Handynummer von Paul Zankl, der um diese Uhrzeit
nicht mehr daheim, aber auch noch nicht an seinem Arbeitsplatz sein konnte. In
dem bangen Gefühl, dass ihm etwas passiert war und er ihre Hilfe brauchte, nahm
sie den Hörer ab.
    »Ja, Paul, ist was?«
    »Guten Morgen erst mal, nein, es ist nichts. Oder
doch, natürlich ist was. Deshalb

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