Mord in Der Noris
dich ja. Das passt schon so.«
Sie nahm sich vor, in Zukunft besser darauf zu achten,
überdurchschnittliche Leistungen ihrer Mitarbeiter zu würdigen. Und da man
solche Vorhaben nicht auf die lange Bank schieben soll, machte sie jetzt gleich
beherzt den Anfang.
»Auf jeden Fall bin ich dir sehr dankbar, dass du mir
sofort zu Hilfe gekommen bist am Mittwoch. Das wollte ich bloß mal in aller
Deutlichkeit zum Ausdruck bringen. Und auch dass du so schnell die
Konteneinsicht beantragt hast, finde ich ganz prima. Danke.«
»Mensch, Paula, das ist doch Routinearbeit, das ist
nichts Besonderes. Dafür bin ich ja da.«
»Schon, aber bei mir hätte es viel länger gedauert.«
Sie hatte den Eindruck, dass ihr Lob Heinrich
vollkommen egal war. Da gab sie ihr Vorhaben wieder auf. Denn im Prinzip hatte
er ja recht: Dazu war er da und dafür wurde er bezahlt, damit er solche
Arbeiten erledigte.
»Hast du jetzt schon die Konten ausgewertet?«
»Ja, noch nicht bis ins letzte Detail, das mache ich
dann im Anschluss, aber einen Überblick hab ich mir verschafft. Also, die Rupp
steht finanziell gut da, zwar nicht so gut wie ihre Tochter, aber sie hat eine
Witwenrente und eine fast so hohe eigene Rente. Keine Schulden.«
»So, na ja, das habe ich mir fast schon gedacht. Und
bei der Familie Weber, wie sieht es da aus?«
»Nicht so rosig. Frank Weber hat schon seit Längerem
mit Schulden zu kämpfen. Er und seine Frau haben sich wohl bei dem Hauskauf
finanziell übernommen. Die Mitarbeiterin der Sparkasse, bei der ich nachgefragt
habe, sagte mir, dass sie ihm im letzten Jahr die Zwangsversteigerung des
Hauses ankündigen mussten. Die wusste auch von seiner langjährigen
Arbeitslosigkeit. Dem ist einfach peu à peu das Geld ausgegangen. Im Herbst
letzten Jahres hat er das Haus dann auf seine Töchter überschreiben lassen. Die
beiden kommen den Verbindlichkeiten zwar besser nach als ihr Vater, aber es
reicht halt hinten und vorn nicht. Zumal ja nur die eine, diese Jeannette, ein
geregeltes Einkommen hat.«
»Aha. Das ist doch schon mal was. Da haben sie uns
also angelogen. Und insofern werden wir ihnen demnächst wieder einen Besuch
abstatten. Ach nein, die laden wir vor. Alle drei. Und vernehmen sie getrennt.
Und wie schaut es bei Herrn Platzer aus?«
»Genau wie bei der Rupp: keine Schulden, nichts
Auffälliges. Aber große Sprünge kann er auch nicht machen.«
»Was ist eigentlich aus den Phantombildern geworden?
Sind die zwei Zeugen gestern noch gekommen?«
»Das hätte ich jetzt fast vergessen.« Heinrich griff
unter seine aufgeschlagene Zeitung und hielt ihr eine dieser hellgrauen Akten
entgegen, wie sie im Präsidium benutzt wurden. »Das ist was zum Lachen.«
Sie schlug die Akte auf, sah sich die beiden
Computerausdrucke an und – musste tatsächlich hellauf lachen. Die Zeichnungen
zeigten zwei Männerköpfe, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Der
eine hatte ein rundes Gesicht, eine Stupsnase, große dunkle Augen, volle Lippen
und Wangen, der andere schmale helle Augen, dünne Lippen, eine gekrümmte Nase
und eingefallene Wangen. Nur in zwei Punkten stimmten die Porträts überein: in
der dunklen Baseballkappe und dem funkelnden Ohrstecker im linken Ohr, den
beide Zeichnungen aufwiesen. Die Kappe hatte zudem in der Mitte über dem Schirm
ein kreisrundes Logo, das nicht näher ausgeführt war.
Paula kam die Schatztüte des Opfers in den Sinn. Die
Kappe, die, wenn sie sich richtig erinnerte, oberhalb des Schirms doch
ebenfalls einen runden Aufdruck – oder war es eine Stickerei? – aufwies. Jetzt
bedauerte sie, die Plastiktüte samt Inhalt daheim gelassen zu haben. Sie hatte
Eva Brunner nicht mit so einer billigen Discounter-Tasche gegenübertreten
wollen. Aber vielleicht hatte diese Ähnlichkeit auch gar nichts zu bedeuten?
Mit Sicherheit hatte sie das nicht.
»Na ja«, sagte sie nach einer Weile, »für eine
Öffentlichkeitsfahndung gibt das nichts her. Aber es ist trotzdem besser als
gar nichts.«
Heinrich, der sie die ganze Zeit beobachtet hatte,
meinte dazu nur: »Das hilft uns doch in keiner Weise weiter. Das reicht nicht
mal für einen Fahndungsanhalt. Was glaubst du, wie viele allein hier in
Nürnberg mit so etwas umeinanderlaufen? Mit so einem Ohrring und so einer
Kappe. Zehntausende!«
»Ehrlich? Bei der Kappe geb ich dir recht, aber nicht
bei dem speziellen Stecker. Das ist kein normaler Ohrstecker, der ist mit einem
Hochkaräter besetzt. So was kann sich doch nicht jeder
Weitere Kostenlose Bücher