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Mord in der Vogelkoje

Mord in der Vogelkoje

Titel: Mord in der Vogelkoje Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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fertig«, sagte Borg bedächtig. »Diese Entenart breitet sich seit Jahrzehnten in Europa nach Westen aus und brütet mittlerweile sogar in Kolonien von Möwen und Seeschwalben.«
    »Ob unser Vogelkundler sie hier ansiedeln wollte?«, grübelte Asmus laut, um die Vermutung gleich zurückzunehmen. »Sollte ein Scherz sein.«
    »Das weiß ich nicht. Aber eines weiß ich genau: Wer in der Nähe von Seeschwalben nistet, muss robust und resistent gegen Lärm sein. Ich kenne keine aggressiveren Vögel als Seeschwalben zur Brutzeit. In der Klinik habe ich schon gelegentlich Verletzungen durch deren spitze Schnäbel behandelt. Selbst gehe ich nur mit einem kräftigen Stock über der Schulter am Ufer spazieren.«
    »Auch meine Erfahrung«, pflichtete ihm Asmus bei.
    »So. Und jetzt zu der Reiherente als Lockente im Speziellen. Auch dazu hat mein Zoologe nützliche Kenntnisse. Attrappen von Reiherenten hat er bisher nur am Bodensee gesehen, wo Schweizer und Deutsche mit ihrer Hilfe jagen. Die schießen die Enten. Netze und Pfeifen kennen sie nicht.«
    »Aha.«
    »Und noch eins: Die genaue Nachbildung der Ente einschließlich der Farbgebung ist für manche Arten wichtig. Anderen Arten ist sie egal, die kann man auch mit einem Strohwisch locken.«
    »Föhrer Enten zum Beispiel. Die Reiherente braucht also eine genaue Abbildung«, fasste Asmus zusammen.
    »Offenbar. Rein zoologisch ist noch interessant, dass die in unseren Entenkojen gefangenen Arten fast ausschließlich Schwimmenten sind, während die Reiherenten Tauchenten sind. Die Unterschiede sind so speziell, dass du selbst nachlesen solltest, mein Lieber.« Borg tippte auf die Papiere, ließ seine Füße kreisen und stand auf. »Ich muss in die Klinik.«
    »Ja, gleich. Erwähnt der Kollege zufällig Löcher im Boden der Ente?«
    »Ja, die erklärt er als Gewichtserleichterung. Ein Jäger, der weit laufen muss, um zu den Enten zu kommen, ist dankbar für jedes Gramm, das er nicht tragen muss. Der hat auch sein Gewehr mit Munition und auf dem Rückweg dieBeute zu schleppen und das bei häufig unwegsamem Gelände. Manchmal müssen einzelne Löcher auch dazu herhalten, Blei aufzunehmen, um die Enten so zu beschweren, dass sie in der richtigen Position auf dem Wasser liegen.«
    »Womit der Gewichtsvorteil zum Teil wieder aufgehoben wird. Aber natürlich besser, als wenn sie kentern und kieloben schwimmen.«
    »Ja, gewiss.«
    »Und auch einfacher zu transportieren als mit einem schiffskielartigen Eisenbolzen in der Bodenplatte. Sieh dir unser Exemplar an. Kein Wunder, dass der Mann mit einem kräftigen Tornister auf Reisen ging.«
    Borg hob die aufgebockte Ente von ihren Pallhölzern, die jedoch aus Büchern statt aus Bohlen bestanden, und betrachtete sie von allen Seiten.
    »Die Löcher beweisen jedenfalls, dass unsere Lockente aus einem ganz anderen Jagdgebiet mit völlig anderer Tradition kommt«, erklärte Asmus zufrieden. »Ich habe auch aus eigenen Gründen Anlass, auf das Bodenseegebiet zu tippen.«
    »Dann lasse ich dich jetzt mit Überlegungen zur Jagd auf dem Bodensee allein. Tschüs, Nis.«
    »Tschüs und danke«, murmelte Asmus, der sich bereits in die zoologische Abhandlung vertiefte.

    Der Entenfang mit hölzernen Lockenten war so ausführlich beschrieben, dass Asmus beschloss, keine weitere Dienstzeit dafür aufzuwenden. Eine zoologische Abhandlung konnte er auch abends zu Hause lesen. Unter Bedauern schob er sie in den Schreibtisch und holte Tschako und Degen vom Regal.
    Die Zeit zum Verlassen der Wache war günstig gewählt, denn Sinkwitz telefonierte, wie üblich so laut, dass er den Apparat gar nicht hätte benutzen müssen.
    Im großen Raum, in dem Matthiesen die Tagesgeschäfte wie Anzeigen und andere Klagen bearbeitete, trug Asmus sich in das Tagesjournal ein, und sein Kollege las mit. »Du fährst mit dem Zug?«
    »Ja, ich will nur nach Munkmarsch, dann komme ich zurück«, antwortete Asmus. »Eine dienstliche Fahrkarte ist billiger als Treibstoff, den ich selber bezahlen muss. Ich habe gehört, wie Jep das Dienststellenmotorrad startete. Ich müsste also mein eigenes nehmen.«
    Matthiesen stieß einen Seufzer aus. »Und ich armes Schwein muss ständig hier die Stellung halten. Oberwachtmeister Jung hat es auch nicht mehr nötig. Was macht der bloß immer?«
    »Ich habe keine Ahnung. Trägt er sich denn nicht in das Journal ein?«
    »Nein, eben nicht. Jedenfalls nicht ausführlich. Wenn er da nur Schulz oder Müller hinschmiert, kann er es genauso gut

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