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Mord in h-moll

Mord in h-moll

Titel: Mord in h-moll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Tonbandgerät aufgenommen.
    Also bitte, was wollen Sie von mir, meine Herren? Ja, natürlich, da ist die »Unvollendete« von Schubert drauf. Ich besitze auch einige Sinfonien... halt! Ich muß meine sämtlichen Bänder löschen und neu bespielen, mit irgend etwas. Aber sie mußten alle mit dem neuen Gerät bespielt sein.
    Ich brachte das neue Gerät genauso unbemerkt in meinem Koffer ins Haus, stellte es auf, wischte mit den Händen über einen staubigen Schrank und rieb den Staub in das helle Kunstleder des Gehäuses ein. Sogar ein paar Fettflecke brachte ich dort an, wo die Hände meistens zur Bedienung des Gerätes liegen. Schließlich kratzte ich noch eine ganz beachtliche Schramme hinein, die ich mit Schmutz ebenfalls sofort alterte.
    So, nun war ich auch nach dieser Richtung hin abgesichert. Als ich auf die Uhr schaute, war es sechzehn Uhr. Ob Karin schon aus Stuttgart zurückgekehrt war? Ich hätte gern mit ihr gesprochen, ich sehnte mich nach ihr. Morgen, hatte man mir im Geschäft gesagt, morgen würde sie wieder da sein. Ich beschloß, sie nicht noch heute abend in ihrer Wohnung aufzusuchen, sondern bis morgen zu warten.
    Ich machte mich an die Arbeit, meine Tonbänder auf dem neuen Gerät neu zu bespielen. Wahllos nahm ich auf, was mir der Rundfunk bot. Meine schönen Sinfonien, meine herrlichen Klavierkonzerte waren dahin. Was aber spielte das für eine Rolle, jetzt, wo es um meine Sicherheit, vielleicht sogar um mein Leben ging?
    Später einmal, in Stuttgart, würde ich Zeit genug haben, neue Sinfonien aufzunehmen. Ich träumte von friedlichen Abenden, zusammen mit Karin. Ob sie auch Musik so sehr liebte? Wenn nicht, dann würde sie mir bestimmt die Freude daran nicht verderben...
    Kurz nach einundzwanzig Uhr läutete mein Telefon. Ich fuhr zusammen und war beinahe nicht fähig, mich zu bewegen. Ich wußte genau, jetzt geht die Teufelei weiter; wenn ich jetzt den Hörer abnehmen würde, würde ich die »Unvollendete« hören.
    Wie unter einem fremden Zwang stand ich auf, ging zum Telefon und nahm den Hörer ab.
    »Entschuldigen Sie«, sagte Karin, »daß ich Sie noch so spät störe. Aber man hat mir im Geschäft gesagt, daß Sie schon zurück sind, und ich wollte Ihnen nur ganz kurz von Stuttgart berichten.«
    Ich brauchte Sekunden, um sprechen zu können.
    »Ja, ja«, stammelte ich. »Vielen Dank. Ich freue mich sehr, daß Sie anrufen. Vielen Dank.«
    »Ist etwas?« fragte sie. Ihre Stimme klang warm und teilnahmsvoll. »Habe ich sie doch gestört? Hatten Sie schon geschlafen?«
    Ich nahm mich zusammen.
    »Nein, natürlich nicht. Wie sieht’s in Stuttgart aus?«
    Jetzt schien ihr Stimme förmlich zu jubeln.
    »Großartig, Herr Roeder. Wir haben ein wunderschönes Büro, ganz modern eingerichtet. Ich freue mich so darauf.«
    »Ich mich auch. Morgen werde ich wieder im Büro sein.«
    »Warum sind Sie so früh zurückgekommen? Sie hätten noch ein paar Tage länger Urlaub machen sollen.«
    »Ach... es war mir... ich bin froh, daß ich morgen wieder arbeiten kann.«
    Eine Weile schwiegen wir beide, dann sagte sie:
    »Also dann bis morgen, Herr Roeder.«
    »Bis morgen.«
    Langsam legte ich den Hörer auf. Noch spürte ich das Zittern in meinen Knien. Herrgott, hört das nie wieder auf? Oder mußte nur genügend Zeit verstreichen?
    Das Radio brachte einen Vortrag über die Notwendigkeit, auch bei industrieller Hochkonjunktur und Vollbeschäftigung
    die Arbeitsämter in Funktion zu belassen. Ich nahm auch diesen Vortrag auf. Die Hauptsache war, daß meine Bänder voll wurden.
    Während ich aber stumpfsinnig vor dem Gerät hockte und hoffte, es würde wenigstens bald wieder Musik geben, stieg ein neues Problem vor mir auf.
    Was sollte ich Karin von Davos berichten?
    Sollte ich einfach alles verschweigen? Kein Wort von Carl Weynert erwähnen?
    Immerhin war aber möglich, daß die hiesige Presse eine Notiz gebracht hatte. Schließlich ist es für manche Blätter auch hier eine Sensation, wenn sich ein Deutscher in Davos zu Tode stürzt. Und vielleicht hatte sogar Karin davon gelesen. Es würde also auffallend und erst recht verdächtig sein, wenn ich über diesen Vorfall schwieg.
    Also mußte ich es Karin erzählen. Warum auch nicht? Das war schließlich eine glaubhafte Begründung für den vorzeitigen Abbruch meines Urlaubs. Und es würde auch ganz harmlos klingen.
    Wirklich ganz harmlos? War es ganz harmlos, wenn in so kurzer Zeit zwei Menschen hintereinander starben, jedesmal Menschen, die mit mir zu tun

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