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Mord in h-moll

Mord in h-moll

Titel: Mord in h-moll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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sparen.
    »Deutsch, bitte.«
    Ich kippte das dicke, plumpe Glas, und ohne mich gefragt zu haben, füllte es die Frau wieder auf.
    Ich zündete mir ein Zigarillo an, nippte nur an meinem zweiten Glas, und beobachtete nochmals den Ablauf dieses hoffentlich letzten Aktes meines Dramas.
    In Davos schien man keine Spur eines Verdachtes geschöpft zu haben. Dieser fremde Deutsche, Carl Weynert mit Namen, war im Suff aus einer Balkontür gestürzt, unter der sich kein Balkon befunden hatte. Eine grobe Nachlässigkeit des Hotels. Mehr nicht. Und ein Unfall. Natürlich, ein glatter Unfall.
    Daß es zufällig in meinem Zimmer geschah, hatte der Polizei kein Kopfzerbrechen verursacht. Ich hatte unbehelligt heimreisen können. Und von jetzt an konnte mir auch nichts mehr passieren. Der einzige Zeuge, der wußte, daß ich meine Frau umgebracht hatte, war tot.
    Aber plötzlich fiel mir wieder ein Telefongespräch mit Carl Weynert in Davos ein. Er hatte mir gesagt, das Originaltonband, befände sich in Sicherheit. Was hatte er damit gemeint? War das Tonband, das ich in seiner Tasche fand, nicht das Original gewesen? Hätte er mir, nachdem er mich erschossen hatte, eine Kopie untergeschoben?
    Es war meine Spule gewesen, mit meiner Handschrift. Aber das Band selbst? Befand sich noch eins hier in München? Hatte vielleicht irgend jemand die Weisung von ihm erhalten, es der Polizei zu übergeben, falls ihm etwas zustieße?
    Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr schien mir, daß ich an seiner Stelle so gehandelt hätte. Ich hätte mich abgesichert, und noch nach meinem Tod wäre mein Mörder geliefert gewesen.
    Ich mußte herausfinden, wer Carl Weynert in Wirklichkeit gewesen war.
    Nachdem ich bezahlt hatte, ließ ich mir in einem Kaufhaus das Adressbuch geben und suchte seinen Namen.
    Er wohnte in der Königinstraße 23, im dritten Stock.
    Als ich vor dem Haus stand, schien mir mein Vorhaben, mehr über Carl Weynert an Ort und Stelle zu erfahren, nicht nur sinnlos, sondern geradezu gefährlich.
    Mit irgend jemandem mußte ich ja über ihn sprechen. Und dieser Irgendjemand konnte dann eines Tages recht gut mein ungewöhnliches Interesse an dieser Reisebekanntschaft bezeugen. Ein Zeuge, der mich belasten würde.
    Nein, ich durfte mich keinesfalls um Carl Weynert kümmern. Aber etwas anderes mußte ich tun, so rasch wie möglich.
    Ich eilte nach Hause, verpackte mein kostbares Tonbandgerät in einem Koffer, mit dem ich unbeobachtet das Haus wieder verließ. Hätte mich doch jemand gesehen, dann würde er nichts von dem Tonbandgerät wissen.
    Es war ein teures Gerät, zwölf Monate lang hatte ich mir die Raten absparen müssen. Nun mußte ich mich von ihm trennen.
    Ich verhandelte in einem Radiogeschäft mit einem älteren Verkäufer.
    »Wissen Sie«, sagte ich, »das Gerät ist mir zu groß, ich habe mir eine neue Musiktruhe angeschafft, und da paßt es nicht hinein. Ich würde es gern gegen ein kleines vertauschen.
    Der Verkäufer nickte verstehend, machte aber zugleich ein betrübtes Gesicht.
    »Ein schönes Gerät«, sagte er. »Sie werden sehr viel Geld verlieren durch einen solchen Umtausch. Könnten Sie nicht...«
    »Ich habe mir schon alles überlegt, ich möchte ein kleineres Gerät.«
    Sein Herz schien genauso schwer wie meins, wenn auch aus anderen Gründen. Schließlich einigten wir uns. Ich war nicht nur mein gutes Gerät los, sondern mußte auch noch sechzig Mark in bar daraufbezahlen.
    Wie viele Verbrecher begehen immer wieder die gleichen Fehler: sie planen ihre Tat in allen Einzelheiten, aber irgend etwas erscheint ihnen zu unbedeutend. Und gerade darüber stolpern sie dann.
    Diesen Fehler, den Kardinalfehler aller Verbrecher, wollte ich nicht begehen. Angenommen, dieser Carl Weynert hätte wirklich mein Originaltonband irgendwo verwahrt. Angenommen, irgendjemand würde es nun auf seine Weisung hin der Polizei geschickt haben. Angenommen, die Polizei würde daraufhin zu mir kommen, mir das Tonband unter die Nase halten und sagen: »Na, Herr Roeder, das gehört doch Ihnen?«
    Dann konnte ich jetzt ohne Furcht sagen: »Nein, meine Herren, ich habe dieses Tonband noch nie im meinem Leben besessen.« Die Originalspule mit meiner Handschrift war ja in Davos verbrannt.
    Natürlich würde mir die Kripo nicht glauben. Sie würden das Band mitnehmen und — mein Tonbandgerät dazu. Beides würden sie in ihrem Labor untersuchen lassen, und dann kam das Ergebnis der Untersuchung: dieses Band wurde nicht auf diesem

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