Mord in h-moll
wurde weiter vernommen. Er berichtete, wie Herr Weynert gekommen und gleich auf mein Zimmer gegangen sei, und wie ich dann später heruntergekommen und mich über die defekte Klingel beschwert hätte. Er sei dann in die Küche gegangen, um das von mir bestellte Abendessen zu besorgen, als die Katastrophe passierte.
Schließlich fragte der Richter:
»Und wie war das mit der Pistole, Herr Zeuge?«
»Also das war so, Herr Richter: Zwei Tage später bin ich dazu gekommen, die Kisten im Heizkeller aufzuräumen. Ich hätte das schon gleich tun sollen, hatte aber am Sonnabendmorgen keine Zeit dazu. Deshalb...«
»Wollen Sie damit sagen, daß diese Kisten erst am fraglichen Sonnabend in den Heizkeller gebracht worden waren?«
»Ja, genau das. Ich hätte sie zerhacken sollen. Das tat ich aber erst am Montagnachmittag, und dabei entdeckte ich die Pistole. Halt, dachte ich mir, da ist etwas faul, die muß genau in diesen Tagen dorthin gewandert sein. Und dann ist mir dieser Unfall ja gleich komisch vorgekommen. Schließlich liest man ja Kriminalromane, und da habe ich mir eben gedacht, daß dieser Unfall mit der Pistole zusammenhängen könnte und daß es vielleicht gar kein Unfall gewesen ist, was die Hoteldirektion sehr begrüßt hätte, weil dann nämlich die Versicherung...«
»Bitte, bleiben Sie bei der Sache, Herr Zeuge.«
»Ja, natürlich, selbstverständlich. Ich brachte also die Pistole zur Polizei, wobei ich sie in mein Taschentuch wickelte, um keine Fingerabdrücke zu zerstören. Die wollten, ich meine die Polizisten, die wollten erst gar nicht recht an die Sache herangehen, sie meinten, es sei alles klar und es gäbe Scherereien genug. Aber schließlich behielten sie die Pistole doch, und ich glaube, man hat sie fortgeschickt in ein Labor. Das ist alles, mehr weiß ich leider nicht.«
Der Richter dankte ihm, und dann verlas er den Schöffen einen Bericht des Generallabors in Bern, demzufolge die Fingerabdrücke auf der Waffe genau festgestellt werden konnten. Es war jedoch nicht bekannt, wem sie gehörten.
Der Richter ließ das Blatt sinken und fuhr fort:
»Die Schweizer Polizei schickte uns daraufhin die Lichtbilder der Fingerabdrücke zum Staatsanwalt nach München und bat um Feststellung, ob sie etwa mit den Fingerabdrücken des Herrn Roeder übereinstimmten. In diesem Falle, folgerte die Schweizer Polizei, müsse man allerdings annehmen, daß es sich bei dem Vorfall im Hotel >Löwen< möglicherweise doch um ein Verbrechen handle. Die Staatsanwaltschaft in München beschaffte sich die Fingerabdrücke des Angeklagten. Ich bitte den Zeugen, Kriminalassistent Merker.«
Mein netter, rundlicher Beamter trat ein, der in Stuttgart das Protokoll unterschrieben haben wollte und dann sogar ein Glas Kognak mit mir getrunken hatte! Er sagte aus:
»Ein Kollege aus München, vom dortigen Dezernat für Kapitalverbrechen, suchte mich in Stuttgart in meiner Dienststelle auf. Das war am 28. Oktober. Er erklärte mir, was möglicherweise gegen den Angeklagten vorliegen könne und bat mich, für ihn die Fingerabdrücke auf dem Protokoll zu beschaffen. Außerdem instruierte er mich über das Protokoll selbst, das mit bewußter Absicht einen Fehler enthielt, und schließlich erzählte er mir von der aufgefundenen Pistole und bat mich, bei dem Angeklagten in dieser Richtung auf den Busch zu klopfen und festzustellen, ob er in irgend einer auffälligen Form reagiere.«
»Und konnten Sie eine Beobachtung in dieser Richtung machen?«
»Jawohl. Als er hörte, es handle sich bei der Unterschrift unter dem Protokoll nur um eine Formsache, atmete er sichtlich erleichert auf. Er las daraufhin das Schriftstück beinahe heiter durch. Den Fehler stellte er sofort mündlich richtig und tat es dann nach Aufforderung auch handschriftlich, wodurch wir seine Fingerabdrücke in reichlichem Maße erhielten.«
Dieser Schuft! Und so harmlos hatte er bei mir getan, daß ich ihn sogar zu einem Gläschen einlud. Na ja, schlimm konnte auch das nicht werden. Dr. Herrmann hatte ja die Erklärung, die plausible Erklärung, weshalb ich diese Pistole hatte verschwinden lassen.
Der Richter bedankte sich bei dem Stuttgarter Beamten und sagte:
»Nun ist das Gericht daran interessiert zu erfahren, wie die Kriminalpolizei überhaupt zu dem starken Verdacht gekommen ist, daß der Angeklagte Stefan Roeder den Carl Weynert vorsätzlich ermordet hat. Bitte den nächsten Zeugen, Herrn Kriminalkommissar Hersfeldt.«
Nun betrat der Beamte den Saal, der mich
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