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Mord in h-moll

Mord in h-moll

Titel: Mord in h-moll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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umsteigen muß. Deshalb fragte ich ihn, und da sagte er mir, daß er in Bregenz umgestiegen sei.«
    »Frau Mueller, nun kommt die allerwichtigste Frage. Sie waren doch im Zug mit dem Angeklagten zusammen. In einem Abteil allein?«
    »Ja.«
    »Ist Ihnen aufgefallen, daß er besonders nervös war? Daß er immer wieder auf den Gang hinausgeschaut hat, als ob er etwas — oder jemanden — suche?«
    »Nein, etwas Derartiges habe ich nicht bemerkt.«
    »Und worüber wurde dann noch gesprochen?«
    »Er sagte mir, daß er nur wenig Geld bei sich habe, und ob ich nicht ein billiges Hotel wüßte.«
    »Da haben Sie ihm Ihr Hotel, also den >Löwen< genannt?«
    Sie wurde ein wenig rot und nickte.
    Der Richter lächelte, zum ersten Mal sah ich ihn lächeln, und sein Gesicht war ganz anders als bisher. Er schien mir auf einmal ein sehr netter, alter Herr zu sein, der sich wirklich bemühte, der Gerechtigkeit zu dienen. Immer noch lächelnd sagte
    er:
    »Also Frau Mueller, das braucht Sie nicht verlegen zu machen, das war ja ihr gutes Recht, einen Gast für den >Löwen< zu werben. Er kam also mit Ihnen, und Sie gaben ihm dieses verhängnisvolle Zimmer unter dem Dach, an dem der Balkon noch fehlte?«
    »Ja«, sagte sie leise mit gesenktem Blick. »Ja, das war sehr dumm von mir. Aber es war eben billig, und ich wollte...«
    »Sie wollten ihm helfen. Sehr begreiflich. Wurde über diesen fehlenden Balkon gesprochen?«
    »Ja.«
    »Auch darüber, daß an der Tür kein Schlüssel war?«
    »Ja, auch darüber. Es war zu leichtsinnig von mir.«
    »Das kann man wohl sagen. Waren Sie dann am... am Abend des 17. Oktobers dabei... das war ein Sonnabend... als das Unglück... als Herr Weynert starb?«
    »Nein, da war ich außer Hause.«
    »Dann können Sie uns darüber nichts sagen?«
    »Nein.«
    Der Richter hob wieder den Kopf.
    »Der Herr Verteidiger? Der Herr Staatsanwalt?«
    Der Staatsanwalt winkte ab. Aber Dr. Herrmann meldete sich zu Wort.
    »Eine Frage an die Zeugin. Frau Mueller, der Angeklagte stieg also mit Ihnen zusammen in Davos aus?«
    »Ja. Er half mir sogar mein Gepäck tragen.«
    »Wohin trug er es?«
    Sie schaute ihn überrascht an.
    »Vom Bahnhof zum Hotel, natürlich.«
    »Gut. Haben Sie bemerkt, daß er sich auf dem Bahnhof umschaute? Daß er jemanden suchte?«
    »Nein, davon habe ich nichts bemerkt.«
    »Und auf dem Weg vom Bahnhof zum Hotel, hat er sich da vielleicht ein paarmal umgeschaut, als suche er jemanden?«
    »Nein, auch nicht.«
    Der Anwalt blickte mich kurz an, dann sagte er zum Richter: »Keine Fragen mehr.«
    Ich wußte, was er mit dieser Frage an Frau Mueller hatte unterstreichen wollen und fand das sehr geschickt von ihm.
    Der nächste Zeuge war der Hotelportier vom »Löwen«. Ein rundlicher Mann, offenbar von seiner Wichtigkeit zutiefst überzeugt.
    »Also das war so«, begann er seine Aussage. »Am Sonnabend hatte ich Dienst. Herr Roeder war bereits nachmittags auf seinem Zimmer gewesen, verließ es aber nochmals für kurze Zeit gegen Abend.«
    Ich wurde hellwach. Was erzählte er denn da? Hatte ich ihm nicht genug Beachtung geschenkt? Der Richter unterbrach den Zeugen.
    »Können Sie sich an die genaue Zeit erinnern?«
    »N-nein. Oder doch, es war etwa halb sechs. Aber nach kurzer Zeit kam er zurück. Er trug etwas unter seinem Mantel, aber ich konnte nicht erkennen, was es war. Daraufhin...«
    Wieder unterbrach ihn der Richter.
    »Einen Augenblick...« Er wandte sich an mich. »Angeklagter, Sie haben die Aussage dieses Zeugen gehört. Das Gericht möchte von Ihnen wissen, was Sie unter Ihrem Mantel getragen haben.«
    Ehe ich noch antworten konnte, war Dr. Herrmann aufgesprungen und rief:
    »Hohes Gericht, mein Mandant erwartete doch den vereinbarten Besuch Herrn Weynerts. Mein Mandant war, wie das hier schon zur Sprache kam, etwas schwach bei Kasse. Er wollte die höheren Kosten einer Bewirtung seines Gastes etwas reduzieren und besorgte sich deshalb in einem Ausschank eine Flasche Kognak. Um beim Betreten des Hotels nicht aufzufallen, hatte er die Flasche unter dem Mantel verborgen.«
    Der Richter schaute mich an.
    »Stimmt das, Angeklagter?«
    »Jawohl, Herr Richter.«
    Mein Verteidiger setzte sich wieder. Ich fing an, ihn zu bewundern. Wohl war davon die Rede gewesen, daß ich die Flasche besorgt hatte, aber daß er den Vorgang nun so präzise schildern konnte, schien mir ein Wunder. Ich fühlte mich von jetzt an geborgen und glaubte mehr denn je, es würde mir nichts passieren können.
    Der Portier

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