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Mord in h-moll

Mord in h-moll

Titel: Mord in h-moll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Genick des Carl Weynert schon vorher, also etwa durch einen heftigen Schlag oder dergleichen, gebrochen war und dann der Tote aus der Tür gestoßen wurde, um einen Unfall vorzutäuschen?«
    »Das wäre denkbar.«
    »Konnte Alkohol im Blut des Toten festgestellt werden.«
    »Nein, dazu lag zuviel Zeit zwischen dem Eintritt des Todes und unserer Untersuchung.«
    Dr. Herrmann schaltete sich ein und fragte den Gerichtsmediziner:
    »Wurden äußerlich, also am Hals oder am Nacken des Toten irgendwelche Anzeichen dafür gefunden, daß der fragliche Genickbruch durch einen Schlag oder ähnliche Einwirkung entstanden war?«
    »Nein, keineswegs.«
    »Hätten solche Anzeichen bei äußerer Einwirkung von Gewalt sichtbar sein müssen?«
    »Ja.«
    »Demnach waren Sie davon überzeugt, daß der Tod durch den Sturz verursacht wurde?«
    »Ich war davon überzeugt. Ich möchte aber betonen, daß mich das Gericht eben danach fragte, ob ein anderer Tod >denkbar< sei. Diese Frage mußte ich bejahen.«
    »Danke«, sagte mein Verteidiger. »Und dann noch eine Frage: Ist es ausgeschlossen, daß Weynert zum Zeitpunkt des Unfalls betrunken war?«
    »Das ist keineswegs ausgeschlossen. Nach den Aussagen der Schweizer Kriminalpolizei ist es sogar durchaus wahrscheinlich. Nur nachzuweisen war für uns der Alkohol nicht mehr.«
    »Vielen Dank.«
    Damit war auch dieser Zeuge befragt. Der Staatsanwalt hielt sich auffallend zurück, was ich als gutes Zeichen wertete.
    Zwei Frauen sagten noch aus. Sie wohnten in dem Haus, in dem ich mit Hilda gelebt hatte, und sie erklärten, von einem Herrn Weynert nichts gewußt zu haben. Sie bestätigten vielmehr, daß ich offenbar in einer glücklichen Ehe gelebt hätte.
    Gegen Abend vertagte sich das Gericht nochmals zur Entgegennahme der Plädoyers auf den nächsten Tag.
    Ich wurde in meine Zelle zurückgebracht, und als sich die Tür wieder einmal hinter mir schloß, atmete ich auf. Nie in meinem Leben hätte ich geglaubt, daß man sich in einer Gefängniszelle wie zu Hause fühlen kann, und doch tat ich es. Die Gerichtsverhandlung hatte in diesen zwei Tagen meine Nerven doch viel mehr belastet, als ich es dort gespürt hatte.
    Am dritten Verhandlungstag faßte der Richter zu Beginn die Ergebnisse der Zeugenverhöre zusammen. Er sprach davon, daß mehr Material nicht zur Verfügung stünde, und dann bat er den Staatsanwalt, mit seinen Ausführungen zu beginnen.
    Die unbeteiligte Lustlosigkeit, die er gestern bei den Zeugenverhören gezeigt hatte, war verschwunden. Seine kalten Augen blickten triumphierend, als er mit seinem Plädoyer begann.
    »Hohes Gericht, meine sehr verehrten Herren Geschworenen!
    Noch nie dürfte es Ihnen so schwer gefallen sein, sich ein klares Bild über schuldig oder nichtschuldig zu machen, wie in diesem vorliegenden Falle. Da sitzt ein Mensch vor Ihnen, ein unscheinbarer schmächtiger Mensch mit einem Gesicht, als könne er kein Wässerchen trüben. Darüber hinaus haben wir von seinem Chef gehört, ein wie tüchtiger Angestellter dieser Stefan Roeder gewesen sei. Und, wir wollen das doch einmal ehrlich zugeben: auch während der bisherigen Verhandlung hat er auf uns alle nicht den Eindruck eines Verbrechers, oder gar eines Mörders gemacht. Aber das, Hohes Gericht und meine Herren Geschworenen, gerade das ist es, was diesen Stefan Roeder so gefährlich macht, was ihn vielleicht sogar erst auf den schrecklichen Gedanken brachte, seinen Nebenbuhler Carl Weynert zu ermorden.«
    Mein Mund wurde immer trockener, je länger der Staatsanwalt sprach. Dieser Satan! Wäre es nicht um meinen eigenen Kopf gegangen, ich hätte ihm aufs Wort geglaubt! Er zerpflückte alles und jedes, und er tat es in einer Art, die keine andere Ansicht aufkommen ließ.
    Eine Stunde schon sprach er. Mit messerscharfer Logik bewies er dem Gericht und den Geschworenen, daß ich auf Grund meines Charakters gar nicht anders konnte, als diesen Mann zu töten.
    »Stellen Sie sich doch vor!« rief er in den Saal. »Stellen Sie sich die Gefühle dieses bis dahin so redlichen Mannes vor, als er nach dem Tod seiner beinahe abgöttisch geliebten Frau erfahren muß, daß diese ihn betrogen hatte! Welche Stürme der Enttäuschung müssen in der Brust des Angeklagten nach dieser niederschmetternden Entdeckung getobt haben, welcher Schmerz muß sein Herz zerschnitten haben, und — welche Wut auf den Mann, der ihm die Liebe seiner Frau gestohlen hatte, seiner Frau, die durch einen tragischen Unfall aus dem Leben gerissen

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