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Mord in h-moll

Mord in h-moll

Titel: Mord in h-moll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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war also ein zuverlässiger Angestellter?«
    »Einer der Zuverlässigsten.«
    »Welchen Eindruck hatten Sie von ihm persönlich? War er streitsüchtig, jähzornig?«
    »Im Gegenteil. Ich hielt ihn immer für einen besonders stillen, eher schüchternen Menschen.«
    »Ist Ihnen etwas über die häuslichen, die familiären Verhältnisse des Angeklagten bekannt?«
    »Nicht viel, Herr Richter. Soviel ich wußte, lebte er in einer harmonischen Ehe.«
    »Führte er ein aufwendiges Leben?«
    »Keineswegs.«
    »Sie würden ihm also, nach Ihren Erfahrungen mit ihm, keineswegs das ihm zur Last gelegte Verbrechen zutrauen?«
    »Nein, das würde ich nicht.«
    »Sie haben ihm aber trotzdem, wie ich hier sehe, seinen Posten nicht freigehalten. Ist Herrn Roeder gekündigt worden?«
    Der Alte zögerte eine Sekunde, dann sagte er:
    »Ja, ich habe ihm gekündigt, als mir die Tatsache seiner Verhaftung bekannt wurde. Ich besitze eine alte Firma mit einem sehr guten Ruf, und ich glaubte...«
    »Danke«, unterbrach ihn der Richter. »Die Gründe interessieren das Gericht nicht.«
    Ich suchte den Blick meines Verteidigers. Er nickte mir leicht zu und deutete kaum merklich auf seine Aktentasche. Also hatte er von der Kündigung gewußt, er hatte gewußt, daß ich keine Stellung mehr haben würde, falls ich freigesprochen wurde. Warum hatte er mir das nicht gesagt? Um mir nicht den Mut zu nehmen?
    »Danke«, hörte ich den Richter sagen. »Danke, Herr Holsten, das wäre alles.« Er wandte sich an Dr. Herrmann und den Staatsanwalt. »Haben die Herren noch eine Frage? Nein? Und die Geschworenen? Auch nicht? Danke, der Zeuge wird nicht mehr benötigt. Sie können im Saal Platz nehmen, Herr Holsten.«
    Offenbar hatte Holsten keine Lust dazu. Er verließ den Saal mit eiligen Schritten. Auch diesmal schaute er nicht zu mir. Aber seine Aussage war anständig gewesen. Was heißt anständig? War ich ihm nicht immer ein bescheidener und bequemer Angestellter gewesen? Und doch sah es ihm gleich, diesem alten Fossil, daß er mich hinausgefeuert hatte, ohne das Ergebnis des Prozesses abzuwarten.
    Ich beschloß, ihn sofort nach meinem Freispruch aufzusuchen. Würde er mich dann wieder nehmen? Konnte ich ihn dazu zwingen, etwa durchs Arbeitsgericht? Oder konnte ich ihm sagen, daß er auch Karin verlieren würde, falls ich meinen Posten in Stuttgart nicht wieder bekäme?
    Als nächster Zeuge wurde Frau Mathilde Mueller aus Davos aufgerufen.
    Sie kam zögernd herein, genierte sich offensichtlich und sprach so leise, daß der Richter sie immer wieder ermahnen mußte, lauter zu reden.
    Nach der üblichen Ermahnung, die Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu sagen, und nach dem Hinweis, daß sie auch vereidigt Werden könnte, fragte sie der Richter:
    »Erkennen Sie in dem Angeklagten Stefan Roeder den Mann, der in der Zeit vom 14.10. des vorigen Jahres bis zum 18.10. im Hotel »Löwen« in Davos gewohnt hat?«
    Sie warf mir einen raschen Blick zu und hauchte ein Ja.
    »Erzählen Sie, wie das war, als er zu Ihnen in das Hotel kam. Sie sind dort Sekretärin oder Beschließerin?«
    »Ja.« Sie zögerte wieder, dann sagte sie: »Ich habe ihn schon auf dem Bahnhof in St. Margarethen getroffen.«
    »Hat er Sie dort angesprochen?«
    »N-nein«, erklärte sie verlegen. »Ich habe ihn angesprochen. Wir saßen uns im Zug nach Davos gegenüber, und ich fragte ihn, ob er zum ersten Male in die Schweiz gekommen sei.«
    »Auf diese Art kam vermutlich ein Gespräch zwischen Ihnen und dem Angeklagten zustande?«
    »Ja.«
    »Sagte er etwas darüber, weshalb er nach Davos wollte?«
    »Um Urlaub zu machen«, sagte er.
    »Und was sagte er Ihnen noch? Sprach er nicht auch über den bisherigen Verlauf seiner Reise?«
    »Doch. Er erzählte mir, daß er in Bregenz Zwischenstation gemacht habe.«
    Ein kurzer Blick zwischen Richter und Staatsanwalt, ein Blick, der mir nicht gefiel. Anschließend schaute der Staatsanwalt mich an. Er war ein kleiner dürrer Mensch mit einem ausdruckslosen Vogelgesicht und den kalten Augen einer Schlange. Er musterte mich, und ich hatte das Gefühl, als dachte er: Na, Freundchen, wir kriegen dich schon!
    »So«, fuhr der Richter fort. »Frau Mueller, das ist für uns sehr wichtig. Der Angeklagte hat also zugegeben, daß er seine Reise in Bregenz unterbrochen hatte? Können Sie sich da nicht irren?«
    »Bestimmt nicht. Es ist nämlich ungewöhnlich, daß Reisende aus Deutschland mit diesem späten Zug in Davos ankommen, noch dazu, wo man da zweimal

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