Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mord in Londinium

Titel: Mord in Londinium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
Blut und Kummer an diese jämmerliche, uninteressante, erbärmliche Insel gekettet fühlten.
    Ich war immer noch angetrunken, ging aber trotzdem nach Hause. Meine Schwester warf mir nur einen Blick zu und hielt ansonsten den Mund. Sehr vernünftig.
    Helena hatte sich in unsere Privaträume zurückgezogen und spielte mit den Kindern. Julia, unsere Zweijährige, erkannte meinen Zustand mit diesen großen, dunklen Augen, denen nichts entging, und beschloss, die Sache erstmal weiter zu beobachten. Der Säugling, inzwischen fünf Monate alt, lag auf Helenas Schoß und fuchtelte mit Armen und Beinen. Die Kleine gurgelte weiter, verloren in ihrer eigenen Gymnastikwelt, während ihre elegante Mutter den schlimmsten Stößen auswich und Favonia dort kitzelte, wo sie es gern hatte. Genau so war Helena auch immer mit mir umgegangen.
    »Sag nichts zu meinem Zustand.«
    »Ich werde es mir verkneifen«, erwiderte Helena ruhig.
    »Danke.«
    »Hast du gearbeitet?«
    »Ja.«
    »Nichts erreicht?«
    »Genau.«
    »Willst du einen Kuss und was zu essen, um den ekligen Weingeschmack loszuwerden?«
    »Nein.«
    Sie stand auf und küsste mich trotzdem.
    Irgendwie landete die kleine Favonia auf meinen Armen, und als ich mich auf Helenas halbrunden Korbstuhl setzte, krabbelte auch Julia auf meinen Schoß und lächelte mich an. Worauf Helena die Hände frei hatte, um mir besänftigend über das Haar zu streicheln, da sie wusste, dass ich sie nicht abschütteln konnte, ohne den Kindern wehzutun. Ich knurrte. Favonia verstand vermutlich nicht, worum es ging, aber alle drei meiner mir doch angeblich zur Unterwürfigkeit verpflichteten Frauensleute kicherten über mich. Woran man sieht, dass es mit meiner Stellung als oberster Gott im Schrein des Haushalts nicht weit her war. Wie in den meisten Familien hatte patriarchale Macht keine Bedeutung. Schließlich gab ich dem Ansturm ihres vereinten Trostes nach und sackte verdrießlich in mich zusammen.
     
    Helena ließ mir genug Zeit, mich zu fangen, dann sagte sie leise: »Du magst Britannien nicht.«
    »Das weißt du doch, Liebste.«
    »Marcus, ist diese Situation für dich persönlich gefährlich?«
    »Jemand hat einen Mann umgebracht. Das ist immer schlimm.«
    »Entschuldige!« Wenn Helena so vernünftig wurde, war es schneidend wie ein Verweis.
    »Die Sache nimmt mich ziemlich mit.«
    »Ich weiß.«
    Wir beließen es dabei. Später, nachdem die Kinder wieder in der Obhut der Kindermädchen waren und Helena dachte, ich sei dem Druck gewachsen, erzählte sie mir, was während des Tages hier geschehen war. Wir sollten uns eigentlich zum Essen umziehen, hatten aber beide noch nicht damit angefangen.
    »Der Statthalter hat einen Boten zu König Togidubnus geschickt. Frontinus hat beschlossen, es sei besser, zuzugeben, was passiert ist. Man hofft nach wie vor, dass der König es erst auf diese Weise erfahren wird. Der Mord wird so dargestellt werden, wie es am besten klingt – na ja, am wenigsten schlimm –, und der Bote kann dann zu beurteilen versuchen, ob der König etwas weiß, das er nicht wissen sollte.«
    »Der König hat nichts damit zu tun. Davon will ich nichts hören!«
    »Nein, Marcus. Was glaubst du, was Togidubnus machen wird?«
    »Hier auftauchen und wütend sein. Noviomagus liegt sechzig römische Meilen entfernt, in etwa. Ein Tagesritt für einen imperialen Postreiter – wenn er sich beeilt. Aber das wird er nicht tun, es geht ja nicht um Krieg oder den Tod eines Kaisers. Also wird der König vermutlich morgen Abend von dem Mord erfahren …«
    »Bei Dunkelheit wird er nicht aufbrechen«, sagte Helena.
    »Dann wird er sich beim ersten Morgenlicht in zwei Tagen auf den Weg machen. Er mag ein alter Mann sein, aber er ist gut in Form, Und ich muss Antworten parat haben, zwar nicht bis morgen, aber kurz danach.«
    »Oh, Marcus, das ist nicht lange genug.«
    »Es muss aber reichen.«
    Ich hatte keine Lust, heute Abend Leckerbissen auf Silberplatten herumzureichen. Ich begann mich umzuziehen, hatte jedoch anderes im Sinn als eine kultivierte Abendgesellschaft. Helena beobachtete mich reglos. Sie meinte, dass es kaum Ermittlungen gab, die ich um diese Zeit des Abends durchführen konnte. Ich erwiderte, dass ich Bewegung brauchte. Ich brauchte Ergebnisse. Ich konnte das tun, was ich vermutlich heute Nachmittag hätte tun sollen, nämlich noch einmal in den ›Goldenen Regen‹ gehen. Ich hatte keinen Plan, wie ich die Sache angehen sollte, außer dass ich, falls heute eine andere

Weitere Kostenlose Bücher