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Mord in Londinium

Titel: Mord in Londinium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Schälchen Oliven. Während der König auf der Liege mit der silbernen Lehne blieb, holte ich mir einen Hocker. Wir vertilgten die weichen weißen Frühstücksbrötchen und tranken Wasser, sprachen nicht mehr. Ich klatschte mein Fleisch mit Kichererbsenpaste auf mein Brötchen. Er wickelte seine Fleischscheibe um ein hart gekochtes Hühnerei.
    »Was haben Sie von Frontinus und Hilaris über meine Wünsche erfahren?«, fragte der König schließlich.
    »Ich hatte keine Gelegenheit, Instruktionen zu bekommen, Majestät.«
    »Was – keine Anweisungen?« Er schaute amüsiert.
    »Ich war heute Morgen nicht im Haus.« Das stimmte. Ich war frühmorgens aufs Forum gegangen, wo ich ein Graffito an eine Mauer gekritzelte hatte mit der Botschaft »LPL, setz dich mit MDF in Verbindung, dringend«. Große Hoffnungen hatte ich nicht. Petronius würde kaum auf diesem öden Platz herumhängen. Ich riskierte es, unverhohlen zu murmeln: »Ich schätze, unsere beiden großen Männer machen sich vor Angst in die Hose!« Der König lachte sogar noch mehr in sich hinein. »Aber Sie und ich, Majestät, brauchen keine Anweisungen, bevor wir uns unterhalten.«
    Togidubnus verspeiste den Rest von seinem Ei und wischte sich die dürren alten Finger an einer Serviette ab. »Also, was denken Sie wirklich, Marcus Didius?«
    Die zwanglosere Anrede entging mir nicht. Ich kaute meine Olive fertig, spuckte den Kern in eine Schale und sagte: »Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, warum Verovolcus dort hingegangen ist. Ich bin in der Gegend zwar auf Bandenkriminalität gestoßen, konnte aber keinen Zusammenhang feststellen, muss ich zugeben.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass das Vorhandensein dieser ›Bandenkriminalität‹ von offizieller Seite geleugnet wird?«, fragte der König.
    »Nein.« Frontinus und Hilaris hatten es geschafft, das nicht direkt zuzugeben, doch dafür waren sie Diplomaten. »Die Zivilisation bringt viel Gutes, aber Sie wissen, dass sie auch Schlechtes bringt. Ich habe keine Ahnung, welche kriminellen Aktivitäten es gab, als die Stämme Britannien von den Hügelfestungen aus regierten, aber jede Gesellschaft hat ihre Banditen. Wir bringen Ihnen die Stadt, und wir bringen Ihnen städtisches Laster. Es ist vielleicht komplizierter, aber alles basiert auf Furcht und Habgier.« Togidubnus gab keinen Kommentar ab. Wenn er wirklich in Rom erzogen worden und je durch die wimmelnden Straßen der Goldenen Stadt gegangen war, hatte er aus erster Hand die schlimmsten Formen organisierter Quälerei und Erpressung mitbekommen. »Hat Verovolcus Rom gehasst?«, fragte ich.
    »Nicht besonders.«
    »Aber Sie sagten, Sie hätten ihn ›gekannt‹. Damit meinten Sie doch etwas.«
    »Er war immer gerne mittendrin im Getümmel, Falco. Mein Verbindungsmann zu sein hat ihm nie so recht behagt, aber er war auch nicht der Typ, auf einem Bauernhof zu sitzen und den Kühen beim Grasen zuzuschauen.«
    »Das heißt?«
    »Er wäre nicht widerstandslos ins Exil gegangen.«
    Der König stand auf, ging zu dem Beistelltisch, betrachtete eine flache Schale mit kalten Fischen, probierte einen, entschied sich dagegen und nahm sich ein weiteres Brötchen mit geschnittenem Wildbret. Das hielt ihn eine Weile mit Kauen beschäftigt. Ich blieb sitzen und wartete.
    »Was wollen Sie mir denn nun sagen, Majestät?«, fragte ich, als ich ziemlich sicher war, dass er wieder Worte rausbringen konnte.
    Er zog die Lippen hoch, pulte mit der Zunge an einem eingeklemmten Stück Wildbret in seinen Backenzähnen herum. Ich schnippte Brotkrumen von meiner Tunika. »Er war nicht auf dem Weg nach Gallien, Falco.«
    Togidubnus hatte in leisem Ton gesprochen, dem ich mich anpasste: »Er wollte hier in Londinium bleiben? Hatte er Freunde hier?«
    »Nein.«
    »Etwas, wovon er leben konnte?«
    »Ich habe ihm etwas Geld gegeben.« Das kam rasch heraus: Geld, um sich ein ruhiges Gewissen zu erkaufen. Was auch immer Verovolcus getan hatte, sein königlicher Herr fühlte sich für ihn verantwortlich.
    »Hat er irgendwas davon gesagt, Majestät, dass er hierher kommen würde?«
    »Genug.« Der König stellte seinen leeren Wasserbecher ab.
    »Er hat mit Ihnen darüber gesprochen?«
    »Nein, er wusste, dass ich dem einen Riegel vorschieben würde.«
    Ich ergänzte die Geschichte selbst: »Verovolcus hat seinen Freunden erzählt, dass er heimlich nach Londinium verschwinden und nicht nach Gallien reisen würde. Er wusste, dass es hier ein expandierendes Verbrechertum gibt, und hat damit

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