Mord in Londinium
angegeben, sich daran zu beteiligen?« Der König ging so weit, das mit einem Nicken zu bestätigen. Der Rest war unvermeidlich: »Wenn es kriminelle Banden gibt und er versucht hat, sich da reinzudrängen – dann hat derjenige, der hier das Sagen hat, ihm die Eintrittskarte verweigert.«
Und das im klassischen Stil: ein Aufsehen erregender Tod, der öffentliche Aufmerksamkeit finden würde. Ein Tod, der als Warnung dienen würde für alle anderen Hoffnungsvollen, die vorhaben könnten, in das Gebiet der Bande einzudringen.
XVIII
Da ich beim Herauskommen Hilaris an einem Ende des Flures sah, verschwand ich in die andere Richtung. Ich brauchte Raum, musste zu einer Entscheidung kommen. Sollte ich mich persönlich dahinterklemmen oder das ganze Paket den Behörden übergeben?
Ich wusste, warum ich zögerte. Zuzugeben, dass es organisierte Kriminalität gab, und das in einer Provinz, in der der Kaiser einst mit Auszeichnung gedient hatte, war politisch ungünstig. Vermutlich würde man die Sache fallen lassen.
Musik und Stimmengemurmel zogen mich zu einem Salon. Die Frauen hörten höflich einem blinden Harfenisten zu. Er war schlecht rasiert und ausdruckslos und hatte einen mürrischen, fast streitsüchtig wirkenden Jungen zu seinen Füßen sitzen, der ihn vermutlich herumführte. Und er konnte ganz gut spielen. Ich hätte keine langen Wege auf mich genommen, um ihm zuzuhören, doch seine Technik war passabel. Hintergrundmusik. Unverbindliches, melodiöses Gezupfe, das den Leuten erlaubte, sich dabei zu unterhalten. Nach einer Weile konnte man glatt vergessen, dass der Harfenist da war. Vielleicht ging es genau darum.
Ich hockte mich neben Helena auf eine Liege. »Was ist das? Lassen wir ihn für eine Orgie heute Abend vorspielen oder führen wir die Kultur ein bisschen zu weit?«
»Still! Norbanus Murena hat ihn als Leihgabe an Maia hergeschickt. So eine nette Geste.«
»Was war der Auslöser dafür?« Ich klang wie ein undankbarer Macho.
»Ich erinnere mich, dass wir gestern mit ihm über Musik geredet haben.«
»Maia?« Es gelang mir, ein Lachen zu unterdrücken.
Helena knuffte mich leicht mit der Rückseite ihres Handgelenks. »Nein, ich glaube, das war ich, aber man kann von einem Mann nicht erwarten, dass er die Dinge richtig im Gedächtnis behält.«
Ich runzelte die Stirn. »Mochtest du Norbanus?« Ich vertraute ihrem Instinkt bei Menschen.
Helena zögerte, fast unmerklich. Möglicherweise fiel es ihr gar nicht auf. »Er schien offen, anständig und gewöhnlich zu sein. Ein netter Mann.«
Ich sog an meinen Zähnen. »Du machst dir nichts aus netten Männern.«
Helena lächelte mich plötzlich an, ihr Blick war sanft. Ich schluckte. Eines der Dinge, die ich immer an ihr geliebt hatte, war ihre brutale Selbsterkenntnis. Sie war exzentrisch, was sie wusste und nicht ändern wollte. Und auch ich wollte sie nicht als konventionelle Matrone mit engstirnigen Ansichten und abstoßenden Freunden. »Nein«, stimmte sie zu. »Aber ich bin eine Meckerliese, nicht wahr?«
Der Harfenist zirpte sich ans Ende einer Melodie. Wir klatschten zurückhaltend. »Für wie lange haben wir ihn?«
»Ich glaube, so lange Maia will.«
»Olympus! Der reinste Betrug. Wenn man sich an eine Frau ranmacht, indem man ihr eine Halskette schenkt, kann sie den Schmuck wenigstens behalten. So, wie das hier läuft, nimmt Norbanus am Ende seiner Tändelei den Harfenisten wieder mit, und inzwischen muss Hilaris den Dreckskerl durchfüttern. Ich nehme nicht an, dass Maia gesagt hat, sie müsse erst ihren Paterfamilias um Erlaubnis fragen?« Ich betrachtete mich als Maias Paterfamilias – nicht, dass sie das je tat.
»Nein, Marcus.« Helena verzog das Gesicht, jedoch nicht wegen des Witzes über meinen Status; sie fand meine Bemerkung rüde. »Bestehst du darauf, dass sie ihn sofort zurückschickt? Das wäre eine unfreundliche Abfuhr. Es ist doch nur eine Leihgabe. Niemand außer dir würde darin etwas Unehrenhaftes sehen.«
Genau.
»Wir werden dazu gedrängt, die Leihgabe zu akzeptieren«, sagte eine leise Stimme. »Darum kann Marcus es nicht leiden.«
Ich schaute über meine Schulter. Hilaris musste mir hierher gefolgt sein. Er stand jetzt hinter uns und hörte zu. In gedämpftem Ton klärte ich ihn auf: »Norbanus. Einer unserer Gäste vom gestrigen Abend. Hat mit Immobilien zu tun. Mag offenbar Frauen. Schleimt sich mit protzigen Leihgaben und Geschenken bei ihnen ein.«
»Ich habe ihn kennen gelernt; ich fand
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