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Mord in Londinium

Titel: Mord in Londinium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Schutzgelderpresser kommerzielle Absatzmärkte in Britannien übernahmen, kam mir immer noch unwahrscheinlich vor.
    Es gab hier so wenig. Einzelhandelsläden, die Dinge des täglichen Bedarfs verkauften: Karotten, Löffel und Feuerholzbündel, meist in ziemlich kleinen Mengen. Öl, Wein und Fischsoße in angestoßenen Amphoren, die mit ihren staubigen Rundungen und größtenteils abgefallenen Etiketten aussahen, als seien sie schon vor längerer Zeit angeliefert worden. Düstere Esslokale, in denen Gästen, die sowieso nicht wussten, was sie bestellen sollten, amateurhaft zubereitete Kleinigkeiten und mieser Wein serviert wurde. Ein offensichtliches Bordell, das ich gestern gesehen hatte; tja, davon musste es sicher noch mehr geben. Ein angesehener Ehemann und Vater – nun ja, einer mit einer scharfsichtigen Frau, der nichts entging – musste mit äußerster Vorsicht danach Ausschau halten. Was noch? Ach, sieh mal an! Zwischen einem Sandalenverkäufer und einem Laden mit Kräutersamen (kaufen Sie unseren aufregenden Borretsch und entledigen Sie sich Ihrer Sorgen durch heilenden Koriander!) hing ein Plakat an einer Hauswand, das einen Gladiatorenkampf ankündigte: Pex, der atlantische Drescher (wirklich?) , der neunzehn Mal ungeschlagene Agorus (bestimmt ein alter Muffkopp, dessen Kämpfe manipuliert waren), ein Bärenkampf und Hidax, der Grausige – vermutlich der Retiarius mit dem niedlichsten Dreizack diesseits von Epirus. Es gab sogar eine furiose Frau mit einem Klischeenamen: Amazonia (natürlich angekündigt in viel kleineren Buchstaben als ihre männlichen Gegenstücke).
    Ich war zu erwachsen, um mich von losen Mädchen mit Schwertern anlocken zu lassen, obwohl das für einige sicher sensationell war. Stattdessen versuchte ich mich zu erinnern, wann ich das letzte Mal Borretsch zu mir genommen hatte, der auch nur annähernd aufregend war. Plötzlich spürte ich einen unerträglichen Schmerz. Jemand hatte mich angesprungen.
    Ich hatte ihn nicht kommen sehen. Er knallte meinen Kopf gegen eine Mauer, verdrehte mir mit derart brutaler Kraft den Arm, dass er ihn fast gebrochen hätte. Ich hätte geflucht, wenn es mir möglich gewesen wäre.
    »Falco!« Zum Hades, ich kannte diese Stimme.
    Meine hübsche etruskische Nase wurde so fest an die mit Grobmörtel verputzte Mauer gequetscht, dass sich das harte Muster mindestens eine Woche lang abzeichnen würde; der Putz war mit Kuhdung vermischt, wie ich riechen konnte.
    »Petro …«, gurgelte ich.
    »Hör auf, Aufmerksamkeit zu erregen!« Er hätte dabei sein können, einem Dieb Manieren einzubläuen, den er beim Befummeln von Damenbrustbändern an einer Wäscheleine erwischt hatte. »Du dämlicher Trottel! Du idiotischer Rattenarsch, der sich in alles einmischen muss …« Es kamen noch mehr gezischte Beleidigungen, alle präzise spuckbar, einige obszön und eine, die ich noch nie zuvor gehört hatte. (Später kriegte ich raus, was sie bedeutete.) »Hör zu, du Spatzenhirn – lass es sein, oder ich bin ein toter Mann!«
    Er ließ mich abrupt los. Ich fiel fast hin. Als ich herumwirbelte, um dem Schwein zu sagen, er hätte sich klar genug ausgedrückt, war er bereits verschwunden.

XXI
     
     
     
    Gleich darauf erlebte ich den nächsten Frust: Als ich zum »Schwan« zurückkam, war auch Albia verschwunden.
    »Ist mit einem Mann weggegangen«, berichtete mir der Wirt hämisch.
    »Sie sollten sich schämen, wenn man Ihr Lokal zum Aufgabeln junger Mädchen benutzt. Angenommen, sie wäre meine kleine Lieblingstochter gewesen und Sie hätten zugelassen, dass sie von einem Perversen verschleppt wird!«
    »Aber sie ist nicht Ihr Liebling, nicht wahr?«, verkündete er höhnisch. »Sie ist ein Straßenmädchen. Ich hab sie hier seit Jahren gesehen.«
    »Und, war sie immer mit Männern zusammen?«, fragte ich, jetzt besorgt darüber, welchem schlechten Einfluss Helena die Kinder in der Residenz ausgesetzt hatte.
    »Keine Ahnung. Aber sie werden alle irgendwann erwachsen.«
    Albia war vierzehn, falls sie tatsächlich eine Waise der Rebellion war. Alt genug, um verheiratet oder zumindest mit einem blöden Tribun verlobt zu werden, wenn sie eine senatorische Zuchtstute gewesen wäre. Alt genug, um von einem Faulenzer, den ihr Vater hasste, geschwängert zu werden, wenn sie eine Plebejerin gewesen wäre, die im Familiengeschäft gebraucht wird. Alt genug, um auf eine Art weise zu sein, an die ich gar nicht denken mochte. Und doch war sie von kindlicher Schmächtigkeit, und wenn

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