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Mord in Londinium

Titel: Mord in Londinium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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sie kurz mit einem Standbesitzer, eine flüchtige Begrüßung beim Vorbeigehen. Diese Männer verhielten sich wie Einheimische, die in diesem Viertel seit langem bekannt waren. Niemand zeigte große Furcht, man nahm die beiden als Teil der Szenerie hin. Die Leute schienen sie fast zu mögen. In Rom hätten sie typische verwöhnte Taugenichtse sein können: alltägliche Ehebrecher, die jegliche Arbeit mieden, bei ihren Müttern lebten, zu viel für Kleidung, Wein und Bordellrechnungen ausgaben und sich in schäbigen kriminellen Machenschaften versuchten. Hier waren sie wegen ihrer südländischen Hautfarbe deutlich als Römer zu erkennen, hatten beide die Gesichtsstruktur, die direkt vom Tiberufer stammte. Vielleicht zog dieser Hauch des Exotischen die Leute an.
    Sie hatten sich angepasst, offenbar sehr schnell und ohne Mühe. Londinium hatte Schutzgelderpressung so einfach hingenommen wie den täglichen Morgennebel und den Regen vier Mal die Woche. So funktionierten die Verbrecherbanden. Die Geldeintreiber tauchten an einem Ort auf und taten so, als seien ihre Methoden ein normaler Teil zivilisierten Lebens. Man roch das Geld, wenn man in ihre Nahe kam. Dreckskerle mit Geld werden immer traurige Menschen anziehen, die sich nach etwas Besserem sehnen. Diese Verbrecher – etwas anderes waren sie nicht – erlangten bald Status. Hatten sie erstmal ein paar widerspenstige Kunden zusammengeschlagen, hing ihnen noch ein weiterer Geruch an: Gefahr. Auch das besaß eine perverse Anziehung.
    Ich sah das alles funktionieren, während sie mich direkt dorthin zurückführten, von wo ich vorher gekommen war, vorbei am »Schwan« zu der anderen Caupona, dem »Ganymed«. Sie waren dem Kellner gut bekannt, der sofort herauskam und ihren Tisch deckte, etwas abseits von den anderen. Es war Mittagszeit, und viele Leute kamen auf einen raschen Happen vorbei, aber die Geldeintreiber konnten sich alle Zeit damit lassen, zu entscheiden, ob sie Oliven in Salzlake oder in aromatischem Öl wollten. Wein kam automatisch, wahrscheinlich in ihren speziellen Bechern.
    Pyro ging hinein, vielleicht um auf die Latrine zu gehen, aber wohl eher, um das Geld von ihrer Morgenrunde zu verstauen. Ich hatte offensichtlich ihre Operationsbasis gefunden. Hier hielten Spleiß und Pyro offen Hof. Ständig kamen und gingen Besucher, wie Vetter bei einem griechischen Barbier. Bei der Ankunft erfolgte formelles Aufstehen und Händeschütteln. Die beiden Geldeintreiber aßen dann weiter, luden selten zum Bleiben ein, wurden auch selten zu einem Becher Wein eingeladen. Es ging hauptsächlich darum, Kontakt aufzunehmen. Sie verhielten sich geschäftsmäßig und waren sogar enthaltsam, aßen nur gefüllte Pfannkuchen mit einem einfachen Salat, keine Nachspeise, und ihr Weinkrug war einer von der kleinen Größe. Die Besucher setzten sich und plauderten für eine angemessene Zeit, dann gingen sie nach einem weiteren Händeschütteln.
    Ich sah keine Anzeichen dafür, dass Spleiß und Pyro Bestechungsgelder oder Bezahlungen gebracht wurden. Die Leute wollten ihnen nur Respekt erweisen. Genau wie in Rom, wo ein großer Mann, der ein öffentliches Amt innehat, jeden Morgen zu einer festgesetzten Stunde in den formellen Räumen seines mit Säulen geschmückten Hauses Klienten, Bittsteller und Freunde empfängt, so erlaubten diese beiden Läuse Katzbucklern, sich täglich an ihrem Tisch zu versammeln. Keiner überreichte Geschenke, obwohl es offensichtlich war, dass hier Gefälligkeiten ausgetauscht wurden. Auf der einen Seite wurde auf eine Weise Ehrerbietung entgegengebracht, bei der mir schlecht wurde, auf der anderen Seite versprachen die Geldeintreiber, den Bittstellern nicht die Knochen zu brechen.
    Passanten, die nicht stehen bleiben und katzbuckeln wollten, benutzten die andere Straßenseite. Es gab nicht viele.
     
    Ich hatte mich vor eine Bude gestellt, in der Schlösser verkauft wurden. Leider stand ich in der prallen Sonne, während ich so tat, als interessierte ich mich für die komplizierte Metallarbeit. Nur ich konnte es fertig bringen, einen Auftrag in einer Provinz zu ergattern, die berühmt war für ihren kalten Nebel, und dann die eine Woche in einem Jahrzehnt erwischen, in der selbst eine Zauneidechse von der Hitze ohnmächtig werden würde. Meine Tunika klebte an meinen Schultern und dem gesamten Rücken. Mein Haar fühlte sich wie ein schwerer Fellteppich an. Durch einen Stiefelriemen, der mir vorher nie Probleme gemacht hatte, war eine dicke Blase an

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