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Mord in Londinium

Titel: Mord in Londinium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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vielleicht versehentlich einen Kohlkopf ab; auf jeden Fall schrie sie jetzt viel lauter.
    Es wurde Zeit, die Zimperlichkeit abzulegen. Die Puffmutter knurrte, zeigte vermoderte Zähne und einen von Wein verfärbten Schlund. Bei bluttriefenden Hunden für die Wildschweinjagd hatte ich schon schönere Schlünde gesehen. Ich sprang die Alte an, schlang ihr den Arm um den Hals und zog ihren Kopf nach hinten, wobei ich sie fühlen ließ, dass ich sie jetzt mit meinem Dolch bedrohte. Sie musste Albia loslassen, worauf das Mädchen nur noch mehr schrie.
    Ein Ellbogen rammte sich mit der Kraft eines Rammbocks in meine Manneszier. Fersen traten schmerzhaft nach mir aus, während der zweite Ellbogen mir durch heftige Stöße in die Taille den Atem nahm. Beide Hände griffen nach hinten und wollten mir die Ohren abreißen. Dann umschlang sie mich mit ihren Beinen und fiel nach vorne, zog mich durch ihr großes Gewicht mit.
    Ich versuchte, mich seitwärts abzurollen. Sie bestimmte den Kampf. Dieses gewaltige Bündel stinkenden Fetts brachte mich völlig aus der Fassung. Meine Beine wurden von ihren baumstammdicken Schenkeln zusammengedrückt. Der Dolch befand sich irgendwo unter uns, was mir wenig nützte. Ich wollte, dass Albia Petro holte, aber in Gesellschaft eines der Bandenmitglieder musste ich immer noch so tun, als seien er und ich Fremde. Wenn das Mädchen wenigstens weggelaufen wäre, hätte ich mich schlaff machen und rauswinden können, aber ich wusste, dass sie noch in der Nähe war. Ich konnte ihre erstickten kleinen Schreie hören.
    Es ging weder vor noch zurück. Atemlos kämpften die Frau und ich weiter. Ich hatte meine Zurückhaltung wegen ihres Altes und ihres Geschlechts überwunden. Es war, als würde man gegen ein stinkendes Ungeheuer kämpfen, das sich aus einem schwarzen See an den Toren zur Unterwelt erhoben hatte. Während wir aufeinander eindroschen, lösten sich ihre Lumpen, sodass die Enden von ihr herabhingen wie lange Äste eines stygischen Unkrauts. Sie bockte und ruckte. Ich wurde herumgeschleudert, klammerte mich aber an sie, grub meine Fingernägel ein. Ich trat ihr mit dem Stiefel in die Wade, fest genug, um Knochen zu brechen, stieß aber nur auf Fleisch, und sie knurrte wütend. Schmierige Haarsträhnen schlugen mir in die Augen. Ich gab ihr eine Kopfnuss. Ich weiß nicht, was ihr das antat, aber mir tat es weh.
    Plötzlich bekam ich den rechten Arm frei. Ich hatte meinen Dolch verloren, packte die Frau aber fester. Ich zog sie an den Schultern hoch, knallte sie dann mit dem Gesicht auf den Boden, ein Mal, zwei Mal und ein drittes Mal. Wir lagen in der Gosse, also schlug ich sie gegen den Rinnstein. Dabei konnte ich mein eigenes angestrengtes Grunzen hören.
    Ohne Vorwarnung veränderte sich die Situation. Andere Menschen waren gekommen. Abrupt wurde ich weggezerrt, erhielt ein Sperrfeuer von Schlägen, um mich ruhig zu stellen. Ich sah, wie die alte Frau rückwärts die Straße entlanggeschleift wurde, an ihren gespreizten Beinen. Jetzt war sie mit Schreien dran, wurde grob behandelt. Nachdem man sie weggeschleift hatte, wurde ich mit dem Kopf voran zu Boden geworfen, obwohl ich meinen Dolch wiedergefunden hatte. Doch der nützte mir nichts: Ein Stiefel trat grob auf mein Handgelenk und nagelte es am Boden fest. Ein weiterer Stiefel landete auf meinem Nacken, mit gerade genug Druck, um mir zu drohen, ihn zu brechen. Ich lag still.
    »Steh auf!« Ich kann weibliche Autorität erkennen. Ich rappelte mich hoch.
    »Was ist passiert?«
    »Halt den Mund!« Das alte Klischee.
    Ich hatte immer noch meinen Dolch; niemand versuchte ihn mir abzunehmen. Auch ich versuchte nicht, das Ding einzusetzen – nicht während zwei Schwerter mich durch die zerrissene Tunika in den Rücken pikten und eine dritte Waffe direkt vor mir glitzerte, nach oben auf mein Herz gerichtet.
    Ich wusste bereits, was mich erwartete, hatte die Stimmen gehört. Ein rascher Blick bestätigte das Schlimmste. Albia war verschwunden. Die alte Frau lag kalt und steif in der Nähe des Bordells. Und mich hatte eine Bande tüchtiger, gut gekleideter, gefährlich bewaffneter junger Mädchen gefangen genommen.
    Als sie mit mir wegmarschierten, sah ich Petronius Longus auf der Badehausveranda stehen. Er beobachtete meinen Abtransport mit einem leicht höhnischen Grinsen.

XXIV
     
     
     
    Das Haus, in das die Gladiatorinnen mich gebracht hatten, wirkte klein, aber ich ahnte, dass es eine ganze Menge Bewohner gab. Sie hatten mich in einem

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