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Mord in Londinium

Titel: Mord in Londinium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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offensichtlichen Krankheit. Man hatte ihm nicht gesagt, dass der Folterknecht ihn sich vorknöpfen würde, doch selbst wenn er das geahnt hatte, glaubte keiner von uns, dass dieser hartgesottene Brutalo vor Angst gestorben war oder Selbstmord begangen hatte.
    Seine Lippen und sein Mund zeigten schwache Ätzspuren: Gift. Die Soldaten gaben zu, dass sie ihn zusammengebrochen vorgefunden hatten, obwohl er zu dem Zeitpunkt noch lebte. Als sie versuchten, ihn wiederzubeleben, verfiel er in Krämpfe. Er konnte nicht sprechen und schien gelähmt zu sein. Aus Angst, bestraft zu werden, weil sie ihn nicht besser bewacht hatten, machten sie sich selbst an ihm zu schaffen – tja, Soldaten glauben immer, sie wüssten es besser als Ärzte. Er starb. Dann hatten sie noch mindestens zwei Stunden darauf verschwendet, auszubaldowern, was zu tun sei.
    Wir befanden uns in einem Privathaus. Der einzige Grund, warum Gefangene in der Residenz festgehalten wurden, bestand darin, dass sie so näher beim Statthalter waren, wenn der seine Magistratsverhöre durchführen wollte. Man hatte sie in fensterlose Räume gesperrt, die sonst als Lager benutzt wurden. Die Soldaten waren auf demselben Flur in einem improvisierten Wachraum untergebracht, aber sie gestanden, dass sie die Tür geschlossen hatten, vermutlich, um unbeobachtet gesetzwidrige Brettspiele zu spielen. Dieser Korridor war informell durch eine Kordel abgesperrt, befand sich aber im Wirtschaftsbereich des Hauses und somit nicht weit von der Küche, die allgemein zugänglich war. Angrenzend an die Küche lag, wie in vielen Häusern, eine Latrine.
    Mitglieder aus dem Privathaushalt des Prokurators benutzten hauptsächlich die anderen Einrichtungen im Bäderkomplex, aber Besucher würden automatisch nach der Küche suchen, da sie wussten, dass sich daran ein Sitzklo anschloss. Das war gestern Abend geschehen. Alle möglichen Leute hatten die Latrine benutzt, einschließlich der Soldaten und eines Boten, der noch am späten Abend Speisen für das Festmahl gebracht hatte. Jeder von ihnen hätte bemerken können, dass der Koch Tabletts mit einfachem Essen für alle Gefangenen vorbereitet hatte und dass zwei Tabletts auf einem Beistelltisch stehen geblieben waren, nachdem die Anweisung erteilt worden war, Pyro und Spleiß auf Befehl des Folterknechts Schlaf und Essen zu entziehen.
    Diese beiden Tabletts hatten stundenlang direkt vor der Küche gestanden. Dann hatte jemand sie entfernt. Der Koch, völlig mit dem Servieren des Banketts beschäftigt, hatte sich nichts dabei gedacht. Die Soldaten erzählten uns, sie hätten die Tabletts im Flur der Gefangenen entdeckt und sie in der Annahme, Amicus hätte seinen Befehl geändert, zu Pyro und Spleiß gebracht. Pyro hatte seines leer gegessen.
    Den Kellnern und dem Barbier, die vorher verköstigt worden waren, ging es gut. Spleiß hatte sich geweigert, etwas zu essen, aus Angst, der Statthalter würde ihn vergiften lassen – wobei natürlich keiner von uns Frontinus die Schuld daran gab, was mit Pyro passiert war. Aber dank seiner Furcht war Spleiß noch am Leben. Seine Essschüssel würde jetzt irgendeinem streunenden Tier vorgesetzt werden. Es würde sterben; ich brauchte das Ergebnis nicht zu sehen.
    Alle in der Küche hatten gestern Abend bis zur Erschöpfung gearbeitet. Gäste waren gekommen und gegangen. Außer mehrmals zu murmeln »Es ist die Tür da, Herr!«, hatte das Küchenpersonal keine Notiz genommen.
    Aelia Camilla schwor auf die Redlichkeit ihres Kochs. Er war ein großer Trinovanter mit dickem Schnauzbart, der mehr wie ein Seemann als ein Feinschmeckerkoch aussah, obwohl ihn jemand gut ausgebildet hatte. Er konnte keine traditionellen Kenntnisse besitzen über mit Kalbsbries und Huhn gefülltes Kaninchen oder sogar simple römische Eiercreme oder geröstete alexandrinische Datteln. Ich vermutete, dass Aelia Camilla es ihm selbst beigebracht hatte, denn sie fuhr ihren Mann an, als sich der große Koch bei Hilaris’ ärgerlichen Fragen in Tränen auflöste.
    Der Statthalter erschien und war natürlich wütend. Frontinus gab den Befehl, Spleiß in die größere Sicherheit des Kastells zu überstellen. Dabei vergaß er allerdings eine wichtige Tatsache: Londinium besaß kein sicheres Kastell. Ich wies ihn darauf hin. Spleiß wurde trotzdem dem Militär übergeben.
     
    Mehr war nicht herauszubekommen. Ich ging zu Petronius. Er musste erfahren, dass Pyro ausgeschaltet worden war, vermutlich von einem Mitglied der Bande. Ich wollte

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