Mord in Mombasa: Thriller (German Edition)
Mombasa immer bewusst gewesen, aber was für Ausmaße sie mittlerweile angenommen hatte, ging ihm erst auf, als er Jacob Omus penible Buchhaltung analysierte. Die Dokumente belegten detailliert, was für regelmäßige oder einmalige Zahlungen von Omu an die Polizei gezahlt worden waren, aber auch an Funktionäre in so gut wie jedem Bereich der städtischen Verwaltung. Bis auf wenige Ausnahmen schmierte Omu jeden, der an der Küste über Einfluss verfügte, jeden, der ihm Informationen lieferte, jeden, der ein Auge zudrücken konnte, wenn es um Michael Kilis verbrecherische Aktivitäten ging. Die Höhe der Bestechungsgelder wurde dabei flexibel der Wichtigkeit der betreffenden Person angepasst.
Die Beträge, die in Nyamis Tasche geflossen waren, erreichten auf dieser Skala kaum eine nennenswerte Höhe. Verglichen mit den massiven Bezügen, die andere von Kilis Imperium kassierten, erhielt der Sergeant nur ein sporadisches Taschengeld. Die Summen, die Nyami eingesteckt hatte, waren so verschwindend gering, dass er fast schon wieder unschuldig dastand. Doch theoretisch war er natürlich genauso schuldig wie die anderen, und er verdiente seine Strafe genauso wie die anderen. Trotzdem musste Jouma immer daran denken, wie Omu in Kilis Büro das Messer gezückt hatte und wie gequält Nyamis Gesichtsausdruck gewesen war, als ihm auf einmal die schrecklichen Konsequenzen seines naiven Doppelspiels vor Augen geführt wurden.
Das hatte Jouma davon überzeugt, dass ihm der Sergeant außerhalb seiner Zelle mehr nützen würde als drinnen. Und länger leben würde er obendrein.
Vor drei Stunden, während Jacob Omus Leiche von seinem Totenbett in Christies weiß gekachelten Obduktionssaal transportiert wurde, hatte der Inspector dafür gesorgt, dass Nyami freigelassen wurde. Offensichtlich war der Sergeant immer noch darauf gefasst, dem Tod entgegenzugehen. Er faselte ununterbrochen zusammenhangloses Zeug, als Jouma ihn im Fußraum vor dem Rücksitz seines Pandas versteckte und zu Winifreds Schwester im Mkomani-Distrikt am Nordufer fuhr. Nicht unbedingt das sicherste Versteck, aber der einzige Ort, der garantierte, dass Nyami nicht sofort gefunden wurde. Während seine Schwägerin Nyamis Wunden versorgte, fuhr Jouma nach Kilindini und holte die Frau des Sergeants in ihrer Einzimmerwohnung in Hafennähe ab. Jemima Nyami war völlig verwirrt und in Tränen aufgelöst und hatte keine Ahnung, was hier eigentlich geschah und warum. Doch das musste sie sich von ihrem misshandelten, blutüberströmten Mann erklären lassen. So oder so hatte Nyami einiges zu erklären.
Nachdem Jouma das Bargeld und das Rechnungsbuch wieder in den Diplomatenkoffer gelegt hatte, klappte er ihn zu. Im Badezimmer machte sich Winifred gerade zum Schlafengehen fertig. Doch Jouma würde heute Nacht sicher nicht schlafen. Dafür hatte er noch zu viel zu lesen. Viel zu erfahren. Und er hatte den Verdacht, dass ihm das alles nicht sonderlich gefallen würde.
50
I n der Nacht liebten sie sich, aber es war seltsam mechanisch, als wäre sie mit ihren Gedanken ganz woanders.
»Tut mir leid«, sagte sie.
Patrick rollte sich zur Seite. »Was ist denn los, Süße? Hab ich irgendwas Falsches gesagt?«
Die Vorhänge blähten sich in der lauen Meeresbrise, und ein Streifen weißes Mondlicht fiel übers Bett.
»Es ist nichts«, wich sie aus. »Ich bin bloß müde.«
Er hielt sie im Arm, bis ihre Atemzüge so gleichmäßig und tief waren wie das leise Donnern der Brandung vor ihren Fenstern. Dann zog er ihr die Decke über die nackten Schultern und stieg vorsichtig aus dem Bett, um sie nicht aufzuwecken. Er zog sich rasch Shorts und T-Shirt an, und nachdem er sich vergewissert hatte, dass sie sich nicht bewegt hatte, öffnete er die Tür und schlüpfte hinaus in die Nacht.
Sowie Patrick weg war, schlug Martha die Augen auf und starrte auf die Schatten, die auf der Wand neben dem Bett tanzten. Was zum Teufel ist bloß mit dir los? , fragte sie sich. Seine bloße Gegenwart machte sie gereizt, und sie schämte sich fast für seine Alphamännchen-Auftritte. Auf dem Boot hatte er sich Jack gegenüber aufgeführt wie ein zwanzigjähriger Student, prahlte mit seinem exzessiven Bierkonsum und ließ in seiner Macho-Sportfischer-Nummer kein Klischee aus. Mein GPS ist größer als deins. Trotzdem wunderte sie sich, denn in New York hatte sie gerade Patricks kindische Seiten am attraktivsten gefunden. Sie waren wie ein Puffer zwischen ihrem wahren Ich und der Welt der toughen
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