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Mord in Tarsis

Mord in Tarsis

Titel: Mord in Tarsis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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gerader Korridor mit einem riesigen, schwarz-rot gestreiften Zelt am anderen Ende entstand. Die Reiter entlang des Korridors blickten nach innen und erhoben ihre Lanzen zum Salut.
    Der Fürst sah zwei Gestalten, die auf diese Entfernung winzig wirkten, aus dem großen Zelt auftauchen. Sie bestiegen prächtig gepanzerte Pferde und ritten unter dem beständigen, lautstarken Jubel der Krieger auf das Tor zu. Als die beiden näher kamen, erkannte der Fürst in einem der Reiter Schattensprecher, den Schamanen. Der andere, der eine hinreißende Robe aus purpurroter, mit Goldfäden bestickter Seide umgeworfen hatte und Kopfschal und Schleier aus demselben kostbaren Stoff trug, konnte nur ein Mann sein. Hinter ihm ritt eine bedrohliche Gestalt in einer vollständigen Schuppenrüstung und mit einer Bronzemaske, hinter der nicht einmal die Augen zu sehen waren. Die Gestalt hielt eine hohe Standarte, auf deren Spitze der Schädel eines gehörnten Tieres steckte. Darunter hing ein Banner, das von weißen Pferdeschweifen flankiert war. Das Banner zeigte das Bild eines Raubvogels, der ein Schwert in seinen Klauen hielt.
    Die beiden Gestalten mit dem Fahnenträger hinter sich zügelten vor dem Tor ihre Rösser. Einige Herzschläge lang herrschte Schweigen.
    »Ich grüße Euch in Frieden, Kyaga Starkbogen«, sagte der Fürst, dessen geschulte Stimme weithin schallte.
    »Ich grüße Euch nicht in Frieden, Fürst von Tarsis!« rief der Nomade in der purpurnen Robe. »Ihr habt meinen Botschafter ermordet! Das ist eine Beleidigung für mich persönlich, für die Nomaden der Staubebenen und für die unsterblichen Götter! Es kann keinen Frieden zwischen uns geben, ehe der Gerechtigkeit Genüge getan ist!«
    Das ging nicht gut los. »Ich bin bereit, Eure Unhöflichkeit zu übersehen. Die Ermordung eines Gesandten ist eine ernste Sache. Aber ich versichere Euch, daß ich keinen Anteil daran hatte und daß ich den oder die Mörder finden werde. Dieses Unglück soll unsere Verhandlungen nicht unterbrechen.«
    »Unglück? Ihr kennt die Bedeutung dieses Wortes noch nicht, Fürst von Tarsis, aber bald werdet Ihr sie kennen! Für diese Beleidigung werde ich Eure Stadt dem Erdboden gleichmachen, alle ihre Bewohner umbringen, den Boden umpflügen und Salz darauf streuen, damit an diesem Ort hundert Jahre lang nichts mehr wächst!« Bei diesen Worten erhob sich ein ungezügeltes, zustimmendes Brüllen von der Nomadenarmee.
    Er meint es nicht so, überlegte der Fürst, sonst hätte er sofort angegriffen. Außerdem wissen diese Nomaden überhaupt nicht, wie man pflügt. Er sucht nach einer Lösung, bei der er das Gesicht wahren kann. Es wird Zeit, ein wenig nachzugeben.
    »Selbst wenn Ihr das alles tätet, wäre eine solche Vergeltung dem tatsächlichen Vorfall nicht angemessen. Was wollt Ihr von mir – von Herrscher zu Herrscher?«
    »Ich will die Mörder! Ich will, daß sie mir in genau fünf Tagen bei Sonnenaufgang ausgeliefert werden, damit ich sie töten kann, wie es unseren Bräuchen entspricht.«
    Das klang schon besser. »Seid versichert, daß man sie finden wird. Ich werde sie Euch persönlich übergeben.«
    »Ich lasse mich nicht betrügen!« bellte Kyaga. »Ihr werdet mir keine Leichen aushändigen und behaupten, das wären die Mörder, aber sie wären bei der Festnahme getötet worden.«
    »Auf keinen Fall. Jeder, der an dem Mord beteiligt war, wird Euch höchstpersönlich lebendig übergeben werden, damit er auch zu schätzen weiß, welcher Art Eure Gerechtigkeit ist.«
    »Also, fünf Tage. Danach rüstet Euch zum Krieg! Bis ich die Mörder in der Hand habe, wird niemand Tarsis verlassen!«
    »Also gut, aber ich wünsche sicheres Geleit für meine Kommissare. Sie sollen durch die Tore gehen und Euer Lager betreten dürfen. Dort sollen sie die Erlaubnis haben, Eure Männer zu befragen, unabhängig von deren Rang.«
    »Warum sollte ich das gestatten?«
    »Weil ich ganz und gar nicht überzeugt bin, daß nicht jemand aus Eurem eigenen Volk Yalmuk Blutpfeil ermordet hat! Eure Nomaden haben sich seit Tagen frei wie unsere Bürger in den Straßen von Tarsis bewegen können. Jeder von ihnen könnte den Botschafter getötet haben.«
    »Das ist absurd!« schrie Kyaga mit Trauer in der Stimme. »Dennoch soll niemand jemals Grund haben zu sagen, daß Kyaga Starkbogen nicht gleichermaßen gerecht und großzügig ist. Eure Kommissare mögen kommen und jedem ihre Fragen stellen, ganz gleich, welchen Rang dieser hat, und sie werden ehrliche Antworten

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