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Mord in Tarsis

Mord in Tarsis

Titel: Mord in Tarsis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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will ich meinen«, sagte Nistur. »Ich war noch nie in einem Gefängnis, das etwas anderes enthielt als unschuldige Gefangene. Das wird jedenfalls immer behauptet. Was hattest du denn für ein unglaubliches Mißgeschick, mein Freund? Hat dir ein wildfremder Beutelschneider diese gestohlene Geldtasche in die Tunika geworfen, um den Beweis loszuwerden?«
    »Ich kannte mal einen Mann«, sagte Eisenholz, »den hat man auf der Straße über einer Leiche hockend gefunden, eine Hand am Dolch, die andere wühlte in den Kleidern des Ermordeten herum. Vor dem Richter schwor er, er hätte den armen, unglücklichen Kerl dort aufgefunden. Als die Wache kam, hätte er gerade versucht, den Dolch herauszuziehen, und dabei nach dem Puls getastet.«
    Das entlockte den Gefangenen in ihrer Zelle und der nebenan ein mattes Lachen, aber ein anderer Zellengenosse sagte: »Nein, er sagt die Wahrheit. Wir haben uns einfach in der Taverne ›Zum Faß ohne Boden‹ um unsere eigenen Dinge gekümmert. Dann machte sie zu. Draußen standen wir noch herum, da schrie auf einmal jemand, auf dem Sockel der Statue vor der Taverne würde ein Körper liegen. Wir haben uns das angesehen, als auch schon die Nachtwache kam und uns dort festhielt. Und dann tauchte der Fürst von Tarsis persönlich auf!«
    »Seitdem haben der Fürst und seine Polizei uns pausenlos bearbeitet«, sagte ein anderer. »Sie wollen wissen, wen wir gesehen und was wir gehört haben. Aber keiner hat etwas Wichtiges gesehen oder gehört. Das macht sie nicht glücklich, und jedesmal, wenn sie uns verhören, schlagen sie etwas härter zu. Nicht mehr lange, dann kommen sie mit der Streckbank und den heißen Eisen.«
    »Was soll das ganze Theater um diesen einen Mord?« fragte Nistur. »War derjenige so wichtig?«
    »Es war einer von den Nomaden«, sagte der erste Sprecher. »Jemand sagte, er wäre ihr Botschafter.«
    »Kein Wunder, daß die Nomaden ihre Trommeln schlagen«, überlegte Eisenholz. »Das ist genau das, wovon sie schlechte Laune bekommen. Wie wurde er getötet?«
    »Kehle durchgeschnitten«, sagte ein Mann in den Kleidern eines reisenden Händlers. »Wir haben Rufe gehört, aber das war alles. Wer achtet schon auf so etwas? Wenn ich das nächste Mal in einer fremden Stadt eine Leiche sehe, verschwinde ich, so schnell ich kann.«
    »Ein kluger Entschluß«, kommentierte Nistur.
    Sie vertrieben sich die Zeit, indem sie sich gegenseitig ihr trauriges Los erzählten, bis die Essenszeit gekommen war und man ihnen dünne Brühe in einem Holzeimer servierte. Inzwischen wußten alle, daß Beschwerden nichts halfen. Irgendwann, vermutlich am späten Abend, merkten sie auf, weil jemand über den Steinboden zu den Zellen gezerrt wurde.
    »Das ist nicht nötig! Behalte deine Hände bei dir!« Die Stimme kam Nistur bekannt vor. »Vergiß es! Du hast schon alles genommen, was ich hatte!«
    Dann stand die Sprecherin vor der Tür ihrer Zelle. Wie Nistur vermutet hatte, war es Muschelring. Die Wache hinter ihr trug die schwarze Tunika und die Kapuze, die zur Uniform der Gefängniswärter des Gerichts gehörten.
    »Das ist die, die ich will«, sagte sie gedämpft, während der Wärter die Handschellen von ihren Handgelenken löste. Nachdem ihre Hände frei waren, drehte sie sich kurz weg, während die Tür aufgeschlossen wurde. Als sie sich zurückdrehte, drückte sie dem Wärter etwas in die Hand. Dann stieß er sie hinein und schloß hinter ihr wieder ab.
    »Na«, sagte sie mit strahlendem Lächeln, »sieh mal einer an, wen ich hier gefunden habe!«
    »Du kannst keine besonders gute Diebin sein«, stellte Eisenholz fest, »wenn du in nur wenigen Tagen zweimal bei deiner Arbeit erwischt wirst.«
    »Ich wurde erwischt, weil ich es so wollte!« betonte sie.
    »Die Frage ist vielleicht etwas offensichtlich«, sagte Nistur, »aber warum ziehst du es eigentlich vor, in diesem Kerker eingesperrt zu sein?«
    »Ich bin natürlich euretwegen gekommen«, sagte sie, während sie sich auf das Stroh setzte.
    »Ich gestehe, ich bin gerührt«, sagte Nistur. »Aber warum?«
    »Es war eigentlich nicht meine Idee«, gab sie zu. »Ich hatte gehört, daß ihr festgenommen wurdet, und habe Stunbog davon erzählt. Er machte sich Sorgen, daß ihr hier unten umkommen könntet, weil ihr nicht wißt, wie es hier so läuft. Er hat gesagt, ich sollte mich um euch kümmern.«
    »Ich bin dankbar, daß der alte Mann meinen – meine Krankheit behandelt hat«, grollte Eisenholz, »aber ich habe ihn nicht gebeten, mich

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