Mord ist aller Laster Anfang: Ein Mitchell & Markby Roman
ich zwei- oder vielleicht dreimal gesehen. Sie kleidet sich wie eine Außerirdische, hüpft herum wie ein ungezogenes Hündchen und rettet Wale. Eve Owens bin ich auch nicht viel öfter begegnet, und ich bin wahrlich kein Fan ihrer Filme. Das letzte Mal, daß ich sie gesehen habe, war bei der Beerdigung des armen alten Bob Freeman. Sie sah in Schwarz einfach umwerfend aus und war von Fotografen umringt. Ich will nicht behaupten, sie habe nicht richtig getrauert, aber als sie eine einzelne rote Rose ins Grab warf, ging ein wahres Blitzlichtgewitter los. Die ganze Sache war einfach grotesk, und bei dieser Hochzeit wird es nicht anders sein. Paparazzi werden sich um die besten Plätze streiten, um die berühmte Brautmutter zu knipsen, und euer Ergebener wird im Zylinder dabeistehen und sich alle Mühe geben, so auszusehen, als wisse er, was er dort soll.« Markby blickte mit gequälter Miene von seinem Steak auf. »Lieber Gott, sie werden mich womöglich noch als ›Eve Owens neuesten ständigen Begleiter‹ titulieren.«
»Du hast aber auch ein Glück!«
»Gibst du mir ein bißchen Zeitungspapier, das ich den Kindern unterlegen kann, Alan?« fragte Paul freundlich. »Sie machen hier eine ziemliche Schweinerei in deinem Patio.«
»Um Himmels willen, das sieht ja tatsächlich so aus, als hätten sie ein Schwein geschlachtet. Der Dingsda hat seinen Hamburger fallen lassen – da bleibt bestimmt ein Fettfleck zurück.«
»Er heißt Matthew! Du solltest wirklich den Namen deines Neffen kennen, Alan.«
Man kam für eine Weile vom Thema ab, während die Kinder regelrecht in Zeitungspapier gewickelt wurden, freilich zu spät, um den Schaden noch zu verhindern.
»Du kannst dich nicht weigern, den Brautführer zu machen, Alan. Es wäre mehr als unhöflich.«
»Ich mag keine Hochzeiten, habe Hochzeiten noch nie gemocht. Mir hat schon meine eigene nicht gefallen, und das war ein böses Omen – wenn es je eins gegeben hat, dann dieses.«
»Du solltest wieder heiraten. Du bist jetzt zweiundvierzig. Du solltest eine Familie haben.«
»Nein, danke«, sagte Markby und betrachtete mürrisch das in seine Steinfliesen einsickernde Fett. »Was die Ehe anbelangt, hat mir einmal gereicht. Matthew, hör auf, die Fuchsienblüten platzen zu lassen, sei so lieb.«
»Sie gehen dadurch auf.«
»Sie gehen von selbst auf, vielen Dank. Kann ich dieses Hochzeitsdingsbums wirklich nicht ablehnen? Warum hat sie nur mich darum gebeten? Sie rief mich an und behauptete, Robert hätte es gern gesehen. Absoluter Quatsch. Er hätte nicht einmal daran gedacht.«
»Wenn er noch lebte, hätte er nicht daran denken müssen. Er wäre selbst der Brautführer seiner Stieftochter gewesen.«
Markby kapitulierte. »Nun gut, ich tu’s. Aber es ist ein Fehler, ich spürs in allen Knochen.«
»Mum, Vicky hat alle roten und lilafarbenen Blumen gepflückt …«
KAPITEL 2 Meredith hatte sich ihre Cousine nie als Landpomeranze vorgestellt. Es paßte einfach nicht zu ihr, sich fern von ihren Freunden und Berufskollegen zu vergraben. Als Meredith vor der alten Pfarrei, Eves derzeitigem Zuhause, vorfuhr und den Motor abstellte, fragte sie sich, ob es wohl die Idee von Robert Freeman, Eves letztem Ehemann, gewesen war, dieses reizvolle, wenn auch schon ein bißchen heruntergekommene gelbe Backsteingebäude inmitten einer ländlichen Kulisse an der Grenze von Oxfordshire und Northamptonshire zu erstehen.
Das Dorf hieß Westerfield, das zumindest verkündete ein teilweise schon in den Boden eingesunkenes, hinter hohem Gras halb verborgenes Schild dem sich nähernden Reisenden. Es lag etwa sechs Meilen von dem Marktstädtchen Bamford entfernt, und um es auf der Generalstabskarte zu finden, mußte man mit zusammengekniffenen Augen schon sehr genau die winzige Druckschrift studieren, ehe man den Namen entdeckte. Dicht daneben stand ein Symbol und die lakonische Anmerkung »Ausgrabungen«. Was es mit diesen Ausgrabungen auf sich hatte, wußte nur der liebe Gott; nirgends gab es, soweit sie bis jetzt gesehen hatte, handfeste Hinweise darauf, wo diese historischen Raritäten zu finden waren. Vermutlich handelte es sich lediglich um einige Buckel im Feld irgendeines Bauern, die auf Befestigungen aus der Bronzezeit schließen ließen. In Westerfield war der Boden schon lange von menschlicher Hand bearbeitet worden.
Der Urmensch hatte vermutlich seinen Schamanen oder Druidenpriester gehabt, aber im 18. Jahrhundert hatte in Westerfield ein christlicher Pastor über die Seelen gewacht,
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