Mord ist schlecht fürs Geschäft
für andere, weniger grausige Dinge.
Den Rest der Leiche hatte er in eine Plastikplane gewickelt, die knisterte, als er den Mann hochhob. Leicht war er nicht, aber auch nicht besonders schwer. Vorsichtig, um nicht auszurutschen, trug er Mervyn Herbert die letzte Treppe hinunter. Der Fluss hatte eine starke Strömung, denn es hatte heute ausgiebig geregnet. Am gegenüberliegenden Ufer konnte er die Straßenlaternen ausmachen, die sich wie Lichterketten durch die Nacht schlängelten. Bernsteingelb spiegelten sich die Lichtpunkte im rauschenden Fluss.
Am diesseitigen Ufer gab es keine Lichter – nur die schwarzen, eckigen Schatten der Säulenreihe über ihm. Die Nacht gehörte ihm, war so schwarz wie seine Gedanken.
Vorsichtig hielt er noch immer die Plastikplane fest, die einmal eine Matratze eingehüllt hatte, und ließ den Leichnam ins Wasser gleiten. Der schaukelte noch ein wenig auf den Wellen, blieb am Ufer hängen, als wolle er ihn nur ungern verlassen.
Leise verfluchte er die starke Strömung und suchte mit der Taschenlampe hinter sich nach irgendeinem Gegenstand, mit dem er die Leiche vom Flussufer weiter in die Mitte des Stroms stoßen könnte. Etwas, das einmal eine Tür gewesen war, lehnte, faulend und von Spinnweben bedeckt, hinter ihm an der Wand. Genau wie beim letzten Mal riss er ein Stück von einem morschen Brett ab, auf dessen rauer Oberfläche noch hier und da grüne Farbe haftete.
Mit den Fingern der einen Hand klammerte er sich am bröckelnden Stein der Türeinfassung fest. Mit der anderen hatte er die Planke gepackt. Er streckte den Arm weit auf den Fluss hinaus und stieß mit dem Holz nach dem Leichnam, bis der endlich von der Strömung fortgetragen wurde. Dann warf er sorglos, ohne jegliches weitere Interesse an dem Treibgut, das er gerade dem Fluss anvertraut hatte, das Stück Holz hinterher.
|103| Ohne die geringste Angst und Sorge schaute er zu, wie alles in der schwarzen Nacht und im Wasser versank. Was ging ihn das noch an? Was scherte ihn die Welt, mit einer einzigen Ausnahme, nämlich der Person, die er mehr liebte als sich selbst?
Das drängende Gurgeln der Strömung und ein leises, dumpfes Geräusch ließen ihn noch einmal aufblicken. Die Leiche war zurückgekommen, wurde vom Wasser des Flusses fest gegen die Ufermauer gepresst.
Es blieb ihm nichts anderes übrig, als sie wieder auf die glitschigen Steine hochzuhieven. Er musste sie loswerden, aber wo?
Er setzte sich hin, sinnierte über Schuld und Sühne und darüber, wie er die Polizei auf eine falsche Fährte locken könnte. Beschuldigungen und Schuldgefühle. Damit kannte er sich aus. Mit Schuld und Sühne, damit, wie man denen, die man liebte, die Schrecken vergalt.
Da kam ihm eine Idee. In Mordfällen waren doch zunächst einmal die guten Bekannten die ersten Verdächtigen. Wenn man also die Leiche am richtigen Ort auffand?
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|104| Kapitel 13
Ein Uhr dreißig. Smudger, der Chefkoch, beschwerte sich schon wieder über den Metzger.
»Ich schwöre Ihnen, das Zeug ist absoluter Mist. Vertrauen Sie mir. Lassen Sie mich ihm sagen, dass ich ihm seine dämliche Leber rausschneide, wenn er nicht bald bessere Qualität liefert!«
Honey verdrehte die Augen. Wie sollte eine Frau mit so etwas fertig werden?
Ihre Mutter plapperte ununterbrochen von irgendeinem sehr aufrichtigen und wahrscheinlich völlig verklemmten Typen, den sie unbedingt kennenlernen müsse. »Du musst dich mit ihm treffen, Hannah, meine Liebe. Ich bin sicher, ihr kommt prächtig miteinander aus.«
»Mutter, ich kann mir meine Rendezvous selbst arrangieren.«
Ihre Mutter zuckte die Achseln. »Sieht mir aber nicht danach aus.« Sie grub ihre lackierten Krallen in Honeys Schultern, drehte sie zu sich und schaute ihr ins Gesicht.
»Sag mir die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Hast du einen Freund?«
»Ja.«
»Ja?« Ihre Mutter schaute ungläubig. Sie klatschte in die Hände und sah auf einmal außerordentlich fröhlich aus. »Wirklich? Wer ist es?«
»Ein Typ halt.«
»Wie heißt er?«
»Jeremy.«
Ihre Mutter runzelte die Stirn. »Den kenne ich nicht, oder?«
»Stimmt. Du kennst ihn nicht.«
|105| Erst einmal den Chefkoch abhaken.
»Smudger? Sie werden den Mann nicht bedrohen. Wenn er kein anständiges Fleisch liefert, bekommt er einfach seine Knete nicht. Kapiert?«
Der Koch grinste frech. Unter seiner hohen weißen Kochmütze quollen sandfarbene Locken hervor. »Toll! Ich kann es gar nicht abwarten, sein Gesicht
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